Kostenerstattung bei privater Krankenversicherung
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Kostenerstattung bei privater Krankenversicherung
Zahlt die Versicherung auch bei sog. Übermaßvergütungen?
Ihre Versicherung weigert sich, Ihre medizinisch notwendige Behandlung zu bezahlen mit der Begründung, dass es sich bei dem vereinbarten Satz um eine sogenannte „Übermaßvergütung“ handelt?
Was gilt es generell zu beachten, wenn Sie mit Ihrem Arzt oder Zahnarzt eine Gebührenvereinbarung getroffen haben, die über den Höchstsätzen der Gebührenordnung liegt?
Für diese und weitere Fragen geben wir Ihnen im Folgenden einen kurzen Überblick mit den wichtigsten Informationen zur aktuellen Rechtsprechung.
1. Übermaßbehandlung oder Übermaßvergütung?
Immer wieder müssen wir auch vor den Gerichten darum streiten, ob denn die Behandlung unserer Mandantschaft, die von den behandelnden Ärzten angeraten worden ist, das Kriterium „medizinisch notwendige Heilbehandlung“ erfüllt oder nicht. Wenn diese Hürde genommen ist, ist aber noch immer nicht gesagt, dass die PKV auch alle Kosten übernimmt.
Leider kommt es immer wieder vor, dass private Krankenkassen medizinisch notwendige Behandlungen nicht vollständig ersetzen. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob dies mit der Begründung geschieht, es handle sich um eine Übermaßbehandlung, oder ob es um eine Übermaßvergütung geht.
§ 5 MB/KK 2009 definiert genau die Leistungspflicht des Versicherungsgebers. Dort heißt es:
„Übersteigt die Heilbehandlung das medizinisch notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen.“
Sofern dieses medizinisch notwendige Maß der Heilbehandlung überschritten wird, handelt es sich um eine Übermaßbehandlung. Kurzum: zu viel des Guten. Bei solchen Übermaßbehandlungen steht dem Versicherer unstreitig ein Kürzungsrecht zu. Er muss nur die tatsächlich medizinisch notwendige Behandlung ersetzen und kann jeden Eingriff ablehnen, der darüber hinausgeht, beispielsweise rein kosmetische Behandlungen.
Von diesem Kürzungsrecht des Versicherers grundsätzlich nicht umfasst sind jedoch Übermaßvergütungen. Dies bezeichnet Vergütungen des Arztes oder Zahnarztes, die über die Höchstsätze der Gebührenordnung hinausgehen. So entschied das OLG Köln mit Urteil vom 14.01.2020.
Aus der Begrenzung auf das „medizinisch notwendige Maß“ der Heilbehandlung folgt keine Beschränkung der Leistungspflicht des Versicherers auf die kostengünstigste Behandlung. Ein solches Kürzungsrecht kann auch nicht durch Vertragsauslegung angenommen werden, sofern nicht explizit eine Beschränkung auf die Höchstsätze der Gebührenordnung in der konkreten Tarifvereinbarung erfolgt.
2. Wie kommt es zu Vergütungen, die über den Höchstsätzen der Gebührenordnung liegen?
Manche Ärzte begnügen sich bei ihrer Leistung nicht mit den Höchstsätzen der Gebührenordnung, sondern vereinbaren mit ihren Patienten erhöhte Gebühren durch eine sogenannte Gebühren- oder Honorarvereinbarung. Dafür bedarf es jedoch einer tatsächlichen Vereinbarung zwischen Arzt und Patient.
3. Welchen Anforderungen muss eine wirksame Gebührenvereinbarung genügen?
Eine solche Gebührenvereinbarung muss jedoch wirksam zustande gekommen sein, damit Ihre Versicherung die erhöhten Gebührensätze erstatten muss. Die Voraussetzungen für eine wirksame Gebührenvereinbarung richten sich für Ärzte nach § 2 Abs. 2 GOÄ und für Zahnärzte nach § 2 Abs. 2 GOZ. Dabei gilt es für eine wirksame Vereinbarung zu beachten, dass neben der Nummer und Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten sein muss, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist; auch bekannt als wirtschaftliche Aufklärungspflicht.
