Haftungsbescheid des Finanzamtes droht: Die Haftungsnormen im Steuerrecht - Eine lange Liste.

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1. Einleitung

Die Haftung im Steuerrecht ist ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung der Steuereinnahmen des Staates. 

Sie dient dazu, bei Nichterfüllung steuerlicher Pflichten durch den Steuerschuldner, eine andere Person hierfür in die Verantwortung zu nehmen. 

Dieser Artikel beleuchtet den Sinn und Zweck des steuerlichen Haftungszwecks, definiert die Haftung und erläutert das Verfahren zur Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Haftungsschuldner. Auch gibt er einen Überblick über die Vielzahl an steuerlichen Haftungsnormen im deutschen Recht. Zudem wird aufgezeigt, wie man sich gegen einen Haftungsbescheid wehren kann.


2. Sinn und Zweck des steuerlichen Haftungsrechts

Haftung im Steuerrecht bedeutet, dass eine Person oder ein Unternehmen für die Steuerschulden eines Dritten einstehen muss. Diese Verantwortung entsteht nicht aus der Steuerschuld selbst, sondern aus einer gesetzlichen Verpflichtung, die in der Abgabenordnung (AO) oder anderen steuerrechtlichen Gesetzen festgelegt ist.

Der steuerliche Haftungszweck dient primär der Sicherung der Steueransprüche des Staates. In Fällen, in denen der eigentliche Steuerschuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ermöglicht die Haftungsnorm, dass der Staat seine Ansprüche gegenüber Dritten geltend machen kann. 

Dies ist besonders relevant, wenn der Steuerschuldner zahlungsunfähig (insolvent) ist oder sich der Steuerzahlung entzieht.


3. Übersicht über die Haftungstatbestände im Steuerrecht

Die Liste der steuerlichen Haftungsnormen ist lang, wie sich nachfolgend zeigt:

a. Haftungsnormen nach der AO

  • Haftung der Vertreter(§ 69);
  • Haftung des Vertretenen (§ 70);
  • Haftung des Steuerhinterziehers (§ 71);
  • Haftung bei Verletzung der Kontenwahrheit (§ 72);
  • Haftung Dritter bei Datenübermittlungen an Finanzbehörden (§ 72a);
  • Haftung bei Organschaft (§ 73);
  • Haftung des Eigentümers (§ 74);
  • Haftung des Betriebsübernehmers (§ 75).

b. Haftungsnormen aus Einzelsteuergesetzen

  • Haftung des Arbeitgebers für die ordnungsgemäße Abführung von Lohnsteuer (§ 42d Abs. 1 EStG);
  • Haftung des Entleihers von Arbeits­kräften - neben dem Arbeitgeber - für die ordnungsgemäße Abführung von Lohnsteuer (§ 42d Abs. 6 EStG); 
  • Haftung der verantwortlichen Personenkreise für die Abführung von Kapitalerträgen (§ 44 Abs. 5 EStG);
  • Haftung des Steuerschuldners für den Steuerabzug bei beschränkter Steuerpflicht (§ 50a Abs. 5 EStG); 
  • Haftung bei unzutreffender Spendenbescheinigung (§§ 10b Abs. 4 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 5 KStG);
  • Haftung des Erben/Schenkers bzw. Schenkers für die Erbschaftsteuer/ Schenkungsteuer (§ 20 ErbStG);
  • Haftung des Eigentümers für die Grundsteuer (§§ 10 ff. GrdStG);
  • Haftung des verantwortlichen Personenkreises für die ordnungsgemäße Abführung der Umsatzsteuer (§ 13c UStG und § 25d UStG ).

c. Wichtige Haftungsnormen aus weiteren Gesetzen

  • Haftung des GbR-Gesellschafters (§ 128 HGB analog);
  • Haftung des OHG-Gesellschafters (§ 128 HGB);
  • Haftung des Komplementärs (§§ 161 Abs. 2, 128 HGB);
  • Haftung des Kommanditisten (§§ 171 ff HGB);
  • Haftung des Partners (§ 8 PartGG);
  • Haftung bei Eintritt in eine Einzelfirma (§ 28 HGB);
  • Haftung bei Firmenfortführung(§ 25 HGB).


4. Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Haftungsschuldner

Die Haftung wird gegenüber dem Haftungsschuldner durch den sogenannten Haftungsbescheid geltend gemacht. Dieser ist ein Verwaltungsakt, der gemäß § 191 AO erlassen wird. 

Der Haftungsbescheid muss den Haftungsschuldner, den Haftungsgrund, den Haftungsumfang und die zu zahlende Summe klar benennen. 

Das Haftungsbescheidverfahren folgt den allgemeinen Grundsätzen für die Erlassung von Verwaltungsakten.


5. Erstes und rechtssicherndes Vorgehen gegen einen Haftungsbescheid

Gegen einen Haftungsbescheid kann der Betroffene Einspruch einlegen. Dies muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids erfolgen (§ 347 AO). Der Einspruch ist beim zuständigen Finanzamt einzureichen. 

Es ist möglich, den Einspruch zunächst ohne Begründung einzureichen und diese nachzureichen. Wichtig ist, dass der Einspruch fristgerecht erfolgt, um die Rechte des Haftungsschuldners zu wahren.


6. Fazit

Die Haftung im Steuerrecht ist ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Steuereinnahmen. 

Sie stellt sicher, dass Steueransprüche auch dann durchgesetzt werden können, wenn der eigentliche Steuerschuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. 

Der Haftungsbescheid ist das zentrale Instrument zur Geltendmachung dieser Ansprüche. 

Betroffene haben jedoch die Möglichkeit, durch Einspruch gegen den Haftungsbescheid vorzugehen. 

Dieses Rechtsmittel ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsschutzes im Steuerrecht und gewährleistet, dass Haftungsansprüche nicht willkürlich oder ungerechtfertigt erhoben werden.

In der Praxis kann nahezu bei jedem Haftungsbescheid die Haftungssumme bei fundierter rechtsanwaltlicher Verteidigung gemindert oder ganz aufgehoben werden.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub

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