Ich wurde vergewaltigt – Wer hilft mir?

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Es ist eine der denkbar schlimmsten Situationen für jede Frau – die Autonomie über ihren eigenen Körper zu verlieren und zum rohen Objekt sexueller Begierde degradiert zu werden. Nach dieser Erfahrungen bleiben Betroffene oft traumatisiert und ratlos zurück, wissen nicht mit der Situation umzugehen. Was ist nun zu tun, wenn der Täter nicht ungeschoren davonkommen soll? Tipps vom Experten.


1. Kümmern Sie sich um sich 

Dieses Horror-Erlebnis aus Scham für sich zu behalten und versuchen zu wollen es mit sich selbst auszumachen, ist selten eine gute Idee. Kontaktieren Sie eine Vertrauensperson, der Sie die Situation schildern, um nicht alleine zu sein und die nächsten Schritte mit Unterstützung zu gehen. Danach sollten Sie unbedingt zunächst an Ihre ärztliche Versorgung denken und die Gynäkologie kontaktieren, am besten direkt aber die Akutversorgung für Vergewaltigung in Krankenhäusern – hier werden Sie schnell und ohne längere Wartezeiten behandelt. Für die weitere Versorgung, auch über die psychische Komponente, gibt es weitere Beratungsstellen.


2. Kümmern Sie sich um den Vergewaltiger

Es sollte nicht nur Genugtuung bringen, sondern ein Signal an die Außenwelt sein, dass Delikte dieser Art nicht ungeschoren bleiben: Kontaktieren Sie einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht, der nicht nur in der Strafverteidigung agiert, sondern auch in der Opfervertretung geübt ist. Dieser unterliegt ebenso der Schweigepflicht und kann Sie eingehend rechtlich beraten, welche weiteren Schritte zu gehen sind, um Ihnen rechtlich zum Erfolg zu verhelfen. Gerade in dieser aufgewühlten emotionalen Situation ist es wichtig, dass Sie rechtlich gehört und gleichzeitig empathisch, aber auch rational geordnet beraten werden. Als Ihr Interessenvertreter kann Ihr Anwalt eine präzise Strafanzeige für Sie erstatten, bei denen wesentliche Informationen nicht verloren gehen, Sie zur oftmals besonders unangenehmen Zeugenvernehmung als Beistand begleiten und Sie im weiteren Verfahren sodann in der Nebenklage vertreten. Dies hat den besonderen Vorteil, dass Ihre ureigenen Interessen (und nicht nur jene der Allgemeinheit durch die Staatsanwaltschaft) in die Hauptverhandlung mit eingebracht werden können, Sie zudem nicht ständig im Gericht unterwegs sein und Ihrem Peiniger gegenübersitzen müssen, wenn Sie wissen wollen, „wie es läuft“. Ein guter Nebenklagevertreter erklärt Ihnen den Ablauf des Strafverfahrens, die Beweislage, nimmt an allen Verhandlungen teil und hält Sie immer aktuell über den aktuellen Verfahrensgang auf dem Laufenden.


3. Worum kümmern Sie sich noch?

Selten ist eine Vergewaltigung derart öffentlich wie im aktuell laufenden Skandal-Prozess in Frankreich im Fall Pélicot – meist handelt es sich um eine wesentlich „intimere“ Situation, an der nur zwei Personen beteiligt sind; so steht es naturgemäß oft Aussage gegen Aussage. Daher kann es für den Erfolg unter Umständen von großer Bedeutung sein, nicht nur zu Ihrem eigenen Seelenheil die Schritte unter Ziffer 1 zu befolgen, sondern auch, um Beweise zu sichern. Hier bereits ein paar Ratschläge von mir, wenn Sie aktuell betroffen sind und noch mit einem Anruf hadern:


  ❌ Vertrauen Sie sich möglichst bald guten Freunden und/oder Eltern an, die Sie gut kennen. Alle „Mitwisser“ können im späteren Prozess sogenannte Zeugen vom Hörensagen sein und vernommen werden; je früher Sie Ihre Eindrücke diesen gegenüber schildern, desto plastischer und detaillierter können Sie (wenn es Ihnen möglich ist) das Verfahren schildern; je näher der Zeuge an Ihrer Situation ist, desto einen größeren Wert kann er für das Gericht haben.


  ❌ Wenn Sie sich in eine Klinik begeben, können Sie (und sollten Sie unbedingt auch) dort eine klinische Spurensicherung vornehmen lassen. Für die Spurensicherung ist es tatsächlich am besten, wenn Sie sich noch nicht gereinigt haben. Aber auch nach Waschung können Spuren noch vorhanden sein.


  ❌ Auch wenn Sie diese vielleicht nicht mehr anziehen wollen, nehmen Sie bitte die Kleidung mit, die Sie angehabt haben. Auch hier könnten sich unter Umständen Spuren befinden, die von Relevanz sein können.


  ❌ Wenn Sie erst Ihre Gedanken sortieren müssen und den Schritt abwägen wollen eine Strafanzeige zu erstatten, so fertigen Sie bitte ein zeitnahes Gedächtnisprotokoll über die Tat an und datieren dieses.


  ❌ Prüfen Sie an, ob Sie gegebenenfalls eine Opferrechtsschutzversicherung haben.


4. Um den Rest kümmere ich mich

Vergewaltigung ist als besonders schwerer Fall des sexuellen Übergriffs gem. § 177 Abs. 6 Nr.1 StGB im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von zwei Jahren bedroht. Es geht also um viel. Die große Problematik in Sexualdelikten besteht tatsächlich meistens weniger in der rechtlichen Bewertung, als vielmehr in der tatsächlichen Würdigung der Aussagen – ist die Aussage des Opfers glaubhaft? Wie ist die Aussagequalität der Zeugen zu bewerten? Hier ist nicht die bloße Kenntnis von Paragraphen und Rechtsprechung maßgeblich, sondern Erfahrung in Aussagepsychologie der entscheidende Faktor. Ein erfahrener Spezialist auf diesem Gebiet ist hier bewandert und lässt diese Erwägungen mit einfließen. Die besondere Intimität des Rechtsgebietes, das hohe drohende Strafmaß und nicht zuletzt die schwere Beweissituation erfordern hier ein besonders großes Fingerspitzengefühl in allen Verfahrenslagen.

Zum Schluss: Sie alleine entscheiden, wie Sie mit der Situation umgehen. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, sondern tun das, was sich für Sie in dieser Situation richtig anfühlt. Wenn Sie jedoch rechtlichen Beistand benötigen, vertrauen Sie gerne in meine Dienste.




AS-Strafverteidigung

Adrian Schmid

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

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