Kollegen eingesperrt – Grund zur fristlosen Kündigung?
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Wenn ein Mitarbeiter seinen Kollegen absichtlich im Toilettenraum einsperrt, sodass dieser sich nur noch gewaltsam befreien kann, begeht er eine Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt. So urteilte das Arbeitsgericht Siegburg in einem aktuellen Kündigungsschutzprozess (ArbG Siegburg, Urteil vom 11.02.2021 - 5 Ca 1397/20).
Dieser kuriose Rechtsstreit ist Anlass unseres Rechtstipps über die Voraussetzungen einer wirksamen fristlosen Kündigung!
1. Wenn Streit unter Kollegen eskaliert
Seit gut einem Jahr war der Kläger bei seinem Arbeitgeber als Lagerist angestellt. Schon während dieser vergleichsweise kurzen Betriebszugehörigkeit, geriet der Kläger häufiger mit seinem Kollegen in Streit. Nun aber erreichten die Auseinandersetzungen eine völlig neue Eskalationsstufe: Als der Kollege sich im Toilettenraum befand, schob der Kläger unter der Tür ein Blatt Papier hindurch. Mit einem Gegenstand stieß er dann so heftig gegen das Türschloss, dass der Schlüssel herausfiel und auf dem Blatt landete. Trickreich zog er nun das Papier samt Schlüssel durch den Türschlitz zu sich. Der Kollege war eingesperrt! Da der Kläger anschließend den Ort des Geschehens verlassen hatte, blieb dem Eingesperrten nichts anderes übrig, als sich durch gezielte Tritte aus dem Räumchen zu befreien. Als dem Arbeitgeberbetrieb der Vorfall bekannt wurde, kündigte er den Lageristen fristlos. Dieser setzte sich mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr.
2. Wie kann es zu einer fristlosen Kündigung kommen?
Die fristlose Kündigung ist ein scharfes Schwert. Denn Sie beendet das Arbeitsverhältnis sofort, ohne dass die Kündigungsfristen eingehalten werden müssen. Für die betroffenen Mitarbeiter sind die Konsequenzen besonders schwerwiegend, denn in der Regel steht kein nahtloser Übergang in den nächsten Job in Aussicht.
Vor diesem Hintergrund sind auch die strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen einer fristlosen Kündigung zu sehen. Will der Arbeitgeber seine Beschäftigten fristlos kündigen, muss ein triftiger Kündigungsgrund vorliegen. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn die die Kündigung tragenden Umstände so schwer wiegen, dass ein Abwarten der regulären Kündigungsfristen unzumutbar ist. Schon daran wird deutlich, dass dieses Instrument immer der allerletzte Ausweg sein sollte.
Ob eine fristlose Kündigung dann auch vor Gericht Bestand hat, hängt insbesondere von einer umfassenden Interessenabwägung ab, die die erkennenden Richter anstellen müssen. Wesentliche Kriterien dabei sind u.a. folgende Fragen:
- Kommen statt der fristlosen Kündigung auch Abmahnung, Versetzung, einverständliche Abänderung des Vertrags oder ordentliche Kündigung in Betracht?
- Wie lange ist der Mitarbeiter schon beim Arbeitgeber beschäftigt?
- Wie war sein betriebliches Verhalten in der Vergangenheit?
- Wie könnte das Arbeitsverhältnis weitergehen, wenn es nicht sofort beendet werden würde?
Weiterhin müssen auch für eine fristlose Kündigung bestimmte Formalitäten eingehalten werden. So muss eine Erklärungsfrist eingehalten werden. Sie läuft zwei Wochen ab dem Tag, an dem der Grund für die Kündigung bekannt geworden ist.
3. Einsperren in der Toilette – Ein Kündigungsgrund?
Das Arbeitsgericht Siegburg hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt und wies die Klage mit Urteil vom 11. Februar 2021 ab.
Der Grund, der hier auch eine fristlose Kündigung rechtfertige, liege darin, dass der Kläger seinen Kollegen auf der Toilette einschloss, indem er ihm „durch einen alten Trick den Schlüssel zum Öffnen der Toilettentür wegnahm“, so das Gericht. Denn dadurch hat er seinen Kollegen vorübergehend seiner Freiheit beraubt. Damit habe der Lagerist eine ganz erhebliche Pflichtverletzung des Arbeitsvertrages begangen. Zudem hat sein Verhalten dazu geführt, dass die Toilettentür, also das Eigentum des Arbeitgeberbetriebes, beschädigt worden ist. Auch eine vorherige Abmahnung war in diesem Fall entbehrlich.
4. Unsere Einschätzung
Es geht selbstverständlich nicht an, einen Kollegen „durch einen alten Trick den Schlüssel zum Öffnen der Toilettentür wegzunehmen“. Es ist nämlich nicht von der Hand zu weisen, dass hierdurch in strafrechtlich relevanter Weise in die Bewegungsfreiheit einer anderen Person eingegriffen wird. Ein solches Verhalten also sollte auch arbeitsrechtlich nicht folgenlos bleiben. Ob ein solches Vorkommnis aber tatsächlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, ist zweifelhaft und streitbar.
Eine deutliche Abmahnung verbunden mit der Kostentragungspflicht für die Reparatur der beschädigten Toilettentür wären sicherlich ein in Betracht zu ziehendes milderes Mittel gewesen.
Bei Fragen zum Thema Kündigung und Abmahnung nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!
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