Gefahrguttransport und Ladungssicherung – Bußgeld für Geschäftsführers eines Transportunternehmens?
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§ 19 GGVSEB (Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern) regelt u. a. die Pflichten des Beförderers von Gefahrgut im Straßenverkehr.
Beförderer ist, wer ein Transportfahrzeug für die Ortsveränderung von Gefahrgut verwendet. In der Regel steht der Geschäftsführer in der Verantwortung, auch wenn in bestimmten Maßen die Delegation bestimmter Pflichtenkreise innerhalb eines (Transport-)Unternehmens möglich ist.
Die Pflichten des Beförderers treffen also oft den Geschäftsführer als vertretungsberechtigte Person des Unternehmens, was sich im Wesentlichen aus § 9 Abs. 1 OWiG ergibt. § 19 Abs. 2 Nr. 15 GGVSEB konstatiert, dass der Beförderer im Straßenverkehr dem Fahrzeugführer die erforderliche Ausrüstung zur Durchführung der Ladungssicherung zu übergeben hat. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung bedeutet, dass der Geschäftsführer sich ordnungswidrig gemäß § 37 GGVSEB verhält und sich somit der Gefahr eines Bußgeldes aussetzt, das im Extremfall bis zu 50.000 € betragen kann.
Was aber genau bedeutet diese Verpflichtung des Geschäftsführers? Rechtsprechung zu dem noch recht neuen § 19 Abs. 2 Nr. 15 GGVSEB wurde bisher - soweit ersichtlich - noch nicht veröffentlicht. Kürzlich hatte jedoch das Amtsgericht Essen in einem von uns betreuten Bußgeldverfahren über die Reichweite der Befördererpflichten zu entscheiden.
Bei der Kontrolle eines LKW des betroffenen Unternehmens war festgestellt worden, dass das Gefahrgut für den Transport überhaupt nicht gesichert worden war. Der Fahrer hatte den Auflieger ungeprüft übernommen und sich fälschlich auf die Zuverlässigkeit des Verladers verlassen. Deshalb wurde der Fahrer auch rechtmäßig zu einem Bußgeld verurteilt.
Dann traf es aber auch noch den Geschäftsführer des Transportunternehmens. Diesem wurde vorgeworfen, dem Fahrer nicht die erforderliche Ausrüstung zur Durchführung der Ladungssicherung übergeben zu haben. Begründet wurde dies damit, dass sich auf dem LKW keinerlei zusätzliche Sicherungsmittel mehr befanden, um eine ordnungsgemäße Ladungssicherung durchzuführen. Darüber hinaus hätte der Geschäftsführer den Transport, so wie er stattgefunden hat, überhaupt nicht veranlassen dürfen.
Liegt hier ein Verstoß gegen die Pflichten des Beförderers vor? Anhand des Gesetzeswortlautes mag man auf den ersten Blick versucht sein, dies anzunehmen.
§ 19 Abs. 2 Nr. 15 GGVSEB geht jedoch auf den ursprünglichen § 9 Abs. 12 Nr. 7 GGVSE zurück, der 2009 durch die neue Norm abgelöst wurde. Dieser lautete noch dahingehend, dass der Fahrzeugführer über die erforderliche Ausrüstung zur Durchführung der Ladungssicherung nach Unterabschnitt 7.5.7.1 ADR verfügen musste.
Zu § 9 Abs. 12 Nr. 7 GGVSE existieren mehrere neuere Entscheidungen auch der Obergerichte, die nach unserer Auffassung zur Auslegung des § 19 Abs. 2 Nr. 15 GGVSEB heranzuziehen und vollumfänglich auf diesen anzuwenden waren. Zitat aus einem Beschluss des OLG Hamm, 01.04.2008, 3 Ss OWi 128/08 (m.w.N.):
„Für die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zur Durchführung der Ladungssicherung reicht es aus, dass dem Fahrzeugführer die hierfür benötigten Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung stehen und er von diesen ohne Schwierigkeiten - in eigener Verantwortung - Gebrauch machen kann (vgl. OLG Hamm a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Zweibrücken NZV 1989, 203). Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn sich die im Einzelfall benötigten Sicherungsmittel bei Fahrtantritt griffbereit im Fahrzeug befinden. Vielmehr stehen die zur Ladungssicherung erforderlichen Ausrüstungsgegenstände dem Fahrzeugführer auch dann zur eigenverantwortlichen Benutzung zur Verfügung, wenn der Halter bzw. der Beförderer solche Sicherungsmittel in ausreichender Anzahl an einem Standort, von dem aus der Fahrzeugführer seine Fahrt antritt, lagermäßig vorrätig hält und sich der Fahrzeugführer ihrer ohne Schwierigkeiten bedienen kann (vgl. OLG Hamm a.a.O.)."
Das AG Essen schloss sich in seinem rechtskräftigen Urteil vom 07.07.2011, Az. 41 OWi 142/11, unserer Rechtsauffassung an und sprach den Geschäftsführer des Transportunternehmens von dem Ordnungswidrigkeitenvorwurf frei.
Denn der betroffene Geschäftsbetrieb war so organisiert, dass die Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung ohne weiteres erfüllt waren, so dass es der Geschäftsleitung nicht anzulasten war, dass der Fahrer sich nicht der vorhandenen Sicherungsmittel bediente.
Darüber hinaus war der Unternehmensführung auch kein Vorwurf zu machen, dass der Fahrzeugführer pflichtwidrig in diesem Fall die Ladung nicht kontrolliert hatte, denn die Pflicht zur Kontrolle aller einzelnen Transporte trifft eben gerade nicht die Geschäftsführung - was im Übrigen auch rein praktisch gar nicht möglich wäre.
Und der Geschäftsführer hat den fraglichen Transport auch nicht pflichtwidrig veranlasst. Denn er hat zwar den Fahrer mit dem Transport an sich beauftragt, hatte jedoch naturgemäß keine Kenntnis vom konkreten Zustand der Ladung. Der Auftrag bestand in der Durchführung eines Transportes, und nicht in der Durchführung eines ordnungswidrigen Transportes. Auch dieser Vorwurf war daher nicht aufrecht zu erhalten.
Der Fall zeigt aber trotzdem, welche rechtlichen Fallstricke für die Verantwortlichen in den Unternehmen lauern. Es ist daher notwendig, dass die Geschäftsleitungen der entsprechenden Betriebe ihre Rechte und Pflichten kennen sowie durch organisatorische Maßnahmen, Fortbildungen und Inanspruchnahme von fachlicher Beratung gewährleisten können, dass jeder im Unternehmen seine Arbeit verrichten kann, ohne sich gesetzeswidrig zu verhalten.
Denn Straf- und Bußgelder sind das eine - es darf jedoch nicht vergessen werden, dass Verstöße gegen die Ladungssicherung - vor allem im Gefahrgutbereich - erhebliche Sachwerte bedrohen und Menschenleben in besonderem Maße gefährden.
Dieser Rechtstipp stellt einen Überblick über den Teilaspekt einer komplexen Problematik dar und kann eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.
Rechtsanwalt Christoph Birk
Anwaltskanzlei Birk, Bremen, Bremen - Nord
Mit freundlicher Unterstützung von Rechtsanwältin Rebecca Schneider, Rechtsanwaltskanzlei Schneider, Kanzlei für Transport- und Speditionsrecht.
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