Gesetzesänderungen im Mai 2022: Online-Verbraucherschutz, moderneres Patentrecht und mehr
- 7 Minuten Lesezeit
Mehr Verbraucherschutz im Handel
Ab dem 28. Mai 2022 gelten in verschiedener Hinsicht neue Regeln im Onlinebereich. Diese treffen insbesondere Online-Händler und Betreiber von Online-Marktplätzen. Letztere werden künftig gesetzlich definiert. Zu Waren kommen nun digitale Produkte hinzu. Begleitend zu den bereits bestehenden Informationspflichten sind neue zu erfüllen. Die Änderungen dienen insbesondere zur Umsetzung der sogenannten Omnibus-Richtlinie der EU, die den Verbraucherschutz im Online-Handel stärken soll. Von gleichzeitig geltenden Änderungen der Preisangabenverordnung ist auch der stationäre Handel betroffen.
Online-Marktplatz erhält Definition
Nach der neuen, im Bürgerlichen Gesetzbuch zu findenden Definition zeichnet einen Online-Marktplatz Folgendes aus: Es ist ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die vom Unternehmer oder im Namen des Unternehmers betrieben wird, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen.
Dabei kann es sich insbesondere um eine Webseite, den Teil einer Webseite oder eine Anwendung handeln. Als Betreiber gilt dabei, wer einen solchen Online-Marktplatz Verbrauchern zur Verfügung stellt. Mögliche Angebote auf dem Online-Marktplatz sind Waren, Dienstleistungen wie auch digitale Inhalte.
Neu hinzukommende Informationspflichten
Betreiber eines Online-Marktplatzes müssen Verbrauchern künftig vor einem Vertragsschluss eine Reihe von Informationen geben. Diese bestimmt Art. 246d Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB).
Zu den Informationspflichten zählen insbesondere die wichtigsten Parameter und deren Gewichtung zu anderen Parametern, die das Ranking eines Angebots bestimmen. Wird ein Preisvergleich präsentiert, muss der Betreiber über die darin einbezogenen Anbieter informieren. Diese Informationen sind in einem unmittelbar und leicht zugänglichen Bereich der Webseite zu zeigen.
Allgemein zu informieren ist insbesondere auch darüber,
- ob es sich bei Anbietern um Unternehmer handelt und falls nicht, dass die besonderen Vorschriften für Verbraucherverträge auf den Vertrag nicht anzuwenden sind
- ob ein anbietender Unternehmer mit dem Unternehmen des Betreibers verbunden ist
- wie sehr sich ein Unternehmer des Betreibers zur Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Verträgen mit Verbrauchern bedient.
Kein Fax-Widerruf mehr von Fernabsatzverträgen
Nicht alle, aber viele Fernabsatzverträge sind innerhalb einer bestimmten Frist einfach widerrufbar. Für Verbraucher entfällt jedoch künftig die Möglichkeit, den Widerruf per Fax mitzuteilen. Unternehmer müssen entsprechend auch keine Faxnummer mehr angeben, dafür aber eine Telefonnummer. Infolgedessen ändern sich auch das im EGBGB zu findende Muster-Widerrufsformular und die Widerrufsbelehrung.
Widerrufsrecht für Dienstleistungen und digitale Inhalte
Für das Erlöschen des Widerrufsrecht für Verträge über Dienstleistungen und über digitale Inhalte gelten ebenfalls neue Regeln. Unterschieden wird hinsichtlich des Widerrufs dabei danach, ob die Inhalte mit Geld oder mit Daten bezahlt wurden.
Wurde der Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichtet, erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Bei Zahlung eines Preises erlischt es, wenn der Verbraucher vor deren Beginn ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Dies muss zudem auf einem dauerhaften Datenträger festgehalten sein und der Verbraucher muss seine Kenntnis bestätigt haben.
