Länderübergreifende Rechtsberatung: „Ein wichtiger Punkt ist die kulturelle Sensibilität“

  • 8 Minuten Lesezeit
Anwältin Aleksandra Surowiecka über länderübergreifende Rechtsberatung: „Ein wichtiger Punkt ist die kulturelle Sensibilität“
Theresa Höfle anwalt.de-Redaktion

In unserer globalen Wirtschafts- und Arbeitswelt wird auch Rechtsberatung über Ländergrenzen hinweg für Anwälte immer relevanter. Die polnische Rechtsanwältin Aleksandra Surowiecka und ihre Kollegen von der Kanzlei RBP Legal bieten Mandanten aus dem DACH-Raum schon lange deutschsprachige Rechtsberatung an. Im Interview erzählt sie, welche Herausforderungen sich dabei stellen und warum Bewertungen bei der Akquise ausländischer Mandanten eine besondere Rolle spielen. 

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich auf Rechtsberatung in deutscher Sprache im Bereich der polnischen Rechtsvorschriften spezialisiert haben? 

Als Kind habe ich viel Zeit in Deutschland verbracht, wo ich nicht nur fantastische Menschen kennengelernt habe, sondern mir auch vor Ort die deutsche Sprache beibringen konnte. Und ich habe mich für die deutsch-polnischen Beziehungen schon immer interessiert.  

Ich habe aber auch schon am Anfang meiner beruflichen Tätigkeit im Bereich der Rechtsberatung in Polen bemerkt, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen polnischen und deutschen Unternehmen nicht nur zahlreiche Chancen bieten, sondern auch rechtliche Konflikte mit sich bringen. In solchen Situationen findet oft polnisches Recht Anwendung – entweder nach gesetzlichen Regeln oder aufgrund der Entscheidung der Parteien. Es ist dann wichtig, dass ein Anwalt, der mit dem polnischen Rechtssystem vertraut ist, zur Verfügung steht, um eine adäquate Beratung in deutscher Sprache zu gewährleisten. Nach dieser Unterstützung suchen oft die deutschen Mandanten und dank meiner Ausbildung als polnische Anwältin und meiner Sprachkenntnisse kann ich die deutschen Mandanten in solchen grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten optimal unterstützen.

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Welche zusätzlichen Qualifikationen oder Kenntnisse sind Ihrer Erfahrung nach nötig, um länderübergreifende Rechtsberatung anbieten zu können? 

Die Kenntnis des polnischen Rechts und der deutschen Sprache bilden eine unerlässliche Grundlage, um deutsche Mandanten im Bereich des polnischen Rechts beraten zu können. Diese Kenntnisse allein reichen jedoch meiner Meinung nach bestimmt nicht aus, um heutzutage die deutschen Mandanten gut zu beraten.  

Besondere Bedeutung kommt nämlich den sogenannten Soft Skills zu. Effektive Kommunikation, die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen, und das Einfühlungsvermögen in die Situation des Mandanten sind hier entscheidend. Schon beim ersten Telefonat entscheidet der Mandant, ob „die Chemie“ stimmt.  

Es ist auch sehr wichtig, die Bedürfnisse des Mandanten genau zu verstehen und seine Ziele und Interessen klar zu identifizieren. Nur so kann eine maßgeschneiderte und effektive Beratung erfolgen, die den Mandanten wirklich unterstützt und ihm das Gefühl gibt, in guten Händen zu sein. 

Darüber hinaus ist es wichtig, dem Mandanten mit Verständnis und Geduld zu begegnen, insbesondere in stressigen und herausfordernden Situationen. Auch die Fähigkeit, komplexe rechtliche Sachverhalte verständlich zu erklären, trägt maßgeblich dazu bei, eine erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen. 

Welche Art von Mandanten nimmt Ihre länderübergreifende Beratung in Anspruch? 

Es sind überwiegend kleine und mittlere Unternehmen aus dem DACH-Raum. 

In welchen Situationen suchen diese Unternehmen aus dem DACH-Raum am häufigsten Ihren Rat? 

Ratsuchende aus dem DACH-Raum wenden sich am häufigsten in wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten an mich. Typische Fälle betreffen zum einen Probleme im Zusammenhang mit der Nichterfüllung oder der fehlerhaften Erfüllung von wirtschaftlichen Verträgen. Diese Art von Streitigkeiten ist besonders häufig, da die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen in Polen und dem DACH-Raum seit mehreren Jahren sehr intensiv sind und es dabei natürlich auch zu rechtlichen Konflikten kommt. 

Zum anderen gibt es auch sehr häufig Fragen nach rechtlicher Betreuung eines polnischen Unternehmens, das die Tochtergesellschaft eines Rechtssubjekts aus dem DACH-Raum ist. Hier geht es also um die Vorbereitung der nötigen arbeitsrechtlichen und handelsrechtlichen Dokumentation, die Vertretung vor Ämtern und Gerichten sowie um sonstige laufende rechtliche Unterstützung im Geschäftsalltag. 

