GmbH-Geschäftsführer können rentenversicherungspflichtig sein

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Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 24.11.2005 (B 12 RA 1 / 4 R) entschieden, dass Geschäftsführer einer GmbH nach § 2 Abs. I Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig sein können.

Nach dieser Vorschrift sind Personen rentenversicherungspflichtig, die

  1. im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig 400,00 € im Monat übersteigt und
  2. auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Arbeitgeber tätig sind.

Bisher wurde in diesem Zusammenhang die Ansicht vertreten, dass § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI auf das Verhältnis der GmbH zu Mitarbeitern und Auftraggebern abzustellen sei. Das Bundessozialgericht lehnt diese rechtliche Konstruktion mit dem Urteil ausdrücklich ab. Es vertritt die Auffassung, dass auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschaftergeschäftsführer und GmbH bzw. auf den Dienstvertrag abzustellen sei.

Entscheidend ist daher, ob der Geschäftsführer selber auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist oder im Zusammenhang mit einer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, dessen Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig 400,00 € im Monat übersteigt. Ein Geschäftsführer ist im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig, wenn nicht mindestens 1/5 seiner Aufträge von anderen Auftraggebern erhält.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI waren in dem vor dem BSG verhandelten Fall gegeben. Daher traf das Bundessozialgericht die Entscheidung, dass der betroffene Geschäftsführer rentenversicherungspflichtig sei.

Die sich aus dem Urteil ergebenden Folgen sollten für die meisten Geschäftsführer einer GmbH von großem Interesse sein.

Die meisten GmbH-Geschäftsführer beschäftigen keinen Arbeitnehmer mit einem Entgelt von mehr als 400,00 € und sind meist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber, nämlich die GmbH, tätig. Daher sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI regelmäßig erfüllt.

Zudem bedarf es nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts keiner weiteren einzelfallbezogenen Prüfung der Schutzbedürftigkeit des jeweils betroffenen Geschäftsführers, da dieser Aspekt in den tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm abschließend seinen konkretisierenden Ausdruck gefunden habe.

Resultat dieser Rechtsprechung ist, dass alle Selbstständigen, die keine Arbeitnehmer mit einem Arbeitsentgelt von mehr als 400,00 € beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, rentenversicherungspflichtig sind.

Zu den Betroffenen zählen nicht nur GmbH-Geschäftsführer, sondern auch Handelsvertreter, Versicherungsvertreter, Direktverkäufer und selbstständige Spediteure, die im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber Aufträge ausführen.

Die Folgen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV kann die Rentenversicherung den Rentenversicherungsbeitrag für die letzten vier Jahre in Höhe von 19,5 % des Bruttoeinkommens nachverlangen.

Sofern die Beiträge vorsätzlich vorenthalten wurden, kann der Rentenversicherungsträger sogar die Beiträge der letzten dreißig Jahre verlangen, wobei in den hier vorliegenden Fällen jedoch nicht von einer vorsätzlichen Vorenthaltung auszugehen ist.

Die Rückforderungen können dabei zu erheblichen Summen führen, so dass die Möglichkeit besteht, dass die Betroffenen in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Hierbei kommt den Betroffenen eine Regelung des Sozialgesetzbuches sechstes Buch zu gute.

Gem. § 7 b SGB IV tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte

  1. zustimmt,
  2. für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht, und
  3. er oder sein Arbeitgeber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen ist.

Dies bedeutet, dass eine Beitragsrückzahlung für die vergangenen vier Jahre ausscheidet, wenn der Betroffene für die Zeit zwischen Aufnahme der Entscheidung der Rentenversicherung eine private Altersvorsorge betroffen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.

Hierbei ist ausreichend, wenn er für die Zeit zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Bekanntgabe der Entscheidung Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund eines weiteren Beschäftigungsverhältnisses oder einer versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit, freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse, Beiträge auf Grund einer Mitgliedschaft in einer berufständischen Versorgungseinrichtung, Prämien für eine private Altersvorsorge (Kapital Lebens- oder Rentenversicherung) gezahlt oder Zeiten erworben hat, die der Erfüllung von Versorgungsanwartschaften aus einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis (z.B. Beamtenverhältnis) dienen.

Wer diese Voraussetzungen bisher noch nicht erfüllt hat, sollte unseres Erachtens schnellst möglich eine private Altersvorsorge rückwirkend abschließen. Hierbei ist zwar zu beachten, dass der Betroffene trotz allem hohe Zahlungen zu leisten hat, jedoch fährt er in den meisten Fällen mit einer privaten Absicherung besser als mit Nachzahlung der Rentenbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung.

Eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit entweder durch eine freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse oder die Mitgliedschaft in einer privaten Krankenkasse sollte selbstverständlich sein.

§ 7 b SGB IV kann insoweit nur für die Vergangenheit helfen. Trotzdem wird der Betroffene mit Bekanntgabe der Beitragspflicht rentenversicherungspflichtig und muss somit Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

Lösungsansätze für die Zukunft:

Für die Zukunft bleiben dem Betroffenen unseres Erachtens nach nur vier Wege um der Rentenversicherungspflicht zu entgehen:

  1. GmbH aufgeben
  2. GmbH in eine AG umwandeln
  3. GmbH-Geschäftsführer stellt selbst einen Mitarbeiter mit einem durchschnittlichen Gehalt von mehr als 400,00 € ein
  4. GmbH-Geschäftsführer hat weitere Auftraggeber neben der GmbH, wobei hier Wettbewerbsverbote bzw. Nebentätigkeitsverbote zu beachten sind.

Angesichts dieser doch einschneidenden Alternativen bleibt zu hoffen, dass die Rentenversicherungsträger eine Übergangslösung schaffen oder der Gesetzgeber diese weite Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI, die er laut Gesetzesbegründung auch nicht gewollt haben kann, einschränkt.

Dieser Bericht stellt lediglich eine kurze Darstellung des Problems bezüglich der Rentenversicherung eines GmbH Geschäftsführers dar. Er kann keine verbindliche Rechtsberatung ersetzen. Sollten daher noch Fragen zu Ihrem persönlichen Fall haben und ein weiteres Aufklärungsbedürfnis bestehen, sind wir gerne bereit, Sie in Ihrem individuellen Fall zu beraten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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