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Organspendeausweis – die verkannte Verfügung

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„Bist Du Organspender?“ - eine häufige Frage in Deutschland, zu der jeder ein Gefühl hat, aber selten eine auf Fakten fundierte Meinung. Was sollte man dazu wissen?

Lage in Deutschland

Derzeit warten in Deutschland ca. 10.000 Menschen auf ein lebenswichtiges Organ und einige sterben während sie warten.

Das Transplantationsgesetz regelt die Spende, Entnahme und Vermittlung von Organen. In Deutschland muss man einer Organentnahme ausdrücklich zustimmen (erweiterte Zustimmungslösung), sonst ist sie nicht erlaubt. Im Ausland dagegen muss man meist ausdrücklich widersprechen (Widerspruchslösung), sonst ist sie erlaubt!!! Wer also z.B. in den Urlaub ins Ausland fährt tut gut daran, eine Ablehnung einer Organspende vorher schriftlich zu fixieren, wenn er auf keinen Fall spenden möchte, denn sonst kann er dort als Spender gelten!

In Deutschland ist die private Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) mit Sitz in Frankfurt/Main eine entscheidende Organisation. Die spätere Vermittlung der entnommenen Organe läuft dann über Eurotransplant in Leiden/Niederlande. Zwei private Organisationen, eine davon im Ausland, regeln, ob wer wann welche Organe erhält – manchem erscheint das nicht vertrauenswürdig.

Ablauf einer Organspende

Wenn ein potenzieller Spender stirbt, müssen zuerst zwei Ärzte, die nicht an der späteren Entnahme teilnehmen dürfen, den Hirntod feststellen. Schon diese Feststellung ist medizinisch nicht immer einfach. Angehörige „sollen“ dann informiert werden. Aber zustimmen müssen sie nicht, wenn der Patient eine Zustimmung zur Organentnahme - etwa auf dem Organspendeausweis - erklärt hatte.

Die Entnahme muss schnell erfolgen, vor allem weil bei einem hirntot Verstorbenen der Kreislauf instabil werden kann und eine Entnahme nur bei einem aufrecht erhaltenen Kreislauf möglich ist.

Aus medizinischer Sicht ist eine Entnahme mit Betäubung unnötig, weil die Rezeptoren für Narkotika im - inzwischen zerstörten - Gehirn sitzen und dieses daher ohnehin nicht mehr auf betäubende Wirkung reagiert. Narkosemittels beeinflussen aber auch die Qualität der zu verpflanzenden Organe nicht. Deshalb können zumindest Muskelrelaxantien regelmäßig gegeben werden, um unkontorllierte Muskelzuckungen zu kontrollieren, die die Organentnahme behindern würden.

Die Entnahme erfolgt in der Regel nachts, wo die OP-Säle leer aber die Familien meist nicht vor Ort sind. Aus Sicht der Chirurgen nachvollziehbar, aus Sicht der Angehörigen nicht immer beruhigend, auch wenn am Tag zuvor ein Gespräch der Ärzte mit den Angehörigen stattgefunden hatte.

Spenden oder nicht?

Diejenigen, die nicht spenden wollen, sollten bedenken, dass auch sie oder ihre Familie in Not geraten können. Viele Menschen wollen Organe erhalten – aber nicht selber spenden. Ist das fair? Jedenfalls legal. Daneben sollten Nicht-Spender bedenken, dass in dem Fall, in dem man keiner Entnahme zugestimmt hat, dann auch die eigenen Angehörigen keine Organe von ihnen erhalten können, obwohl das doch „die Familie“ ist, für die die meisten Menschen grundsätzlich doch Organe hergeben würden.

Andererseits sollten diejenigen, die spenden wollen, daran denken, wie sich Angehörige fühlen werden, wenn Ärzte die Organe entnommen haben ohne dass sie Angehörige informiert hatten oder ohne dass die Angehörigen den Patienten noch einmal sehen konnten. Oft bleiben Zweifel über den korrekten Ablauf der Entnahme.

