Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung - Stufenklage - BGH Urteil vom 03/10/1984 – IVa ZR 56/83

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Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tatbestand
Der Fall betrifft zwei Geschwister, die sich um den Pflichtteil des Erbes ihres am 30. Oktober 1978 verstorbenen Vaters streiten. Der Vater hinterließ seiner Ehefrau, aufgrund eines Ehe- und Erbvertrages vom 20. Dezember 1972, sein gesamtes Vermögen. Die Eltern der Parteien lebten in Gütergemeinschaft. Der Kläger verlangt seinen Pflichtteil und eine Pflichtteilsergänzung und reichte am 15. Dezember 1981 eine Stufenklage ein, die am 18. Dezember 1981 zugestellt wurde. Er argumentiert, dass die Eltern dem Beklagten Grundbesitz und ein Maschinenbauunternehmen gegen Zahlung einer Rente übertragen haben, was er als gemischte Schenkung betrachtet.

Mit der Klage beantragt der Kläger, dass der Beklagte den Wert des Unternehmens zum 1. Januar 1973 durch ein Sachverständigengutachten ermitteln lässt und einen später zu beziffernden Betrag zahlt. Der Beklagte bestreitet die gemischte Schenkung und beruft sich auf Verjährung.

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Auskunft über den Wert des Unternehmens zum genannten Datum durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erteilen. Das Oberlandesgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Der Kläger verfolgt seinen Antrag auf Wertermittlung weiter.

Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht wandte § 2314 BGB entsprechend an und sah die Voraussetzungen für einen Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten als gegeben an. Jedoch sei der Anspruch ebenso wie ein möglicher Pflichtteilsergänzungsanspruch verjährt. Ein Anspruch gemäß § 2314 BGB verjähre grundsätzlich in 30 Jahren (§ 195 BGB), verjähre aber nicht später als der Hauptanspruch selbst. Für diesen gelte gemäß § 2332 Abs. 2 BGB eine dreijährige Verjährungsfrist, die mit dem Erbfall am 30. Oktober 1978 begann und bei Klageerhebung bereits abgelaufen war.

Das Berufungsgericht sah in dem Schreiben des Beklagten vom 3. August 1981 kein Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB. Ein Anerkenntnis setze ein unzweideutiges Bewusstsein des Schuldners über den Anspruch voraus, was aus dem Verhalten des Beklagten nicht abzuleiten war.

Der BGH führte weiter aus, dass der Anspruch gemäß § 2314 BGB zwar eine Verjährungsfrist von 30 Jahren habe, diese jedoch nicht länger sein dürfe als die des Hauptanspruchs, um Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Die Rechtsprechung und Literatur haben diese Sichtweise weitgehend bestätigt. Allerdings wird teilweise argumentiert, dass der Auskunftsanspruch durch den Einwand der Verjährung des Hauptanspruchs abgewehrt werden kann.

Der BGH entschied, dass Ansprüche gemäß § 2314 BGB nicht mehr bestehen, wenn kein objektives Bedürfnis für die Auskunft besteht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Pflichtteilsanspruch verjährt ist und die Verjährungseinrede erhoben wird, da der Pflichtteilsberechtigte dann nichts mehr mit der Auskunft anfangen kann. Ausnahmen bestehen nur in besonderen Fällen, etwa wenn die Auskunft benötigt wird, um gegen den Beschenkten vorzugehen.

Im vorliegenden Fall ging es jedoch nicht um einen Auskunftsanspruch, sondern um die Verpflichtung des Beklagten zur Wertermittlung. Diese Frage wurde in der bisherigen Rechtsprechung des BGH noch nicht entschieden. Der Klageanspruch scheiterte letztlich daran, dass der Kläger kein Bedürfnis für die Wertermittlung durch den Beklagten darlegen konnte, da er das gewünschte Gutachten inzwischen von der Erbin erhalten hatte.

Fazit
Das Urteil stellt klar, dass der Anspruch auf Wertermittlung gemäß § 2314 BGB nicht länger verjährt sein kann als der Hauptanspruch auf Pflichtteil oder Pflichtteilsergänzung. Der Kläger konnte im vorliegenden Fall kein berechtigtes Interesse an der Wertermittlung durch den Beklagten darlegen, da er das erforderliche Gutachten bereits von der Erbin erhalten hatte. Die Klage wurde daher abgewiesen.

Foto(s): info@rechtsanwalt-krau.de

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