Es gibt aber auch manchmal Anfragen von Privatpersonen, die fachliche rechtliche Unterstützung in Polen benötigen. In solchen Fällen versuche ich auch, wenn möglich, Hilfe zu leisten, die den Bedürfnissen dieser Mandanten gerecht wird. 

Seit 2019 haben Sie ein Profil bei anwalt.de. Wie sind Sie auf uns als deutsches Legal-Tech-Unternehmen aufmerksam geworden und warum haben Sie sich für ein anwalt.de-Profil entschieden? 

Auf anwalt.de wurde ich durch einen befreundeten deutschen Anwalt aufmerksam gemacht. Nachdem ich mir das Portal anschaute, entschied ich mich, dort ein Profil zu erstellen, da ich gesehen habe, dass anwalt.de eine Plattform ist, die eine Vielzahl von deutschsprachigen Anwälten versammelt. Der Service ist vertrauenswürdig und verfügt über eine langjährige Geschichte, was dazu beigetragen hat, dass ich mich für ein Profil entschieden habe. 

Wie hilft Ihnen das Profil bei anwalt.de, Mandanten aus dem DACH-Raum zu gewinnen? 

Ich sehe darin die Möglichkeit, meine Dienstleistungen im deutschsprachigen Raum zu präsentieren und Mandanten, die eine fundierte rechtliche Beratung suchen, besser zu erreichen. anwalt.de bietet eine vertrauenswürdige Umgebung, in der Mandanten gezielt nach spezialisierten Anwälten suchen können. 

Viele Mandanten schätzen die Möglichkeit, über anwalt.de mit mir direkt Kontakt aufzunehmen und die Bewertungen anderer einzusehen, was ihnen zusätzliche Sicherheit gibt. Somit hat mir das Profil geholfen, meine Reichweite zu erweitern und gezielt Mandanten aus dem deutschsprachigen Raum zu gewinnen, die eine qualifizierte rechtliche Unterstützung in Polen suchen. 

Welche anderen Marketingstrategien nutzen Sie, um Ihre Dienstleistungen im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen? 

Anwälte in Polen dürfen keine Werbung im traditionellen Sinne machen. Dennoch gibt es verschiedene zulässige Maßnahmen, die dabei helfen, unsere Dienstleistungen im deutschsprachigen Raum bekannter zu machen. 

Ein wichtiger Bestandteil ist die Pflege von professionellen Profilen, wie zum Beispiel auf LinkedIn. Hier informieren wir regelmäßig über aktuelle Entwicklungen im polnischen Recht und teilen relevante Neuigkeiten, was uns ermöglicht, mit potenziellen Mandanten und Partnern in Kontakt zu treten und unsere Expertise zu demonstrieren. 

Darüber hinaus ist eine gut gestaltete und informative Website der Kanzlei von großer Bedeutung. Sie dient als zentrale Anlaufstelle, wo Interessenten detaillierte Informationen über uns und unsere Dienstleistungen finden können. 

Ratsuchende orientieren sich bei der Anwaltssuche im Internet stark an Bewertungen. Spielt das Ihrer Erfahrung nach bei der Wahl eines ausländischen Anwalts vielleicht sogar eine noch größere Rolle? 

Ja, definitiv. Bewertungen spielen eine äußerst wichtige Rolle, insbesondere bei der Wahl eines ausländischen Anwalts. Mandanten, die nach rechtlicher Unterstützung im Ausland suchen, haben oft weniger Möglichkeiten, sich persönlich ein Bild von einem Anwalt zu machen. Daher sind sie stark auf die Erfahrungen und Meinungen anderer Mandanten angewiesen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. 

Positive Bewertungen schaffen Vertrauen und geben potenziellen Mandanten die Sicherheit, dass sie in guten Händen sind. Meiner Erfahrung nach helfen gute Bewertungen nicht nur dabei, Kompetenz und Professionalität zu vermitteln, sondern sie machen es auch wahrscheinlicher, dass sich Ratsuchende für die Zusammenarbeit entscheiden. 

Gibt es etwas, worauf Sie in der Kommunikation mit ausländischen Mandanten, die mit dem polnischen Rechtssystem nicht vertraut sind, besonders achten? 

Zunächst ist es mir wichtig, komplexe rechtliche Sachverhalte in einer klaren und verständlichen Sprache zu erklären, ohne unnötigen Fachjargon zu verwenden. Es ist entscheidend, dass der Mandant die rechtlichen Implikationen und möglichen Schritte vollständig versteht. 

Ich lege großen Wert darauf, eine offene und transparente Kommunikation zu pflegen. Dazu gehört, alle möglichen Risiken und Chancen ehrlich darzustellen und sicherzustellen, dass der Mandant sich gut informiert und unterstützt fühlt. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die kulturelle Sensibilität. Schließlich ist es für mich von größter Bedeutung, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, indem ich auf die individuellen Bedürfnisse des Mandanten eingehe und ihm das Gefühl gebe, dass seine Anliegen ernst genommen werden und er in jeder Phase des Verfahrens gut betreut wird. 

