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Mitarbeiter Bewertungsportale: Bedeutung, Chancen und Risiken für Arbeitgeber

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Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu, Glassdoor und Indeed spielen eine zentrale Rolle in der modernen Arbeitswelt, indem sie eine Plattform für aktuelle und ehemalige Mitarbeiter bieten, um Erfahrungen mit Unternehmen zu teilen. Diese Bewertungen werden zunehmend von Bewerbern genutzt, um Einblicke in potenzielle Arbeitgeber zu gewinnen, was die Bedeutung dieser Portale für das Employer Branding und das Recruiting unterstreicht. Ungefiltertes Feedback auf diesen Portalen kann Unternehmen authentische Einblicke in ihre Unternehmenskultur geben und dabei helfen, ihre Außendarstellung als attraktiver Arbeitgeber zu verbessern. Negatives Feedback birgt zwar Risiken wie Image-Schädigung, bietet jedoch auch Chancen zur internen Verbesserung und zur Demonstration von Veränderungsbereitschaft. Arbeitgeber können auf Bewertungen reagieren, um Engagement zu zeigen und das Unternehmensimage aktiv zu gestalten. Darüber hinaus sind rechtliche Grenzen der Meinungsfreiheit bei Bewertungen zu beachten, wobei Unternehmen unter bestimmten Umständen die Löschung fordern können. Insgesamt sollten Unternehmen Bewertungsportale als Chance begreifen, um im Kampf um qualifizierte Fachkräfte Vorteile zu erlangen, indem sie die Portale aktiv in ihre Employer-Branding-Strategie einbeziehen.

Bewertungen sind die neue Währung im Internet. Ob Hotels, Restaurants oder Produkte - fast überall können Nutzer ihre Erfahrungen teilen. Seit einigen Jahren gibt es auch in Deutschland immer mehr Portale, auf denen Angestellte ihre Arbeitgeber bewerten können. Was in den USA längst etabliert ist, gewinnt hierzulande zunehmend an Bedeutung. Der Marktführer Kununu verfügt mittlerweile über 4,4 Millionen Bewertungen und fast eine Million Arbeitgeber in seiner Datenbank.

Doch was bedeutet diese Entwicklung für Unternehmen? Welche Chancen und Risiken bergen Mitarbeiterbewertungsportale? Und wie können Arbeitgeber die Plattformen zu ihrem Vorteil nutzen? Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick.

Was sind Arbeitgeberbewertungsportale?

Arbeitgeberbewertungsportale sind Online-Plattformen, auf denen aktuelle und ehemalige Mitarbeiter ihre Arbeitgeber anhand verschiedener Kriterien bewerten können. Die Bewertungen erfolgen meist anonym und umfassen Aspekte wie Arbeitsatmosphäre, Work-Life-Balance, Gehalt, Führungsstil, Karrieremöglichkeiten und Unternehmenskultur.

Die Portale dienen vor allem Bewerbern als Informationsquelle, um einen tieferen Einblick in potenzielle Arbeitgeber zu erhalten. Laut einer Studie von Bitkom liest fast jeder zweite berufstätige Internetnutzer (45 Prozent) entsprechende Bewertungen im Netz. Bei den 14- bis 29-Jährigen ist es sogar jeder Zweite (52 Prozent).

Für Unternehmen bedeutet dies: Die Darstellung auf Bewertungsportalen kann maßgeblich darüber entscheiden, ob qualifizierte Bewerber überhaupt Interesse an einer Stelle zeigen. Die Plattformen sind damit zu einem wichtigen Instrument des Employer Brandings geworden.

Die wichtigsten Arbeitgeberbewertungsportale im Überblick

Kununu

Als Marktführer im deutschsprachigen Raum verfügt Kununu über mehr als vier Millionen Bewertungen und etwa 900.000 gelistete Arbeitgeber. Das Portal, das mittlerweile zu XING gehört, ermöglicht anonyme Bewertungen in verschiedenen Kategorien. Besonders Wert legt Kununu auf Informationen zur Unternehmenskultur und zu Gehältern. Alle Bewertungen sind ohne Anmeldung einsehbar, zum Bewerten ist jedoch eine Registrierung erforderlich.

Glassdoor

Der US-amerikanische Anbieter ist seit 2015 auch in Deutschland aktiv. Glassdoor bietet neben Arbeitgeberbewertungen auch Gehaltsangaben, Informationen zu Vorstellungsgesprächen und offene Stellenangebote. Die Bewertung erfolgt über ein Fünf-Sterne-System. Ein Vorteil: Unternehmen können auf Bewertungen antworten und so direkt mit Kritik umgehen. Nachteil ist die notwendige Anmeldung für eine vollständige Nutzung.