Als digitale Inhalte gelten insbesondere Downloads und auf Daten basierende Dienstleistungen wie etwa Cloud-Dienste. Hier gilt entsprechend bei einem nicht zu zahlenden Preis, dass das Widerrufsrecht mit Vertragserfüllung erlischt. Ansonsten ist bei einem kostenpflichtigen Vertrag eine ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers erforderlich.
Erheblich gewachsener Bußgeldrahmen
Der Bußgeldrahmen wird ausgeweitet. Dadurch kann das zuständige Bundesamt für Justiz künftig bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes oder bis zu 2 Millionen Euro verhängen. Für Unternehmen mit einem Jahresumsatz in der EU von maximal 1,25 Millionen Euro liegt die Bußgeldobergrenze bei 50.000 Euro.
Bessere Information über Bewertungskontrolle
Neue Regelungen finden sich zudem im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Eine davon betrifft Bewertungen. Diese spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei Kaufentscheidungen. Damit Verbraucher besser vor falschen Bewertungen geschützt werden, müssen Unternehmen künftig über ihre Sicherungsmaßnahmen informieren, mit Blick darauf, dass Bewertungen auch von Verbrauchern stammen, die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.
Einschränkung von Influencer-Marketing
Neu sind auch Regeln, die besonders Influencer betreffen. Umfassend führen finanziell geartete Vorteile durch ein Unternehmen für eine Produktwerbung, wozu bereits dessen Erwähnung genügt, zu einer Kennzeichnungspflicht. Influencer-Marketing wird damit künftig ebenfalls klar vom UWG erfasst.
Neuer wettbewerbsrechtlicher Schadensersatzanspruch für Verbraucher
Erstmals sieht das UWG einen Schadensersatzanspruch für Verbraucher bei Wettbewerbsverstößen vor. Damit erweitert sich das Risiko, diesbezüglich belangt zu werden, erheblich. Das soll vor vorsätzlich wie fahrlässig getroffenen Maßnahmen abschrecken, die Verbraucher unerlaubt zu geschäftlichen Handlungen veranlassen. Verbraucher, die Schadenersatz verlangen, müssen das entsprechend darlegen und beweisen. Das gilt zudem für den ihnen dadurch entstandenen Schaden.
Das sind nur einige der Änderungen im Wettbewerbsrecht. Weitere betreffen die sogenannten Schwarzen Klauseln, mit denen stets unzulässige geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern gemeint sind. Neu hinzugekommen sind unter anderem das Verbot irreführender Behauptungen über Verbraucherbewertungen sowie das Verbot der verdeckten Werbung in Suchergebnissen.
Klarere Preisangaben
Ebenfalls ab dem 28. Mai 2022 gilt eine neue Preisangabenverordnung, die den stationären Handel und den Online-Handel betrifft. Neben dem Gesamtpreis muss für bestimmte Waren auch der Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben sein. Betroffen sind Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder in Verkaufseinheiten ohne Umhüllung, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten werden.
Zulässige Mengeneinheiten für den Grundpreis sind je nach Wareneigenschaft nur noch jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware. Andere Bezugsgrößen, wie etwa 100 Gramm oder 100 Milliliter, sind dann unzulässig. Abweichungen von diesen Einheiten sind sonst nur bei in großer Zahl abgegebenen Waren ab 100 Liter, 50 Kilogramm oder 100 Meter erlaubt. Auf die Grundpreisangabe verzichtet werden darf zudem, wenn die Menge der Ware exakt den vorgegebenen Größen entspricht. Das ist z. B. bei einem Inhalt von genau 1 Liter der Fall.
Die neuen Regeln betreffen auch Rabattaktionen. Bei Preisermäßigungen müssen Anbieter künftig den niedrigsten Gesamtpreis angeben, den das Angebot in den vergangenen 30 Tagen hatte. Und sie müssen darüber informieren, wenn die Preisbildung durch eine automatisierte Entscheidungsfindung erfolgt. Davon ausgenommen sind digitale Produkte, also digitale Inhalte und Dienstleistungen. Wer gegen die neuen Regelungen verstößt muss, insbesondere mit wettbewerbsrechtlichen Folgen rechnen.