Die Bemessung der einzelnen Gebühr ergibt sich aus § 5 GOÄ bzw. GOZ.
Eine Gebührenvereinbarung kann nach § 2 GOZ bzw. § 2 GOÄ nur durch eine sog. Individualvereinbarung und nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) getroffen werden. Grund hierfür ist das besondere Schutzbedürfnis des Patienten. Andernfalls ist sie tatsächlich nicht wirksam und der Versicherer kann möglicherweise zu Recht Zahlungen in dieser Höhe verweigern.
An das Erfordernis einer Individualvereinbarung sind jedoch keine überzogenen Anforderungen zu stellen, so auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.10.2004 (BvR 1437/02). Auch das OLG Köln stellt in seinem Urteil vom 14.01.2020 in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkret klar, dass, selbst wenn die Vereinbarung vorformuliert ist und keine konkreten Preisverhandlungen zwischen Arzt und Patient stattgefunden haben, eine Gebührenvereinbarung dennoch eine Individualabrede und keine AGB sein kann. Wichtig ist hierbei, dass die Gebührenvereinbarung in einem persönlichen Gespräch zustande gekommen ist und dem Patienten die Gelegenheit gegeben wurde, Fragen zu stellen. Die Überschreitung bestimmter Sätze muss zudem auch nicht begründet werden. Dass keine überspitzten Anforderungen an die behandelnden Ärzte gestellt werden, wird insbesondere im Urteil des OLG Köln deutlich. Hier wurden sowohl der behandelnde Arzt als auch dessen Arzthelferin als Zeugen befragt. Aus der Dokumentation des Arztes ergibt sich, dass die Zahnarzthelferin hier einen Vermerk angebracht hat: „Patient sagt, interessiert mich doch nicht und unterschreibt.“ Das Gericht hielt es für unerheblich und daher für nicht notwendig, abschließend aufzuklären, ob im vorliegenden Fall der Kläger die Gebührenvereinbarung nach der Aushändigung durch die Zahnarzthelferin schon im Wartezimmer unterschrieben hatte, bevor er mit dem Arzt über diese persönlich gesprochen hat.
4. Kann der Versicherer die Leistung trotz einer individuellen Gebührenvereinbarung verweigern?
Der Versicherer kann bei einer wirksamen Gebührenvereinbarung die Höhe der Gebühr für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung nur in bestimmten Ausnahmefällen verweigern.
a) In Ihrem Tarif ist eine konkrete Beschränkung enthalten
Es besteht die Möglichkeit, dass Ihr konkreter Versicherungstarif in den Tarifbedingungen eine Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen, die außerhalb des Rahmens der Höchstsätze der amtlichen Gebührenordnung liegen, konkret ausschließt.
b) Es besteht ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Aufwendungen
§ 192 Abs. 2 VVG und § 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK enthalten folgende Ausschlussmöglichkeit einer Versicherungsleistung:
„Stehen die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstigen Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen, ist der Versicherer insoweit nicht zur Zahlung verpflichtet.“
Ein solches auffälliges Missverhältnis muss der Versicherer jedoch konkret darlegen und beweisen, andernfalls bleibt er zur Zahlung verpflichtet.
Die private Krankenkasse muss somit in den meisten Fällen auch Behandlungen bezahlen, die über dem Höchstsatz der Gebührenordnung abgerechnet werden. Ihre Versicherung darf in einem solchen Fall keine Kürzungen vornehmen.
Wie Sie aus unserem Beitrag ersehen können, gibt es hier sehr viele Streitpunkte, die es zu klären gilt, um die Kostenübernahme bei seiner privaten Krankenversicherung auch durchsetzen zu können.
Sollte Ihre private Krankenkasse dennoch abgelehnt haben, Ihnen Ihre Kosten in vollem Umfang zu erstatten, verhelfen wir Ihnen gerne zu Ihrem Recht. Wir unterstützen Sie mit unserer langjährigen Erfahrung im Versicherungs- und Medizinrecht auch bei der Beurteilung des Umfangs Ihres konkreten Versicherungstarifs. Wenden Sie sich dafür gerne jederzeit an unsere Kanzlei.
Sandra Wende, Rechtsreferendarin und juristische Mitarbeiterin
Ulrike Böhm-Rößler, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht
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