Gekündigt wegen falscher Lagerung von historischen Schriften?

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Jeder Beruf erfordert unterschiedliche Vorsichtsmaßnahmen. Bei der Produktion von Lebensmitteln muss etwa besonders auf die hygienische Herstellung und die ordnungsgemäße Lagerung geachtet werden. Arbeitet man im Labor mit Chemikalien oder Viren, so bedarf es dem genauen Abwiegen und Abmessen, sowie einer vollständigen Reinigung der verwendeten Materialien. In unserem heutigen Fall kam es hingegen auf die sachgemäße Lagerung von historischen Schriften an.

Unklar war hierbei, ob eine unsachgemäße Lagerung von alten Einzelexponaten zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann. Die Antwort finden wir in der Pressemitteilung Nr. 22/2024 vom 13. Dezember 2024 des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf. Diese beruht auf das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.5.2024 - 1 Ca 5913/23.


Sachverhalt zu den historischen Schriften

Dieser besondere Fall fand im Heinrich-Heine-Institut der Stadt Düsseldorf statt. Der Kläger war dort seit dem 1.10.2008 als Archivar angestellt. Tatsächlich verfügte er nicht über eine Ausbildung zum Archivar, sondern war stattdessen Geisteswissenschaftler. Bei der Beklagten hat es sich um die Stadt Düsseldorf selbst gehandelt. In diesem Archiv haben sich unter anderem die Sammlung zu Heinrich Heine und Robert Schumann, sowie besondere Bestände zur Düsseldorfer und rheinischen Literatur- und Kulturgeschichte befunden. Der Kläger des Falles war für die "Handschriftenabteilung I" zuständig.

Während der urlaubsbedingten Abwesenheit des Klägers suchte ein Archivar aus der "Handschriftenabteilung II" und die Institutsleitung nach zwei Exponaten. Bei diesen handelte es sich um eine Handschrift mit Druck des “Rheinweinliedes” und einer Elfenbeinminiatur mit einem Bildnis von Robert Schumann. Diese Exponate wurden nicht an ihrem ursprünglichen Lagerort gefunden. Bei der Suche haben sie in einem Aufzugsvorraum zwei nicht abgeschlossene Stahlschränke gefunden. In diesen Stahlschränken befanden sich eine Vielzahl von Originaldokumenten unter anderem von Heinrich Heine, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann. Dieser Aufzugsvorraum war weder mit einer speziellen Klimatisierung noch einer separaten Alarmsicherung ausgestattet.


Kündigung durch Arbeitgeber

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum 1.12.2023 fristlos. Der Vorwurf lautete unsachgemäße Lagerung von insgesamt 1.867 Originaldokumenten. An diesen sind aufgrund der falsche Lagerung erheblichen Schaden entstanden.


Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Mit dieser fristlosen Kündigung der Arbeitgeberin war der Kläger nicht einverstanden. In Zuge dessen erhob er eine Kündigungsschutzklage. Der Kläger behauptete, dass die Stahlschränke im Erdgeschoss bereits seit jeher als “Zwischenarchiv” genutzt worden sind. Hinzu käme ebenso, dass es keine Belege für die behaupteten Beschädigungen der Dokumente gebe und diese keinesfalls auf die Lagerung in den Stahlschränken zurückzuführen seien.


Urteil des Gerichts

Tatsächlich hat das Arbeitsgericht Düsseldorf der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Beide Parteien haben sich vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf auf einen Vergleich geeinigt. Die fristlose Kündigung wurde in eine ordentliche Kündigung umgewandelt und von dem Kläger akzeptiert.

Das Arbeitsgericht war noch davon ausgegangen, dass zumindest die kurzzeitige Lagerung des Archivguts in den Stahlschränken nicht ausdrücklich verboten und zudem nicht bekannt war. Es lege durch die gegebenenfalls zu langer Lagerung eine Schlechtleistung vor. Diese würde jedoch noch keine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Nach der Ansicht des Arbeitsgerichts hätte eine Abmahnung im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers ausgereicht. Hinzukomme auch gerade, dass es bei dem Mitarbeiter nicht um einen ausgebildeten Archivar, sondern lediglich um einen Geisteswissenschaftler handelte. Tariflich ist aufgrund der langen Beschäftigungsdauer des Klägers eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen.


Fazit des Falls

Sie sehen: Bei juristischen Fällen kommt es immer auf den Einzelfall an. Das Gericht muss genaustens alle Umstände analysieren und sich objektiv ein Bild von dem Geschehen machen. Nicht jeder Verstoß von Vorsichts- oder Schutzmaßnahmen muss zu einer fristlosen Kündigung führen.

Dennoch raten wir allemal zu Sorgfalt – denn Vorsicht ist besser als Nachsicht!

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