Leitentscheidungsverfahren des BGH im Scraping-Komplex (DS-GVO-Verstoß Facebook): Ansprüche verjähren zum 31.12.2024.
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Das Revisionsverfahren mit dem Az. VI ZR 10/24 bezüglich etwaiger Datenschutzverstöße im sog. Scraping-Komplex wurde durch das unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüch aus der DS-GVO zuständige VI. Zivilsenat zu einem Leitentscheidungsverfahren bestimmt. Damit macht der BGH Gebrauch von der neu geschaffenen Vorschrift des § 552b ZPO, welche dem BGH ermöglicht, ein bei ihm anhängiges Revisionsverfahren zum Leitentscheidungsverfahren zu bestimmen, wenn im betroffenen Revisionsverfahren eine große Zahl an Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung für viele Verfahren von Bedeutung sind.
Da es sich vorliegend beim sog. Scraping-Komplex um Datenschutzverstöße handelt, die eine Vielzahl an Betroffenen mit ähnlichen Verfahren umfassen, erscheint die Bestimmung zum Leitentscheidungsverfahren als sinnvoll und zielführend, insbesondere aber auch um die Gerichte der unteren Instanzen zu entlasten.
Welcher Sachverhalt liegt dem Revisionsverfahren zugrunde?
Im April 2021 kam es bei Facebook zu einem massiven Datendiebstahl (sog. Scraping), bei dem mehrere Millionen an Nutzerdaten abgegriffen und öffentlich verbreitet wurden. Dieser Umstände führten dazu, dass Betroffene gegen das Mutterunternehmen Meta Schadensersatzklagen bei den jeweiligen Gerichten einreichten, die weitgehend erfolglos blieben.
Welche Fragen warf das Revisionsverfahren auf?
- Liegt in der von Facebook (Mutterunternehmen: Meta) bei Implementierung der Kontakt-Import-Funktion vorgenommenen Standardvoreinstellung auf "alle" ein Verstoß der Beklagten gegen die DS-GVO i. S. d. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO vor?
- Ist der Kontrollverlust über die gescrapten und mit der Mobilfunknummer der jeweiligen Betroffenen verknüpften Daten geeignet, einen immateriellen Schaden gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO darzustellen?
- Wie wäre in solch einem Fall der immaterielle Schaden zu bemessen?
- Wie hoch sind die Anforderungen am Vortrag des Klägers, um einen ihm zu ersetzenden Schaden nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zu beweisen?
- Genügt für das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO in solchen Fällen die bloße Möglichkeit des Eintritts künftiger Schäden?
- Sind die vom Kläger gestellten Unterlassungsanträge bestimmt genug i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO?
Der BGH hat sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung von heute klar zugunsten der Verbraucher, mit anderen Worten zugunsten Betroffener, positioniert.
Insbesondere teilte der BGH im Rahmen der Verhandlung mit, dass seiner Ansicht nach der faktische Kontrollverlust über personenbezogene Daten genügt, um einen immateriellen Schaden gem. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zu begründen. Der EuGH hatte dies bereits in einer vergangenen Entscheidung so klargestellt, jedoch gab es aufgrund einiger Urteile deutscher Gerichte, die hiervon abgewichen sind, Rechtsunsicherheit, die nunmehr geklärt sein dürfte.
Emotionale Belastung durch DS-GVO-Verstoß adé!
Weiterhin erklärte der Vorsitzende Richter Seiters diesbezüglich, dass insbesondere keine weiteren Nachweise der Betroffenen dahingehend erforderlich seien, dass Ängste oder Befürchtungen in Verbindung mit dem Kontrollverlust über die eigenen personenbezogenen Daten seitens der Betroffenen vorliegen. Ein solcher Nachweis würde sich allenfalls in der Erhöhung der Schadensersatzsumme niederschlagen, darf aber den grundsätzlich vorliegenden immateriellen Schaden verneinen, wenn eine solche Belastung nicht vorliegen sollte.
Schadensersatz im vierstelligen Bereich möglich. Ansprüche sind jedoch gefährdet aufgrund der Verjährung!
Da die Vorfälle im Jahre 2021 liegen, ist Fristbeginn gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB Ende 2021, sodass die Frist zur Geltendmachung Ihrer Ansprüche am 31.12.2024 um 23:59:59 Uhr endet. Wenn Sie Ihre Ansprüche nach diesem erfolgreichen Revisionsverfahren nunmehr gegen das Unternehmen Meta geltend machen wollen, sollten Sie sich beeilen und anwaltlichen Rat einholen.
Gerne helfe ich Ihnen bei jeglichem datenschutzrechtlichen Anliegen! Besuchen Sie auch die Internetpräsenz meiner Kanzlei unter www.lissermann-law.de.
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