Indeed

Ursprünglich als Jobbörse gestartet, bietet Indeed mittlerweile auch Arbeitgeberbewertungen an. Bewertet wird in Kategorien wie Work-Life-Balance, Vergütung, Jobsicherheit und Unternehmenskultur. Ein Pluspunkt: Indeed zeigt neben Bewertungen auch häufig gestellte Fragen zu einem Unternehmen an, was Jobsuchenden einen schnellen Überblick verschafft.

Weitere Portale

Neben den genannten gibt es weitere Plattformen wie Jobvoting, MeinChef oder spezialisierte Portale wie meinpraktikum.de, die sich auf bestimmte Zielgruppen konzentrieren.

Bedeutung von Bewertungsportalen für das Recruiting

Die Bedeutung von Arbeitgeberbewertungsportalen für das Recruiting kann kaum überschätzt werden. Die Bitkom-Studie zeigt dies eindrucksvoll: 84 Prozent der wechselwilligen Interessenten werden durch Bewertungen in ihrer Entscheidung beeinflusst. Besonders alarmierend: 54 Prozent haben sich nach dem Lesen der Bewertungen gegen ein Unternehmen als Arbeitgeber entschieden.

Der Besuch einer Bewertungsseite gehört heute fest zur "Candidate Experience" bei Bewerbern. Bevor eine Bewerbung abgeschickt wird, informieren sich viele potenzielle Kandidaten über das Unternehmen auf Bewertungsportalen. Diese Außenwahrnehmung kann entscheidend sein für den Erfolg der Personalbeschaffung.

Norbert Huchler, Arbeitsforscher am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung München, sieht in den Portalen sogar einen Treiber für interne Veränderungen: "Die Außendarstellung und der Fachkräftemangel können dazu führen, dass über Bewertungsportale Veränderungsdruck in die Unternehmen hineingetragen wird, etwa bezüglich der Arbeitsgestaltung und der Beschäftigungsbedingungen."

Chancen für Arbeitgeber

Authentisches Employer Branding

Bewertungsportale bieten Unternehmen die Möglichkeit, authentisches Employer Branding zu betreiben. Statt hochglanzpolierter Selbstdarstellung in Broschüren oder auf der Karrierewebseite können echte Mitarbeitermeinungen das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber präsentieren. Positive Bewertungen wirken glaubwürdiger als Eigenwerbung und können das Image nachhaltig stärken.

Optimierung der Selbstdarstellung

Die meisten Portale ermöglichen es Unternehmen, sich selbst zu präsentieren. Diese Chance sollte genutzt werden. Eine gute Unternehmensbeschreibung auf Bewertungsportalen sollte:

  • Kurz und prägnant sein
  • Die Vorteile als Arbeitgeber herausstellen
  • Aufzeigen, warum es Spaß macht, dort zu arbeiten
  • Wichtige Sonderleistungen betonen
  • Bewerber ansprechen, nicht Kunden

Bei der Selbstdarstellung geht es weniger um Erfolge und Produkte, sondern um weiche Faktoren wie Unternehmenskultur und Vision.

Frühzeitiges Feedback und Verbesserungspotenzial

Bewertungsportale können als wertvolle Feedbackquelle dienen. Mitarbeiter äußern dort oft Kritik, die sie intern vielleicht nicht anbringen würden. Diese Informationen können genutzt werden, um Schwächen zu identifizieren und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Ein proaktiver Umgang mit Kritik zeigt zudem Bewerbern, dass das Unternehmen offen für Veränderungen ist.

Herausforderungen und Risiken

Negative Bewertungen und deren Auswirkungen

Negative Bewertungen können das Image eines Unternehmens erheblich schädigen und potenzielle Bewerber abschrecken. Besonders problematisch wird es, wenn sich kritische Stimmen häufen oder bestimmte Probleme wiederholt angesprochen werden. Die Herausforderung besteht darin, angemessen auf Kritik zu reagieren und gleichzeitig authentisch zu bleiben.

Umgang mit unberechtigter Kritik

Nicht jede negative Bewertung ist berechtigt. Manchmal stecken persönliche Enttäuschungen, Missverständnisse oder sogar böswillige Absichten dahinter. Dennoch sollten Unternehmen vorsichtig damit sein, Bewertungen als "gefälscht" oder "unqualifiziert" abzutun. Ein solcher Abwehrreflex wirkt oft unprofessionell und verstärkt negative Eindrücke noch.

Manipulation und gefälschte Bewertungen

Es besteht die Gefahr, dass Bewertungsportale manipuliert werden - sowohl von Arbeitgebern als auch von Konkurrenten oder unzufriedenen Ex-Mitarbeitern. Manche Unternehmen versuchen, durch gefälschte positive Bewertungen ihr Image aufzupolieren oder Mitarbeiter für gute Bewertungen zu belohnen. Solche Praktiken können jedoch schnell durchschaut werden und dem Ruf mehr schaden als nutzen.

