Mehrere Fahrverbote: Bundesgerichtshof stärkt die Rechte der Betroffenen
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Ein Fahrverbot im Straßenverkehr kann für den Betroffenen weitreichende persönliche und berufliche Folgen haben. Umso ärgerlicher ist es, wenn er zweimal hintereinander in eine Radarfalle rauscht und hierfür von der Bußgeldstelle jeweils ein Fahrverbot verhängt wird. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass im konkreten Fall nur ein Fahrverbot festzusetzen und zu verbüßen ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.12.2015 – 4 StR 227/15).
Geschwindigkeitsübertretung und Verbüßung von mehreren Fahrverboten
Am 24. April 2014 befuhr der Betroffene mit einem Pkw die Bundesautobahn A2 mit mindestens 160 km/h. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug jedoch 100 km/h. Knapp zwei Monate später wurde der Mann wieder geblitzt. Er fuhr 150 km/h, obwohl auf dem Streckenabschnitt nur 100 km/h erlaubt waren.
Das Amtsgericht Bielefeld hat den Betroffenen am 24. November 2014 wegen zweifacher fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu der Geldbuße von insgesamt 400 Euro verurteilt. Zusätzlich ordnete das Gericht gemäß § 25 Straßenverkehrsgesetz (StVG) für beide Taten jeweils ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat an.
Der Fahrer legte gegen das Urteil Rechtsbeschwerde ein. Das Oberlandesgericht Hamm, das für die Sache zuständig war, teilte die Auffassung des Amtsgerichts. Auch wenn über zwei Bußgeldsachen in einer Verhandlung entschieden wird, kann hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot verhängt werden, so das Oberlandesgericht. Um diese Rechtsfrage zu klären, legte der zuständige Bußgeldsenat die Sache durch Beschluss dem Bundesgerichtshof (BGH) vor:
„Kann bei zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen, die jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets lediglich ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden oder ist es möglich, hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot – mithin zwei Fahrverbote nebeneinander – zu verhängen?“
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Fahrer recht. Wird über zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen und jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können, gleichzeitig entschieden, so ist nur ein einheitliches Fahrverbot zu verhängen, so der Entscheidungstenor des Bundesgerichtshofs.
Wie begründet der Bundesgerichtshof seine Entscheidung zum Fahrverbot?
Zunächst begründet der BGH seine Entscheidung mit dem Wortlaut des Gesetzes. § 20 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) besagt: „Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.“ Wie bei Vorliegen von Tatmehrheit hinsichtlich eines Fahrverbots zu verfahren ist, regelt das Gesetz jedoch nicht. Die Norm müsse nach Ansicht des BGH verfassungskonform ausgelegt werden. Daraus ergebe sich, dass nur auf ein Fahrverbot zu erkennen sei.
Die Karlsruher Richter argumentieren außerdem mit dem Willen des Gesetzgebers. Das Fahrverbot ist eine Nebenfolge. Die Verhängung des Fahrverbots wirke daher präventiv als „Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme“. In Anbetracht dessen sei eine Verhängung von nur einem Fahrverbot angebracht. Zwei Fahrverbote sind nach Ansicht des BGH nicht zweckmäßig und halten einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Deshalb sollen die zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen zusammen betrachtet und nur ein Fahrverbot verhängt werden.
Rechtsanwalt Gregor Samimi ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Strafrecht in Berlin (Steglitz-Zehlendorf). Telefonnummer neben diesem Rechtstipp. ✩ Kontaktieren Sie uns über unsere Website. Wir helfen Ihnen gerne weiter!
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