Tipps für die Organspende

Wo regelt man die Organspende? Eine Organverfügung kann separat mit einem Organspendeausweis oder aber noch besser direkt in der Patientenverfügung geregelt werden. Hier kann man auch ausführlicher beschreiben, ob man nur bestimmte Organe spenden will oder bestimmte gerade nicht. Nur bitte Wünsche zur Organspende nie in ein Testament schreiben, da dieses erst Wochen nach dem Tod eröffnet wird und das für eine Organentnahme zu spät ist.

Entscheider einsetzen? Angeregt wird, die normalen Bevollmächtigten aus der Patientenverfügung auch als Entscheider über das Thema Organspende einzusetzen. Dann können sie den Prozess des Sterbens und der Organentnahme als einheitlichen Prozess begleiten und mögliche Widersprüche zwischen Organverfügung und Patientenverfügung auflösen. Das kann zwar eine schwere Bürde für den Entscheider sein, aber so haben er und der Organspender Gewissheit, dass die Prozesse zur Entnahme korrekt laufen und nachvollziehbar sind. Das kann der Familie hinterher etwas Ruhe geben.

Jedenfalls bitte nicht einfach „ja“ auf dem Organspendeausweis ankreuzen. Damit sind die Angehörigen noch nicht informiert, sie dürfen nicht mitentscheiden, sie können den Prozess nicht begleiten und haben hinterher, insbesondere wenn sie nicht informiert wurden, lebenslang Unsicherheit zum Ablauf des Entnahmeprozesses.

Abrufbarkeit

Um sicherzustellen, dass die Angehörigen rechtzeitig infomiert werden, ist eine Abrufbarkeit der Wünsche und Vorgaben zur Organspende in jedem Fall unerlässlich. Es gibt aber kein Zentralregister für Spenderwillige, auch die Bundesnotarkammer oder andere Register erfassen hier nichts. Wer seine Entscheidung zu einer Organentnahme oder -ablehnung hinterlegen will, kann dies nur privat tun.

Die Abrufbarkeit „rund um die Uhr“ und das weltweit ist absolut wichtig, denn das muss auch von unterwegs klappen! Wer wichtige Vorsorgedokumente wie die Organverfügung oder eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung nur zu Hause liegen hat, sollte sich überlegen, wie ein Krankenhaus denn davon erfährt, dass es solche Texte überhaupt gibt, wo diese liegen und wie es darankommt, wenn der Patient doch bewusstlos ist.

Dazu ist es wichtig, dass nicht nur Vorsorgedokumente abrufbar sind, sondern vor allem auch medizinische Notfalldaten wie „notwendige Medikamente“, „Allergien“, „Unverträglichkeiten“ und die „Kontaktdaten behandelnder Ärzte“, denn diese Daten können Leben retten.

Das jederzeitge weltweite Abrufen der Dokumente und medizinischen Notfalldaten funktioniert ganz einfach über einen professionellen Nothilfeausweis, den man bei sich trägt. Hier sollten zu informierende Personen und medizinische Daten eingetragen sein, damit die Angehörigen schnell erreicht werden und der Notarzt überlebenswichtige Informationen erhält.

Ebenso macht es Sinn, weitere ausführlichere Informationen für die Angehörigen bereit zu stellen. Das kann über einen digitalen Nothilfeordner geschehen, auf den man über den Nothilfeausweis online Zugriff erhält.

Daher machen ein Nothilfeausweis und ein Nothilfeordner absolut Sinn. Diese Vorsorgemaßnahmen können Leben retten.

Fazit

Die Organspende ist keine einfache Entscheidung. Legt man sich aber fest, ist diese Entscheidung auch von Dritten wie Ärzten und Angehörigen zu akzeptieren, wenn sie wirksam verfasst sind. Gerade eine Organverfügung sollte jederzeit weltweit abrufbar sein.

Die Abrufbarkeit einer Organentscheidung, aber auch die der sonstigen Vorsorgedokumente und der medizinischen Notfalldaten kann man z.B. über einen professionellen Nothilfepass (www.nothilfepass.de) erreichen.

Rechtsanwalt Lutz Arnold LL.M.

www.anwaltskanzleiarnold.de


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