Videokonferenzen und längere Fristen im Patentrecht
Im Patentrecht bringt der Mai einige Erleichterungen. Zum einen werden Verhandlungen, Anhörungen und Vernehmungen in Schutzrechtsverfahren per Videokonferenz beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) möglich. Die Entscheidung darüber trifft das DPMA.
Bei einem gesetzlichen Feiertag an mindestens einer Dienststelle des DPMA verlängert sich eine Frist entsprechend auf den nächsten Werktag, wenn das Fristende auf einen entsprechenden Feiertag im dortigen Bundesland fällt. Das DPMA verfügt aktuell über Dienststellen in München, Berlin und Jena und damit in den Bundesländern Bayern, Berlin und Thüringen.
Eine weitere Änderung betrifft ebenfalls Fristen beim DPMA. Bei internationalen Anmeldungen verlängert sich die dortige Frist für die Einleitung der nationalen Phase von 30 auf 31 Monate. Diese sogenannten PCT-Anmeldungen beinhaltet eine internationale Anmeldung und mehrere nationale Anmeldungen, die im Erfolgsfall zu nationalen Schutzrechten führen. Dem zugrundeliegende Patent Cooperation Treaty (PCT) haben sich 155 Vertragsstaaten angeschlossen.
Gasspeichergesetz verlangt Mindestfüllstände
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und niedrige Speicherstände im vergangenen Winter führen in Deutschland insbesondere zu Fragen der ausreichenden Versorgung mit fossilen Energieträgern. Neben Öl und Kohle steht dabei Gas im Mittelpunkt. Zur Absicherung der Gasversorgung gilt ab Mai das Gasspeichergesetz. Es schreibt vor, dass die Gasspeicher ab Oktober zu 80 Prozent und ab November zu 90 Prozent gefüllt sein müssen. Im darauffolgenden Februar muss der gesamte Füllstand noch mindestens 40 Prozent betragen. Wenn die für die Speicher verantwortlichen Unternehmen dem nicht folgen, kann der Staat die Tochtergesellschaft aller Gaspipeline-Betreiber in Deutschland damit beauftragen.
Neben der Versorgung soll dies Preisausschläge vorkehren. Das Speichervolumen der in Deutschland befindlichen Gasspeicher reicht aus, um Deutschland für zwei bis drei normale Wintermonate zu versorgen.
Covid-Arbeitsschutzverordnung endet
Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung tritt am 25. Mai 2022 außer Kraft. Mit einer weiteren Verlängerung ist nicht zu rechnen aufgrund der bereits weitgehenden Lockerungen von Infektionsschutzmaßnahmen in anderen Bereichen.
Baden-Württemberg: Photovoltaik-Anlage wird Pflicht bei neuen Wohngebäuden
Beim Neubau von Wohngebäuden in Baden-Württemberg ist ab Mai 2022 eine Photovoltaik-Anlage Pflicht. Für Nichtwohngebäude und beim Neubau von Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen gilt das bereits seit Anfang 2022. Entscheidend ist, wann der Antrag auf eine Baugenehmigung bei der zuständigen Baubehörde eingeht. Ab 2023 gilt die Photovoltaik-Pflicht auch im Falle einer grundlegenden Dachsanierung. Hier kommt es für die Photovoltaik-Anlagen-Pflicht in zeitlicher Hinsicht auf den Beginn der Bauarbeiten an.
Geregelt ist die Photovoltaik-Pflicht in den §§ 8a bis 8c des Klimaschutzgesetzes zusammen mit der Photovoltaik-Pflicht-Verordnung des Bundeslandes. Letztere regelt insbesondere Mindestanforderungen für zur Solarnutzung geeignete Dachflächen und Stellplatzflächen. Baden-Württemberg will bis 2040 klimaneutral werden und sieht in dieser Maßnahme ein erhebliches Potenzial, um von fossilen Energieträgern unabhängig zu werden.
(GUE)
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