Marco Reus - einmal falsch abgebogen?!

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Marco Reus – oder die Geschichte eines teuren Strafzettels

Marco Reus ist zurzeit in aller Munde: Wechselt er zum Ende der Saison oder wechselt er nicht, und wenn er wechselt, für welchen Verein wird er sich entscheiden? Daneben sorgt der begnadete Fußballer aktuell als Verkehrsteilnehmer für Schlagzeilen. Wie im Laufe der Woche bekannt wurde, ist ein Strafbefehl gegen den Dortmunder am Mittwoch rechtskräftig geworden – mit teuren Folgen. Marco Reus muss nun 540.000 € zuzüglich der Verfahrenskosten an die Staatskasse zahlen.

Ein teurer Strafzettel oder doch mehr?

Die Staatsanwaltschaft Dortmund wirft Marco Reus vor, in sechs Fällen den Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis erfüllt zu haben. Ein Straftatbestand, der in § 21 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) normiert ist und der als Strafe Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vorsieht. Mitnichten ist die nun im Raum stehende Geldstrafe bloß ein teures Knöllchen – denn ein rechtskräftiger Strafbefehl steht einem Gerichtsurteil gleich.

Das Strafbefehlsverfahren ist ein prozessuales Vorgehen, das vor allem bei leichterer Kriminalität Anwendung findet. Es wird auf eine Verhandlung vor Gericht verzichtet und es kommt auf dem Schriftweg zu einer Verurteilung. So auch im Fall von Marco Reus: Die Staatsanwaltschaft stellte nach Ende der Ermittlungen einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls bei dem zuständigen Gericht. Nachdem das Gericht den Strafbefehl erlassen hat, wird er dem Angeschuldigten zugestellt. Nach Zustellung ist der Angeschuldigte als Angeklagter zu bezeichnen. Der Angeklagte, also auch Marco Reus, hat – nachdem er den Strafbefehl bekommen hat – zwei Wochen Zeit dagegen Einspruch einzulegen. Dann käme es zu einer gerichtlichen Hauptverhandlung. Verstreicht die Einspruchsfrist, wird der Strafbefehl rechtskräftig. Dann ist die darin festgelegte Strafe zu bezahlen. Vielleicht auch, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen, hat sich Marco Reus entschieden, keinen Einspruch einzulegen.

Ist Marco Reus ein Straftäter?

Nach dem Strafgesetzbuch (StGB) ist man Täter einer Straftat, wenn man die Straftat selbst begeht. Marco Reus hat den Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis sogar in sechs Fällen erfüllt. Die Bezeichnung Straftäter ist in diesem Zusammenhang also nicht falsch. Ist Marco Reus nun auch vorbestraft? Bei der Beurteilung der Vorbestrafung muss man unterschieden zwischen der Eintragung ins Bundeszentralregister und dem sog. polizeilichen Führungszeugnisses. Eine jede Verurteilung, ganz gleich welcher Art und Höhe wird im Bundeszentralregister eingetragen. Da der rechtskräftige Strafbefehl einem Urteil gleichsteht, weist nun auch das Bundeszentralregister von Marco Reus eine strafrechtliche Eintragung auf. Das polizeiliche Führungszeugnis hingegen ist ein Ausschnitt aus dem Bundeszentralregister. Dort tauchen geringfügige Erstverurteilungen nicht auf.

540.000 € als geringfügige Erstverurteilung?

Nun könnte man meinen, allein aufgrund der Höhe der Strafe scheidet eine geringfügige Erstverurteilung aus. Die Annahme ist aber nicht richtig. Eine Geldstrafe setzt sich immer aus zwei Teilen zusammen: Der Anzahl der Tagessätze und der Höhe der Tagessätze. Die Tagessatzanzahl bemisst sich an der Schwere der Tat, hier spielen Art der Begehung und Häufigkeit der Wiederholungen eine Rolle. Die Tagessatzhöhe richtet sich nach dem Einkommen des Verurteilten, als Faustformel gilt hierfür das Nettomonatseinkommen geteilt durch 30. Im Fall von Marco Reus wurde im Strafbefehl eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen festgelegt. Die Tagessatzhöhe beläuft sich auf 6000 € - macht bei 90 Tagessätzen eine Geldstrafe von insgesamt 540.000 €. Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen gelten aber noch als geringfügige Erstverurteilung und stehen nicht im polizeilichen Führungszeugnis.
Die Unterscheidung von Tagessatzanzahl und Tagessatzhöhe soll die Gleichheit eines jeden Bürgers vor dem Gesetz gewährleisten – eine Geldstrafe von beispielsweise 90 Tagessätzen soll dem Fußballprofi ebenso weh tun, wie dem Angestellten. Die Tagessatzhöhe ist auf maximal 30.000 €, die Tagessatzanzahl für eine Tat auf 360 und bei mehreren Taten auf 720 begrenzt.

Darf Marco Reus nun seinen Führerschein machen?

Den Zeitungsberichten nach möchte Marco Reus nun sofort seinen Führerschein machen. Scheinbar ist ihm dieser Weg trotz des Strafbefehls noch möglich, denn die Berichte gehen davon aus, dass ihm zusätzlich zur Geldstrafe keine Sperrfrist zur Erteilung einer Fahrerlaubnis auferlegt wurde. Die Sperrfrist ist eine weitere Möglichkeit, Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges begangen wurden, zu sanktionieren. Denn in solchen Fällen kann das Gericht eine Fahrerlaubnis entziehen, wenn es davon ausgeht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Außerdem wird eine Sperrfrist von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis auferlegt. Die Sperrfrist kann isoliert auferlegt werden, wenn der Täter nie eine Fahrerlaubnis hatte, so wie Marco Reus. Eigentlich ist die Annahme der Ungeeignetheit in den Fällen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nahe liegend. Warum das Gericht bei Marco Reus von einer isolierten Sperrfrist abgesehen hat, kann aus der Ferne kaum beurteilt werden. Vielleicht konnte ein versierter Strafverteidiger ausreichende Argumente zur Akte reichen, die das Gericht dazu führte, Marco Reus als geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
Ohne Sperrfrist kann Marco Reus also nun zur Fahrschule gehen und seinen Führerschein machen, um die Geldstrafe von rund einer halben Millionen Euro kommt er nicht herum.

Falsch abgebogen?

Marco Reus muss sich nun eine erhebliche, strafrechtliche Verfehlung vorwerfen lassen, das Fahren ohne Fahrerlaubnis über einen so langen Zeitraum und mit den Begleiterscheinungen (z. B. holländischer Führerschein, weitere Knöllchen etc.) ist kein Kavaliersdelikt. Sein Trainer Jürgen Klopp hat völlig Recht, der Kreativspieler von Borussia Dortmund sei falsch abgebogen. Im Nachhinein halten sich die Folgen für Marco Reus trotz der Geldstrafe in Grenzen: Sein polizeiliches Führungszeugnis ist weiterhin sauber, er kann sofort seinen Führerschein machen und weitere Taten wurden ebenfalls nicht ermittelt. Dabei hätte vielleicht schon ein Auskunftsverlangen bei der Geschäftsstelle von Borussia Dortmund gereicht, um zu erfahren an welchen Tagen im Jahr die Nr. 11 des BVB mit dem Auto zum Training kam.

Ob sein zukünftiger oder jetziger Arbeitgeber jedoch von einer Verpflichtung Abstand nehmen würde, wenn das polizeiliche Führungszeugnis nicht sauber wäre, darf zumindest stark bezweifelt werden. Und Marco Reus würde auch mit Sperrfrist Mittel und Wege finden, zum täglichen Training zu kommen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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