Kann der Betreuer Erbe des Betreuten sein?

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Von RA und Notar Krau 


Rechtslage bis 31.12.2022
Betreute konnten ihre Betreuer zu Erben oder Vermächtnisnehmern einsetzen, solange sie testierfähig waren.

Dies war möglich, da das Verbot des § 14 HeimG nicht analog anwendbar ist, um die Testierfreiheit gemäß Art. 14 Abs. 1 GG zu wahren.

Es gab jedoch Bedenken hinsichtlich der Sittenwidrigkeit solcher Testamente.

Die Rechtsprechung entschied, dass ein Testament zugunsten eines Betreuers sittenwidrig sein kann, wenn der Betreuer seinen Einfluss missbraucht hat.

Neuregelung ab 1.1.2023
Mit dem neuen § 30 BtOG wird beruflichen Betreuern untersagt, von ihren Betreuten geldwerte Leistungen anzunehmen, auch nicht im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen.

Dies gilt jedoch nicht für geringwertige Aufmerksamkeiten oder für zusätzliche Vergütungen außerhalb der Betreuervergütung.

Eine Ausnahmegenehmigung kann das Betreuungsgericht auf Antrag erteilen, sofern dies dem Schutz des Betreuten nicht entgegensteht.

Zweck des § 30 BtOG
Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung Missbrauch verhindern und eine "Compliance"-Vorschrift schaffen, die jedoch aufgrund ihrer Platzierung im BtOG kritisiert wird.

Die Regelung betrifft nur Berufsbetreuer, nicht ehrenamtliche Betreuer, was zu einer Ungleichbehandlung führt, obwohl auch bei ehrenamtlichen Betreuern Missbrauchsgefahr besteht.

Auslegung und Konsequenzen
Die Regelung untersagt Berufsbetreuern lediglich die Annahme von Zuwendungen, ohne jedoch eine explizite gesetzliche Folge bei Missachtung festzulegen. Dies bedeutet, dass ein Betreuer, der die Erbschaft annimmt, zwar berufsrechtliche Konsequenzen zu befürchten hat, die Annahme jedoch nicht nichtig ist. Berufsbetreuer könnten entlassen oder ihre Registrierung widerrufen werden, jedoch erst nach dem Tod des Betreuten, was die Betreuung selbst nicht beeinflusst.

Ausnahmen und Genehmigungen
Berufsbetreuer können beim Betreuungsgericht eine Genehmigung beantragen, bevor sie eine Zuwendung annehmen. Diese Genehmigung muss vor dem Tod des Betreuten rechtskräftig sein. Das Gericht prüft dabei die Beweggründe des Betreuten und die Testierfähigkeit, jedoch nicht die Testierfreiheit, was eine zusätzliche Belastung für den Betreuten darstellen kann.

Auswirkungen bei Ablehnung der Erbschaft
Lehnt der Berufsbetreuer die Erbschaft ab, muss er dies fristgerecht und gebührenpflichtig tun. Dies könnte dazu führen, dass der nächste Erbe berufen wird oder der Staat erbt. Dies ist häufig nicht im Sinne des Erblassers. Bei Vermächtnissen gilt eine unbefristete und gebührenfreie Ausschlagungspflicht.

Betroffene Personengruppen
Die Neuregelung betrifft nur Berufsbetreuer, die zum Zeitpunkt des Todes des Betreuten noch in dieser Funktion tätig sind. Ehrenamtliche Betreuer und frühere Berufsbetreuer fallen nicht darunter. Die Regelung gilt auch nicht für Angehörige der Betreuer oder Mitarbeiter.

Umgehung der Regelung
Berufsbetreuer könnten versuchen, die Regelung zu umgehen, indem sie ihre Berufsbetreuung niederlegen oder in eine ehrenamtliche Betreuung wechseln. Dies ist jedoch nicht immer rechtlich zulässig.

Unanwendbarkeit der Regelung
Geringwertige Aufmerksamkeiten und zusätzliche Vergütungen sind von der Regelung ausgenommen. Auch eine nachträgliche Genehmigung der Annahme ist nicht möglich.

Zeitlicher Anwendungsbereich
Die Regelung gilt für Testamente, die nach dem 1.1.2023 errichtet wurden. Bei vorher errichteten Testamenten gilt die alte Rechtslage. Dies kann zu Unsicherheiten führen, wenn Testamente vor und nach diesem Stichtag errichtet wurden.

Kritik an der Regelung
Die Regelung stellt einen Eingriff in die Testierfreiheit dar, insbesondere weil sie auch "stille Testamente" erfasst. Die Ungleichbehandlung zwischen Berufs- und ehrenamtlichen Betreuern ist nicht gerechtfertigt, da auch bei letzteren Missbrauchsgefahr besteht. Zudem wird der Berufsbetreuer bei einem hohen Nachlass die Erbschaft annehmen und möglicherweise auf sein Amt verzichten, um finanzielle Vorteile zu sichern.

Fazit
Die Neuregelung im BtOG führt zu einer erhöhten rechtlichen Unsicherheit und einem potenziellen Eingriff in die Testierfreiheit. Berufsbetreuer müssen sich künftig intensiver mit den neuen Vorschriften auseinandersetzen und gegebenenfalls rechtzeitig Ausnahmegenehmigungen einholen, um rechtliche und berufliche Konsequenzen zu vermeiden. Die Abgrenzung zwischen Berufs- und ehrenamtlichen Betreuern bleibt problematisch, da ähnliche Missbrauchsrisiken bestehen.

Foto(s): info@rechtsanwalt-krau.de

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