Welche Herausforderungen sehen Sie in der länderübergreifenden Rechtsberatung zwischen Polen und dem DACH-Raum? 

Eine der Herausforderungen ist die Bewältigung der Unterschiede in den Rechtssystemen. Obwohl es in Europa eine gewisse Harmonisierung der Gesetze gibt, bleiben viele nationale Regelungen und Verfahren bestehen, die es zu verstehen und zu berücksichtigen gilt. Dies erfordert zum Beispiel bei deutsch-polnischen Projekten eine gute Zusammenarbeit zwischen den Anwälten aus beiden Ländern. 

Eine weitere Herausforderung besteht in der kulturellen und geschäftlichen Diversität. Mandanten aus dem DACH-Raum haben oft unterschiedliche Erwartungen und Geschäftsgepflogenheiten im Vergleich zu polnischen Mandanten. Es ist wichtig, diese Unterschiede zu erkennen und in der Beratung entsprechend darauf einzugehen, um Missverständnisse zu vermeiden und eine effektive Kommunikation sicherzustellen. 

Schließlich ist auch die Anpassung an unterschiedliche rechtliche Standards und Erwartungen eine Herausforderung. Mandanten aus dem DACH-Raum erwarten oft einen bestimmten Standard in der Rechtsberatung, der sich von dem in Polen üblichen unterscheiden kann. Hier gilt es, diesen Erwartungen gerecht zu werden und gleichzeitig die Besonderheiten des polnischen Rechtsrahmens zu berücksichtigen. Ich sage dabei manchmal, dass wir als Kanzlei auf Grundlage des polnischen Rechts beraten, aber deutsche Qualität gewährleisten. 

Welche Rolle spielt Legal Tech und KI in Ihrer Arbeit, insbesondere im Kontext der länderübergreifenden Rechtsberatung? 

Durch den Einsatz von Legal Tech können viele administrative und repetitive Aufgaben effizienter gestaltet werden, was uns Anwälten ermöglicht, uns stärker auf die strategische und inhaltliche Beratung zu konzentrieren. 

Legal Tech bietet auch die Möglichkeit, komplexe Rechtsinformationen verständlicher, zum Beispiel grafisch, darzustellen, was insbesondere für Mandanten aus dem Ausland, die nicht mit dem polnischen Rechtssystem vertraut sind, von Vorteil ist.  

KI-gestützte Tools helfen uns, große Mengen an juristischen Dokumenten schnell zu analysieren, relevante Informationen zu extrahieren und Risiken frühzeitig zu identifizieren. Dies ist besonders wertvoll in der länderübergreifenden Beratung, wo oft umfangreiche Dokumentationen in verschiedenen Sprachen und Rechtsordnungen geprüft werden müssen. 

Trotz dieser Vorteile bleibt aber immer noch der menschliche Faktor entscheidend. Die Technologie unterstützt uns immer mehr, aber letztlich sind es unsere Erfahrung, unser Fachwissen und unser Verständnis der Mandantenbedürfnisse, die den Erfolg unserer Arbeit ausmachen. 

Wie wichtig sind länderübergreifende Netzwerke und internationale Zusammenarbeit für Ihre Arbeit?

Internationale Netzwerke und Kooperationen mit anderen Kanzleien sind für unsere Arbeit von großer Bedeutung, insbesondere im Bereich der länderübergreifenden Rechtsberatung. Diese Netzwerke ermöglichen es uns, auf lokales Fachwissen und Expertise in verschiedenen Jurisdiktionen zurückzugreifen, was besonders wertvoll ist, wenn es um komplexe internationale Fälle geht, die mehrere Rechtsordnungen betreffen. 

Durch die Zusammenarbeit mit Partnerkanzleien im Ausland können wir unseren Mandanten umfassendere und besser abgestimmte Lösungen anbieten. Solche Kooperationen helfen uns auch dabei, aktuelle Entwicklungen und Trends in verschiedenen Ländern besser zu verstehen und darauf zu reagieren. Dies trägt dazu bei, dass wir unsere Mandanten nicht nur rechtlich, sondern auch strategisch optimal beraten können. Darüber hinaus stärken internationale Netzwerke das Vertrauen unserer Mandanten. 

Rechtsanwältin Aleksandra Surowiecka ist Partnerin der Kanzlei RBP Legal, die ihren Sitz in der polnischen Stadt Wroclaw (Breslau) hat. Sie ist spezialisiert auf Handelsrecht und begleitet Unternehmen in jeder Phase der Geschäftstätigkeit. Daneben leistet sie Rechtsberatung im IT- und Urheberrecht.

(THH; ZGRA)

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Foto(s): ©privat/Aleksandra Surowiecka

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