Keine Beweislastumkehr und keine generelle Haftung des Anschlussinhabers bei Filesharing!
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Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 11.09.2012, Az.: 33 O 353/11 in Fortführung der Rechtsprechung des OLG Köln aus dem Urteil v. 16.05.2012, Az. 6 U 239/11, das wir unter http://www.anwalt.de/rechtstipps/keine-haftung-des-anschlussinhabers-fuer-filesharing-volljaehriger-mitbewohner_030354.html?sid=eb4039795a673ea1f400037ace848997 besprochen hatten, eine weitere, für den Anschlussinhaber günstige Entscheidung getroffen.
Hatte das OLG Köln nur eine generelle Haftung bei volljährigen berechtigten Nutzern im Haushalt des Anschlussinhabers abgelehnt, so ist die aktuelle Entscheidung für den häufigen Fall relevant, dass auch die minderjährigen Kinder des Anschlussinhabers den Internetanschluss nutzen. Bisher hatten hier die Gerichte eine eher strenge Auffassung vertreten, wonach bei der möglichen Nutzung des Internetanschlusses durch minderjährige Kinder des Anschlussinhabers dieser im Regelfall haften sollte.
Im vom LG Köln entschiedenen Fall hatte neben dem Anschlussinhaber dessen Ehefrau sowie deren gemeinsame Kinder Zugriff auf den Internetanschluss. Der Anschlussinhaber erhielt eine Abmahnung wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung bezüglich eines Computerspiels, verbunden mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und die durch die Beauftragung der abmahnenden Rechtsanwälte entstandenen Kosten zu tragen.
Der Anschlussinhaber, dessen Ehefrau und deren Kinder bestritten, die Software über ein Filesharingsystem angeboten zu haben und verweigerten die Zahlung. Eine Unterlassungserklärung gab der Anschlussinhaber im gerichtlichen Verfahren ab.
Das LG Köln kommt unter Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des OLG Köln im Urteil v. 16.05.2012, Az. zur Verneinung einer Haftung des Beklagten. Der Beklagte musste also keine Zahlungen leisten. Das LG Köln führt wörtlich aus:
„Zwar kann nach dessen (Anmerkung des Verfassers: des Anschlussinhabers) Vorbringen ... nicht ausgeschlossen werden, dass dessen Ehefrau für die Urheberrechtsverletzungen verantwortlich ist. Mangels dieser gegenüber bestehenden Prüfpflichten würde der Beklagte hierfür aber nicht haften."
Im Klartext: Selbst wenn eine Urheberrechtsverletzung durch die Ehefrau nicht ausgeschlossen werden kann, besteht keine Haftung des Anschlussinhabers.
Eine Haftung des Anschlussinhabers besteht aber auch nicht deshalb, weil seine Kinder ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Denn, so das LG weiter:
„Zwar bestehen hinsichtlich der Nutzung eines vorhandenen Internetanschlusses durch Kinder - jedenfalls, wenn diese noch minderjährig sind - Prüf- und Kontrollpflichten des Anschlussinhabers, deren Verletzung zu einer Haftung als Störer führen kann. Im vorliegenden Fall kann jedoch ... nicht festgestellt werden, dass eine etwaige Verletzung solcher Prüfpflichten gegenüber den Kindern des Beklagten für die Urheberrechtsverletzungen kausal geworden wäre. Auch dann könnte nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Urheberrechtsverletzungen nicht durch die Kinder, sondern durch die Ehefrau des Beklagten - der gegenüber Prüfpflichten aber gar nicht bestanden - erfolgt wären."
Im Klartext bedeutet dies: Gerade weil nicht sicher ausgeschlossen werden konnte, dass auch die Ehefrau als „Täterin" infrage kommt, kann nicht eine Haftung wegen einer möglicherweise mangelhaften Kontrolle der Kinder bei Nutzung des Internets unterstellt und als Grund für eine Haftung angenommen werden.
Das LG Köln räumt auch mit der von den Abmahnkanzleien vertretenen Auffassung auf, wonach der abgemahnte Anschlussinhaber selbst beweisen müsste, er sei nicht verantwortlich für die Rechtsverletzung. Es führt aus:
„Insoweit wäre es aber ( Anmerkung des Verfassers: nach Bestreiten der Täterschaft durch den Anschlussinhaber) wieder Sache der darlegungsbelasteten Klägerin, denjenigen Kausalverlauf schlüssig darzulegen und ggf. zu beweisen, der eine Störerhaftung des Beklagte begründen könnte. Können nämlich schon weitergehende - sekundäre - Darlegungen des Anschlussinhabers als diejenige, dass Hausgenossen selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können (s.o.), bei der täterschaftlichen Haftung, bei der zudem eine tatsächliche Vermutung gegen den Anschlussinhaber streitet, nicht verlangt werden, kann dies erst recht nicht bei der Verteidigung gegen die Inanspruchnahme als Störer gefordert werden."
Es muss also nicht der Abgemahnte beweisen, dass er die Urheberrechtsverletzung nicht zu vertreten hat, vielmehr muss der Rechteinhaber die Umstände beweisen, deretwegen derjenige, der nicht Täter ist, haften soll.
Die Entscheidung ist zu begrüßen und deutet darauf hin, dass die Zeiten für die Abmahnkanzleien schwieriger werden. Aber: Aufgrund des sogenannten fliegenden Gerichtsstandes ist eher nicht zu erwarten, dass Abmahnkanzleien im Bezirk des LG Köln klagen werden, vielmehr werden diese Kanzleien bei anderen Gerichten klagen. Dass dies möglich ist, hat auch das LG Köln in der hier besprochenen Entscheidung bestätigt.
Daher gilt weiterhin, wenn Sie eine Abmahnung wegen des Vorwurfs einer Urheberrechtsverletzung erhalten haben:
Keinesfalls sollten Sie
- auf die Abmahnung der Rechteinhaber überhaupt nicht reagieren.
- die meist geforderte Unterlassungserklärung ohne kompetente Prüfung unterschreiben.
Vereinbaren Sie schnellstmöglich einen Besprechungstermin mit meiner Kanzlei, damit wir die in Ihrem Fall richtigen Schritte einleiten können. Bei Ablauf der von den Abmahnkanzleien gesetzten Fristen drohen gerichtliche Schnellverfahren (einstweilige Verfügungen), die mit hohen Kosten verbunden sind!
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