Kündigungen in der Corona-Krise

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Die momentan in Deutschland grassierende Corona-Pandemie hat seit einer Woche erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, da eine Vielzahl von Unternehmen aufgrund der behördlichen Anordnungen geschlossen wurden und damit zur Zeit keine Umsätze erwirtschaften, gleichzeitig aber die laufenden Kosten – insbesondere die Lohnkosten – decken müssen.

Die Regierung hat bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, eine der ersten war die Änderung des Gesetzes zum Kurzarbeitergeld, um die Arbeitgeber von Kündigungen in der Krise abzuhalten. Eine Änderung des Kündigungsschutzes wurde jedoch nicht vorgenommen und ist nach jetzigem Stand auch nicht angedacht. 

Das bedeutet, dass in Betrieben, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, Kündigungen grundsätzlich sozial gerechtfertigt sein müssen. Sie müssen also auf 

  • personenbedingte, 
  • verhaltensbedingte oder 
  • betriebsbedingte Gründe  

gestützt werden

Nach diesen allgemeinen Regeln ist eine Kündigung eines an COVID-19 erkrankten Mitarbeiters nicht möglich, vielmehr greifen dann die Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ein. Eine personenbedingte Kündigung wird daher ausscheiden.

Denkbar wäre grundsätzlich eine verhaltensbedingte Kündigung. Diese setzt voraus, dass der Arbeitnehmer gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hat und dem Arbeitgeber daher ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar ist. 

Anknüpfungspunkt dafür könnte ein Fernbleiben von der Arbeit sein. Hier ist zu unterscheiden: 

Kommt der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, weil er durch die Behörden unter Quarantäne gestellt wurde, so liegt kein schuldhaftes Fernbleiben von der Arbeit vor. Der Arbeitnehmer ist nur ggf. verpflichtet, im Homeoffice zu arbeiten, solange bei ihm keine Symptome vorliegen. Sobald Symptome vorliegen, kann er krankgeschrieben werden und die Arbeitspflicht entfällt für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ohnehin.

Anders sieht dies aus, wenn der Arbeitnehmer unter selbstgewählter Isolation ist, weil er vermutet, dass er infiziert sein könnte, z. B. weil er gerade aus dem Urlaub aus einem Risikogebiet zurückgekommen ist oder Kontakt mit einem Infizierten hatte, aber noch keine Symptome zeigt. Denn bislang haben die Behörden vielfach nur zur Selbstisolation geraten und diese nicht angeordnet. Hier wird im Einzelfall zu differenzieren sein, da den Arbeitgeber z. B. gegenüber seinen sonstigen Arbeitnehmern auch unter arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten eine Fürsorgepflicht trifft, nach der der evtl. erkrankte Arbeitnehmer nicht im Betrieb arbeiten darf. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Arbeitsgerichte in der Regel eine Kündigung als unwirksam erachten werden, wenn der Arbeitnehmer Tatsachen vortragen kann, die seine Vermutung stützen, erkrankt zu sein. Andererseits dürfte der Arbeitnehmer dann für die Dauer seiner Abwesenheit keinen Anspruch auf Lohn haben. 

Entscheidet hingegen der Arbeitgeber, die Mitarbeiter nach Hause zu schicken und nicht zu beschäftigen, dürfte dies zulässig sein, die Mitarbeiter behalten jedoch Ihren Vergütungsanspruch. Eine Kündigung scheidet aus.

Schwierig wird die Frage zu beantworten sein, wie Fälle zu bewerten sind, in denen der Arbeitnehmer die grundsätzlich mögliche Arbeitsleistung verweigert, weil er befürchtet, sich selbst zu infizieren und er z. B. zu einer Risikogruppe gehört. Auch hier wird es wohl auf den konkreten Einzelfall und das Ergebnis einer Abwägung ankommen.

Ein weiterer möglicher Anknüpfungspunkt für eine verhaltensbedingte Kündigung könnte sein, dass der Arbeitnehmer sich weigert, eine Regelung zur Kurzarbeit zu unterzeichnen. Den sozialen Medien kann entnommen werden, dass diese Frage viele Arbeitnehmer umtreibt, nicht zuletzt wegen der mit der Kurzarbeit verbundenen Gehaltseinbußen. 

Die gesetzliche Konzeption sieht allerdings vor, dass der Arbeitnehmer der Anordnung der Kurzarbeit zustimmen muss. Da es keine Pflicht zur Zustimmung gibt, stellt die Verweigerung auch keine Pflichtverletzung dar, so dass eine verhaltensbedingte Kündigung auf die Ablehnung der Kurzarbeit nicht gestützt werden kann.

In der jetzigen Situation grundsätzlich möglich und naheliegend ist allerdings die betriebsbedingte Kündigung von Arbeitsverträgen. Diese setzt voraus, dass der Arbeitgeber eine unternehmerische Entscheidung trifft, nach der Arbeitsplätze in seinem Betrieb wegfallen und dass der betroffene Arbeitnehmer nach Durchführung der Sozialauswahl gekündigt werden darf. Die Anforderungen daran sind allerdings streng. Auch hier wird es auf den konkreten Einzelfall ankommen. 

Anknüpfungspunkt für eine betriebsbedingte Kündigung kann dabei allerdings nicht sein, dass der Arbeitnehmer sich geweigert hat, Kurzarbeit zuzustimmen. Voraussetzung ist vielmehr, dass ein Arbeitsplatz aufgrund der unternehmerischen Entscheidung weggefallen ist. 

Schlechter sieht die Situation für Arbeitnehmer in Kleinunternehmen, die in der Regel nicht mehr als 10 Vollzeitkräfte beschäftigen, oder für Arbeitnehmer in der Probezeit oder in den ersten 6 Monaten ihres Arbeitsvertrags aus. Grundsätzlich greift das Kündigungsschutzgesetz in diesen Fällen nicht. D. h., die Kündigung wird nur daran gemessen, ob sie gegen Treu und Glauben verstößt oder ob sie sich als sittenwidrig darstellt. 

Falls der Arbeitnehmer eine Kündigung erhält, sollte er sie ernst nehmen, auch wenn sie aus seiner Sicht unbegründet sein mag. Er ist verpflichtet, gegen die Kündigung innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht zu erheben. Tut er dies nicht, wird die Kündigung in der Regel wirksam und kann nicht mehr angegriffen werden. 

Die Kosten des Verfahrens sind in der Regel von Ihrer Rechtsschutzversicherung gedeckt, wenn diese Arbeitsrechtsschutz mit umfasst. Haben Sie keine Rechtsschutzversicherung, so können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe vom Staat erlangen. 

Wenn Sie Fragen hierzu haben, können Sie sich gerne an mich wenden. 

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt


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