Kartenmissbrauch: Beweislast liegt bei der Bank

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Sachverhalt:

Eine Kundin einer Bank bemerkt, dass von ihrem Konto ohne ihre Zustimmung hohe Beträge abgebucht wurden. Die Bank lehnt die Erstattung ab und argumentiert, die Kundin habe ihre PIN grob fahrlässig preisgegeben, etwa indem sie sie aufgeschrieben und zusammen mit der Karte aufbewahrt hat.


Erste Instanz (Landgericht):

Das Landgericht gibt der Bank Recht und geht davon aus, dass die Kundin die PIN zusammen mit der Karte aufbewahrt hat. Nur so könne ein unbekannter Täter an beide gelangen.


Zweite Instanz (Oberlandesgericht):

Das Oberlandesgericht Stuttgart hebt das Urteil des Landgerichts auf und gibt der Kundin Recht. Es stellt fest, dass nicht zwingend davon ausgegangen werden kann, dass die Kundin ihre PIN grob fahrlässig preisgegeben hat. Es ist vielmehr denkbar, dass der Täter die PIN ausgespäht hat, als die Kundin kurz zuvor eine Zahlung getätigt hat (Urt. v. 08.02.2023, Az. 9 U 200/22).


Kernpunkte der Entscheidung:

  • Anscheinsbeweis: Das Gericht betont, dass der Anscheinsbeweis nur greift, wenn ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf einen bestimmten Sachverhalt hindeutet.
  • Ausspähen der PIN: Es ist möglich, dass die PIN der Kundin ausgespäht wurde, insbesondere da die erste nicht autorisierte Abhebung kurz nach einer legitimen Zahlung erfolgte.
  • Beweislast: Die Bank muss beweisen, dass die Kundin ihre Pflichten verletzt hat. Dies ist ihr nicht gelungen.


Bedeutung der Entscheidung:

Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist ein bedeutender Sieg für Verbraucher. Sie verdeutlicht, dass Banken bei der Ablehnung von Erstattungsansprüchen bei unbefugten Abbuchungen äußerst vorsichtig sein müssen. Allein die Tatsache, dass die Originalkarte mit der richtigen PIN verwendet wurde, reicht nicht aus, um die Schuld der Kundin zu beweisen.


Folgerungen für die Praxis:

  • Beweislast: Die Bank trägt die Beweislast dafür, dass der Kunde seine Sorgfaltspflichten verletzt hat.
  • Ausspähen der PIN: Die Möglichkeit, dass eine PIN ausgespäht wurde, muss von den Gerichten in Betracht gezogen werden.
  • Keine pauschale Annahme von grober Fahrlässigkeit: Es darf nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass ein Kunde seine PIN grob fahrlässig behandelt hat, nur weil die Karte und die PIN missbräuchlich verwendet wurden.
  • Mehr Rechtssicherheit: Verbraucher sind besser geschützt vor unberechtigten Abbuchungen.
  • Geringere Beweislast: Verbraucher müssen nicht mehr zwingend nachweisen, wie der Täter an ihre PIN gelangt ist.
  • Anreiz für Banken: Banken sind angehalten, ihre Sicherheitssysteme zu verbessern, um solche Fälle zu verhindern.


Fazit:

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist ein wichtiger Schritt für mehr Verbraucherschutz. Sie zeigt, dass Banken nicht ohne Weiteres davon ausgehen können, dass ein Kunde seine PIN grob fahrlässig behandelt hat. Vielmehr müssen sie konkrete Anhaltspunkte für eine solche Verletzung der Sorgfaltspflicht vorlegen.


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