Kann Urlaubsanspruch aus Elternzeit nachträglich gekürzt werden?

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Arbeitgeber können nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses keine Kürzungen von Urlaubsansprüchen mehr vornehmen, um so Abgeltungsansprüche zu umgehen. Kürzen können sie gemäß § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur den Erholungsurlaub selbst. Ist der Urlaubsanspruch aber bereits in einen Abgeltungsanspruch übergegangen, ist eine Kürzung nicht mehr möglich (vgl. BAG, Urteil v. 16.04.2024, Az.: 9 AZR 165/23).

Von Mutterschutz über Elternzeit zu erneutem Mutterschutz

Im Fall, der schließlich vor dem BAG landete, verlangte eine Arbeitnehmerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihrem Arbeitgeber Urlaubsabgeltung in einer Höhe von knapp EUR 25.000. Der Arbeitgeber war nicht zur Zahlung bereit. Nach seiner Auffassung stand der Arbeitnehmerin kein Urlaub zu – und damit auch kein Abgeltungsanspruch.

Von 2009 bis 2020 war die Arbeitnehmerin als Therapeutin angestellt. Sie hatte Anspruch auf 29 Arbeitstage Jahresurlaub und auf ein Bruttogehalt in Höhe von zuletzt EUR 3.700 monatlich. Ab August 2015 war sie zunächst in Mutterschutz und anschließend in Elternzeit. An die Elternzeit schlossen sich eine weitere Mutterschutzfrist sowie eine weitere Elternzeit an. Die Arbeitnehmerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum Ende ihrer zweiten Elternzeit.

Kann Arbeitnehmerin Urlaubsabgeltung verlangen?

Die Arbeitnehmerin argumentierte, dass ihr der gesamte, nicht in Anspruch genommene Urlaub aus den Jahren 2015 bis 2020 zustehe. Der Arbeitgeber hingegen vertrat die Auffassung, dass der Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel reduziert werden könne. Zudem wies er darauf hin, dass der Abgeltungsanspruch ohnehin auf null Euro gesenkt werde, da sie in der für dessen Berechnung entscheidenden Zeit kein Einkommen erzielt habe.

Die Arbeitnehmerin erhob Klage beim zuständigen Arbeitsgericht, das ihr die geforderte Urlaubsabgeltung zusprach. Hiergegen wehrte sich der Arbeitgeber erfolglos mit seiner Berufung beim Landesarbeitsgericht. Auch das BAG wies seine Revision als unbegründet zurück.

BAG: Arbeitnehmerin hat Urlaubsabgeltungsanspruch

Nach Auffassung des Gerichts hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 146 Arbeitstage. Wenn Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, ist er abzugelten. Das ergibt sich aus § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Gemäß § 17 Abs. 3 BEEG gilt das auch, wenn ein Arbeitsverhältnis nach der Elternzeit endet. Die Ansprüche der Arbeitnehmerin aus den Jahren 2015 bis 2020 sind während Mutterschutz und Elternzeit auch nicht verfallen.

Zwar hätte der Arbeitgeber tatsächlich die Möglichkeit gehabt, den Erholungsurlaub um ein Zwölftel je vollem Kalendermonat der Elternzeit zu kürzen. Davon habe er allerdings keinen Gebrauch gemacht. Die Urlaubsansprüche der Arbeitnehmerin blieben daher bestehen.

Das BAG stellte darüber hinaus fest, dass der Abgeltungsanspruch auch nicht dadurch auf „Null“ sinke, dass sich die Arbeitnehmerin in den letzten 13 Wochen vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Elternzeit befand. Zur Berechnung des Abgeltungsanspruchs werde der gewöhnliche Verdienst der letzten 13 Wochen herangezogen (§ 11 Abs. 1 BUrlG). Hierbei sei es unerheblich, ob die Arbeitnehmerin während dieser Zeit unverschuldet ausfiel.

Praktische Konsequenzen

Das Urteil des BAG bekräftigt, dass Arbeitnehmer:innen, die in Mutterschutz oder Elternzeit waren, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben, ohne dass der Arbeitgeber dann noch Kürzungen vornehmen kann. Arbeitgeber sollten daher rechtzeitig daran denken, den Erholungsurlaub während der Elternzeit durch eine entsprechende Erklärung zu kürzen.

Sind Sie aktuell in Elternzeit und planen, Ihren Arbeitgeber zu wechseln? Oder sind Sie Arbeitgeber und möchten unerwünschte Urlaubsabgeltungsansprüche vermeiden? Ich stehe Ihnen gerne für umfassende rechtliche Beratung im Arbeitsrecht zur Verfügung. Sie erreichen mich telefonisch unter 040/413 46 98 97 oder per E-Mail an info@cs-ra.de.


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