Ist eine kurze Notiz auf einem Zettel ein wirksames Testament?
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Rechtliche Grundlagen
Ein Testament kann sowohl notariell als auch handschriftlich (gesetzlich: "persönlich") errichtet werden (§§ 2064, 2231, 2247 BGB).
In beiden Fällen ist natürlich unverzichtbar, dass für Dritte erkennbar ist, welche letztwilligen Verfügungen derjenige, der ein Testament errichtet, nach seinem Tode (dann: "Erblasser") angeordnet hat.
Dazu gehört natürlich zuallererst, welche Person(en) Erben und damit Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers werden.
Konkreter Sachverhalt
Sämtliche vorgenannten Grundlagen hat ein Erblasser mit den Initialen "AA" aus Oldenburg "sehr locker" gesehen, nach seinem Tode fand sich in seiner Gaststätte folgender Text auf einem Notizzettel einer Brauerei:
"BB kriegt alles AA 4.12.22".
Die letzte Lebensgefährtin des Erblassers hatte die Initialen "BB" und beantragte nach dem Tode des Erblassers beim zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein, da sie die Auffassung vertrat, bei der aus rund 20 Zeichen bestehenden Notiz handele es sich um das Testament des Erblassers und sie sei von ihm als Alleinerbin eingesetzt worden.
Verwandte des Erblassers hingegen meinten, sie seien gesetzliche Erben des Erblassers geworden, BB erhalte nichts.
Entscheidungen
Das Nachlassgericht am Amtsgericht Westerstede (Az. 31 VI 1122/23) schloss sich am 30.08.2023 der Auffassung der gesetzlichen Erben an und kündigte den Erlass eines Erbscheins an, der die Verwandten des Erblassers als Erben ausweise, BB wäre leer ausgegangen.
Das Nachlassgericht erläuterte seine Auffassung wie folgt:
"Es greife die gesetzliche Erbfolge. Der auf den 04.12.2022 datierte Zettel stelle hingegen kein wirksames Testament dar. Ein Testierwille des Erblassers sei nicht feststellbar. Darüber hinaus fehle es an einer ausreichenden Konkretisierung der "BB", so dass nicht sicher festgestellt werden könne, ob die Beteiligte zu 1) [BB] wirklich gemeint war."
BB wandte sich an das nächsthöhere Gericht und hielt an ihrer Rechtseinschätzung fest.
Für viel überraschend folgte das Oberlandesgericht Oldenburg BB und stellte mit Beschluss vom 20.12.2023 (Az. 3 W 96/23) fest, dass es sich bei der überaus kurzen Notiz um ein wirksames Testament handele und BB Alleinerbin von AA geworden ist.
Handlungsempfehlung
Ob "AA" in diesem Fall tatsächlich mit seinen wenigen Worten "BB" als Alleinerbin einsetzen wollte, kann er natürlich nicht mehr beantworten.
In jedem Fall ist trotz dieses kuriosen Sachverhaltes zu empfehlen, den letzten Willen ausdrücklich und für Dritte verständlich zu formulieren.
Dies gilt sowohl für privatschriftliche als auch notarielle (öffentliche) Testamente.
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