Nötigung im Straßenverkehr – Wann macht man sich strafbar?

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Wenn man auf deutschen Autobahnen auf der linken Spur einen LKW überholt, kann man binnen weniger Sekunden damit rechnen, dass von hinten jemand mit der doppelten Geschwindigkeit angeschossen kommt, und die Lichthupe im Rückspiegel aufblitzt. Ist man dann wieder nach rechts ausgewichen, und der Drängler rauscht vorbei, schüttelt man die Faust und erklärt:„ Das ist Nötigung, den zeige ich an! Notier das Kennzeichen, Hilde!“

Doch ist das wirklich so einfach?

Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie:

- Wie das Gesetz „Nötigung“ definiert

- Wann ein Verhalten im Straßenverkehr Nötigung ist

- Wie Nötigung im Straßenverkehr bestraft wird

- Ob man verurteilt werden kann, wenn Aussage gegen Aussage steht

- Was man tun sollte, wenn man wegen Nötigung angezeigt wurde


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Wie definiert das Gesetz „Nötigung“?

Der Straftatbestand der Nötigung findet sich im Strafgesetzbuch unter § 240 und gilt als erfüllt, wenn jemand „einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt“.  Eine Nötigung wäre also beispielsweise gegeben, wenn Sie jemanden auffordern, eine Parkbank zu verlassen, damit Sie sich hinsetzen können, und ihm androhen, ihn andernfalls zusammenzuschlagen. Der Versuch ist strafbar, es kommt also nicht darauf an, ob derjenige tatsächlich die Bank räumt oder nicht.


Wann ist ein Verhalten im Straßenverkehr Nötigung?

Im Straßenverkehr gilt ebenfalls § 240 StGB. Dort sind die klassischen Fälle der Nötigung allerdings eher Drängeln, Schneiden, Lichthupe, Ausbremsen etc.

Allerdings ist zum Beispiel nicht jedes Aufblenden kurz vor dem Überholen eine strafbare Nötigung! Die Straßenverkehrsordnung sieht nämlich vor, dass man, wenn man jemanden überholen will, dies durch kurzes Hupen oder Aufblenden ankündigen kann. Dies gilt als Warnhinweis, nicht als Nötigung.

Ebenso ist das zu dichte Auffahren zunächst einmal nur ein Abstandsverstoß, und damit lediglich eine Ordnungswidrigkeit.

Entscheidende Faktoren für die Strafbarkeit einer Handlung als Nötigung sind Vorsatz des Täters und Furcht des Opfers. Eine fahrlässige Nötigung gibt es nicht. Die Absicht, jemanden unter Druck zu setzen, und ihm den eigenen Willen aufzuzwingen, muss gegeben sein, damit man von einer Nötigung sprechen kann. Ebenso muss das Verhalten des Täters das Opfer in einen Zustand der Angst vor weiteren Konsequenzen versetzen. Wer aufgrund eines kurzen Aufblendens zur Seite fährt, fürchtet sich nicht, er ärgert sich höchstens. Wer unter massivem dichten Auffahren und wiederholter Lichthupe nach rechts ausweicht, tut dies unter dem Eindruck, dass sein Leib und Leben, mindestens aber seine Heckstoßstange in Gefahr sind.


Wie wird Nötigung im Straßenverkehr bestraft?

Da die Beurteilung der Strafbarkeit schwierig und die Liste der möglichen, als Nötigung geltenden Handlungen lang, und nicht abschließend aufgezählt ist, spielt die Beurteilung des konkreten Einzelfalles für die Bestimmung des Strafmaßes eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich wird Nötigung gemäß § 240 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bestraft.

Hierzu muss man sagen, dass Freiheitsstrafen nur in schweren und/oder wiederholten Fällen zu erwarten sind, und in aller Regel mit einer Geldstrafe zu rechnen ist, die in Tagessätzen berechnet, also dem Monatseinkommen des Täters angepasst wird, und erfahrungsgemäß zwischen 20 und 40 Tagessätzen liegt. Abgesehen davon drohen jedoch Punkte in Flensburg und ein dreimonatiges Fahrverbot. Bei schwereren Delikten kann sogar die Fahrerlaubnis entzogen werden, was bedeutet, dass nicht einfach nur der Lappen vorübergehend weg ist, sondern dass ein halbes Jahr und eine MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung) später die Erteilung einer Fahrerlaubnis erst neu beantragt werden muss.


Kann man wegen Nötigung verurteilt werden, wenn Aussage gegen Aussage steht?

Wenn es keine Zeugen gibt, oder diese nicht aufgetrieben werden konnten, geschieht es oft genug, dass Aussage gegen Aussage steht. Als Beklagter zu glauben, damit habe man das System schachmatt gesetzt, und könne nach hause gehen, ist jedoch naiv: In diesem Falle entscheiden die Richter nämlich nach eigenem Ermessen, und wenn die Aussage des Klägers nicht haarsträubend unlogisch ist, werden Sie zu dessen Version der Geschichte tendieren.


Was sollte man tun, wenn man wegen Nötigung im Straßenverkehr angezeigt wurde?

Wie oben erklärt, ist eine Anzeige wegen Nötigung keine Kleinigkeit, und ein Verfahren kann Sie für ein gutes halbes Jahr zum Fußgänger machen und um gut 1000 Euro erleichtern.

Wenn Sie allerdings einen guten Verteidiger haben, kann dieser möglicherweise durchsetzen, dass der Anklagepunkt der Nötigung fallen gelassen werden muss, und Sie nur ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit zahlen müssen.

Es ist also auf jeden Fall ratsam, sich bei einer Anzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr umgehend an einen Fachanwalt für Strafrecht, idealerweise mit einiger Erfahrung im Verkehrsrecht zu wenden.

Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Strafrecht, insbesondere Verkehrsstrafrecht spezialisiert, und streiten bundesweit für Ihr Recht.

Kontaktieren Sie uns per Telefon oder Email und schildern Sie uns im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung Ihren Fall!

Beachten Sie auch den Artikel zum Thema in unserem Rechtsblog: Nötigung im Straßenverkehr


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