Strategien für den optimalen Umgang mit Bewertungsportalen

Aktives Monitoring und Management

Ein professionelles Monitoring der Bewertungsportale sollte fester Bestandteil des Employer Brandings sein. Dazu gehört, regelmäßig alle relevanten Plattformen zu überprüfen und auf neue Bewertungen zeitnah zu reagieren. Viele Portale bieten mittlerweile Alert-Funktionen an, die Unternehmen über neue Bewertungen informieren.

Professionelle Reaktion auf Bewertungen

Bei der Reaktion auf Bewertungen gilt es, einige grundlegende Regeln zu beachten:

  1. Bei positiven Bewertungen: Individuell bedanken, keine Standardantworten verwenden. Die Authentizität bleibt so gewahrt.

  2. Bei negativen Bewertungen: Eine neutrale Sprache wählen und nicht in die Defensive gehen. Die eigene Sicht kurz und sachlich darstellen. Konkrete Maßnahmen zur Behebung der kritisierten Punkte aufzeigen, wenn möglich.

  3. Bei unsachlichen Angriffen: Nicht auf eine Diskussion einlassen ("Don't feed the troll"). Stattdessen sachlich bleiben und auf die konstruktiven Aspekte eingehen.

  4. Auf alle Kommentare reagieren: Ignorieren von Bewertungen wird als Desinteresse wahrgenommen und kann die Absprungrate von Bewerbern erhöhen.

Mitarbeiter zu Bewertungen motivieren

Eine effektive Strategie ist, die eigenen Mitarbeiter zu authentischen Bewertungen zu ermutigen. Laut Bitkom hat bereits jeder vierte Internetnutzer (25 Prozent) eine Bewertung für den aktuellen Arbeitgeber hinterlassen, bei den 30- bis 49-Jährigen sind es sogar 32 Prozent.

Wichtig dabei: Die Motivation sollte ohne Druck erfolgen. Überschwängliches Lob wirkt oft unglaubwürdig. Besser ist es, den Mitarbeitern zu erklären, warum ehrliche Bewertungen dem Unternehmen helfen können. Dabei sollte deutlich gemacht werden, dass auch konstruktive Kritik erwünscht ist.

Rechtliche Aspekte von Arbeitgeberbewertungen

Grenzen der Meinungsfreiheit

Die Meinungsfreiheit schützt grundsätzlich auch kritische Äußerungen über Arbeitgeber. Es gibt jedoch Grenzen: Beleidigungen, unwahre Tatsachenbehauptungen und die Preisgabe von Betriebsgeheimnissen sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und können rechtliche Konsequenzen haben.

Möglichkeiten zur Löschung von Bewertungen

Unter bestimmten Umständen können Arbeitgeber die Löschung von Bewertungen verlangen:

  • Bei nachweislich unwahren Tatsachenbehauptungen
  • Bei Beleidigungen oder Schmähkritik
  • Bei Verstößen gegen Vertraulichkeitsvereinbarungen
  • Wenn die Bewertung von Personen stammt, die nie im Unternehmen beschäftigt waren

Die meisten Portalbetreiber haben eigene Prüfverfahren und löschen problematische Bewertungen in der Regel nach entsprechender Meldung. In hartnäckigen Fällen kann auch der Rechtsweg beschritten werden.

Fazit: Bewertungsportale als Chance begreifen

Arbeitgeberbewertungsportale haben sich zu einem wichtigen Element der Arbeitgebermarke entwickelt. Statt sie als Bedrohung zu sehen, sollten Unternehmen die Portale als Chance begreifen:

  1. Authentisches Feedback: Die Portale bieten ungefiltertes Feedback von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern, das für interne Verbesserungen genutzt werden kann.

  2. Glaubwürdige Außendarstellung: Positive Bewertungen wirken authentischer als Eigenwerbung und stärken das Arbeitgeberimage.

  3. Dialog mit Bewerbern: Durch angemessene Reaktionen auf Bewertungen können Unternehmen zeigen, dass sie Feedback ernst nehmen und offen für Verbesserungen sind.

  4. Wettbewerbsvorteil: Ein gutes Standing auf Bewertungsportalen kann im Kampf um Talente den entscheidenden Vorteil bringen.

Jedes Unternehmen wird irgendwann negative Bewertungen erhalten - das ist unvermeidlich. Entscheidend ist der professionelle Umgang damit. Wenn Unternehmen Bewertungsportale aktiv in ihre Employer-Branding-Strategie einbeziehen, können sie nicht nur ihre Außendarstellung verbessern, sondern auch wertvolle Einblicke in die eigene Unternehmenskultur gewinnen.

In einer Zeit, in der der Kampf um qualifizierte Fachkräfte immer härter wird, können es sich Unternehmen schlicht nicht leisten, diesen wichtigen Kommunikationskanal zu vernachlässigen. Bewertungsportale sind gekommen, um zu bleiben - und kluge Arbeitgeber nutzen sie zu ihrem Vorteil.

Foto(s): Thomas Feil

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