Kind betreibt Photovoltaikanlage, braucht Genehmigung vom FamG: Kein Verfahrensbeistand bestellt? Fehler!
- 2 Minuten Lesezeit
Gemäß § 158 Absatz 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands (auch Verfahrenspfleger genannt) für Kinder in gerichtlichen Verfahren ist vorgesehen, um deren Interessen unabhängig zu vertreten, insbesondere in familiengerichtlichen Verfahren, die die Personensorge, den Umgang, die Herausgabe des Kindes und ähnliche Kindschaftssachen betreffen.
Das Oberlandesgericht Bamberg hatte unlängst einen Fall zu entscheiden, in welchem die Eltern eine Photovoltaik-Anlage über ihren minderjährigen Sohn betreiben wollten und
OLG Bamberg, Beschluss vom 04.08.2023, 7 WF 153/23 (II. Instanz)
AG Schweinfurt, Berichtigungsbeschluss vom 11.07.2023 – 53 F 134/22AG Schweinfurt, Beschluss vom 26.05.2023 – 53 F 134/22 (I. Instanz)
Die Eltern beantragten beim Familiengericht für ihren 12jährigen Sohn die Genehmigung für den Betrieb einer Photovoltaik-Anlage. Hintergrund dieses Antrages war, dass steuerlich vermieden werden sollte, dass die Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaik-Anlage bei den Eltern in Ansatz gebracht werden. Diese Einnahmen sollten steuerlich als Einnahmen des Sohnes behandelt werden. Der Sohn sollte das Wohnhaus künftig erben. Außerdem sollen mit den Einnahmen aus der Photovoltaik-Anlage die Kosten späteren Ausbildung des Sohnes angespart werden.
Das Familiengericht forderte einen Businessplan sowie die letzten beiden Schulzeugnisse des Kindes an und holte eine Stellungnahme des Schulleiters ein. Im Mai 2023 fand eine Anhörung des Kindes statt. Ende Mai 2023 lehnte das Gericht den Antrag ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass das Kind nicht das notwendige Verständnis und die Reife besäße, um die Anlage unternehmerisch zu betreiben, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen, steuerrechtlichen und buchhalterischen Aspekte.
Verfahrensbeistand, § 158 Absatz 3 Nummer 1 FamFG
Nachdem K. gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt hatte, wies das Familiengericht diese zurück und verwies den Fall an das Oberlandesgericht (OLG). Das OLG befand die Beschwerde als (vorläufig) begründet und hob die Entscheidung des Familiengerichts auf. Es verwies den Fall zur weiteren Behandlung zurück an das Amtsgericht. Dabei wurde festgestellt, dass gem. § 158 Abs. 3 Nr. 1 FamFG für das Kind ein Verfahrensbeistand hätte bestellt werden müssen, da die Interessen des Kindes signifikant von denen seiner Eltern abwichen, insbesondere in Bezug auf die steuerliche Behandlung der Einkünfte aus der Photovoltaik-Anlage.
Außerdem hätten die Eltern persönlich angehört und auch das Jugendamt hätte beteiligt werden müssen. Auch wurde kritisiert, dass die Anhörung des Kindes nicht ausreichend dokumentiert wurde, was eine angemessene Berücksichtigung der Kindesäußerungen im weiteren Verfahren erschwerte.
Das OLG gab konkrete Anweisungen für das weitere Verfahren, darunter die persönliche Anhörung der Eltern, die zwingende Mitwirkung des Jugendamtes und die angemessene Dokumentation der Kindesanhörung. Es betonte auch, dass Entscheidungen, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigen, nur auf Grundlage von Fakten und Beweisen getroffen werden dürfen, zu denen sich der Beteiligte äußern konnte.
Artikel teilen: