Pflichtteilsergänzungsanspruch und Pflichtteilsrecht: Ein umfassender Leitfaden
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Das Erbrecht ist für viele ein komplexes und emotionales Thema. Besonders der Pflichtteil und der Pflichtteilsergänzungsanspruch werfen oft Fragen auf. In diesem Rechtstipp erfahren Sie alles Wissenswerte zu den wichtigsten Begriffen und Ihren Rechten.
Pflichtteilsergänzungsanspruch und Pflichtteilsrecht: Ein umfassender Leitfaden
Das Erbrecht ist für viele ein komplexes und emotionales Thema. Besonders der Pflichtteil und der Pflichtteilsergänzungsanspruch werfen oft Fragen auf. In diesem Rechtstipp erfahren Sie alles Wissenswerte zu den wichtigsten Begriffen und Ihren Rechten.
Was ist der Pflichtteil?
Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Anspruch auf einen Teil des Erbes, der nahen Angehörigen nicht entzogen werden kann – auch wenn sie im Testament nicht bedacht oder ausdrücklich enterbt wurden. Dieser Anspruch wird in § 2303 BGB geregelt.
Wer ist pflichtteilsberechtigt?
- Kinder des Erblassers (auch adoptierte Kinder)
- Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner
- Eltern des Erblassers (wenn keine Nachkommen vorhanden sind)
Wie hoch ist der Pflichtteil?Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Höhe richtet sich nach der Erbquote und dem Nachlasswert.
Beispiel: Wenn der Erblasser drei Kinder und einen Ehegatten hinterlässt, beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehegatten 1/2 und der Pflichtteil entsprechend 1/4.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch
Falls der Erblasser vor seinem Tod Schenkungen vorgenommen hat, kann dies den Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen. Dieser Anspruch wird geltend gemacht, wenn der Nachlass durch Schenkungen geschmälert wurde.
Rechtliche Grundlage: Der Pflichtteilsergänzungsanspruch wird in § 2325 BGB geregelt.
Was fällt unter den Pflichtteilsergänzungsanspruch?
- Immobilienübertragungen
- Geldschenkungen
- Nießbrauchvereinbarungen und andere Vermögenswerte
Die 10-Jahresfrist: Schenkungen werden bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nur berücksichtigt, wenn sie innerhalb von zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers erfolgt sind. Wichtig: Die Anrechnung erfolgt anteilig. Beispielsweise wird eine Schenkung im achten Jahr vor dem Erbfall nur zu 30 % berücksichtigt.
Pflichtteilsanspruch einfordern
Wenn Sie pflichtteilsberechtigt sind, sollten Sie Ihren Anspruch zeitnah geltend machen. Hier sind die Schritte:
- Nachlasswert ermitteln: Fordern Sie vom Erben eine detaillierte Auskunft über den Nachlass.
- Anspruch schriftlich geltend machen: Ein Musterschreiben kann dabei hilfreich sein, um die Auszahlung des Pflichtteils zu verlangen.
- Fristen beachten: Der Pflichtteilsanspruch verjährt in der Regel nach drei Jahren, beginnend ab dem Zeitpunkt, an dem der Berechtigte von seiner Enterbung und dem Nachlass erfährt.
Pflichtteil trotz Testament und Enterbung
Auch wenn der Erblasser im Testament ausdrücklich verfügt, dass ein Pflichtteilsberechtigter enterbt ist, bleibt der gesetzliche Anspruch auf den Pflichtteil bestehen. Der Pflichtteil kann nur unter strengen Voraussetzungen entzogen werden, etwa bei schwerwiegendem Fehlverhalten (siehe § 2333 BGB).
Was tun, wenn der Pflichtteil zu niedrig angesetzt ist?
Falls der Nachlasswert durch den Erben absichtlich niedrig angegeben wurde, können Pflichtteilsberechtigte eine Nachlassgutachten beantragen. Außerdem steht Ihnen das Recht zu, Schenkungen des Erblassers der letzten zehn Jahre in die Berechnung des Pflichtteils einfließen zu lassen.
Enterbt – Was nun?
Wenn Sie enterbt wurden und dennoch Anspruch auf den Pflichtteil erheben möchten:
- Fordern Sie eine Kopie des Testaments ein.
- Lassen Sie das Testament rechtlich prüfen, um Unklarheiten oder formelle Fehler festzustellen.
- Kontaktieren Sie einen Anwalt, um Ihren Anspruch rechtssicher durchzusetzen.
Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Immobilien
Immobilien machen häufig einen großen Teil des Nachlasses aus. Wenn der Erblasser eine Immobilie verschenkt hat, wird deren Wert ebenfalls im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs berücksichtigt. Der Wert der Immobilie wird zum Zeitpunkt der Schenkung bewertet und bei der Pflichtteilsberechnung anteilig einbezogen.
Verjährung des Pflichtteilsanspruchs
Die Verjährung eines Pflichtteilsanspruchs richtet sich nach der allgemeinen Regelung des BGB:
- Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre.
- In Ausnahmefällen, etwa bei Vorsatz des Erben, kann die Frist verlängert werden.
- Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch gilt die besondere 10-Jahresfrist für Schenkungen.
Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnen
Die Berechnung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist komplex.
Der Pflichtteil und der Pflichtteilsergänzungsanspruch sind zentrale Instrumente des deutschen Erbrechts, um die engsten Angehörigen vor Enterbung und Vermögensentzug zu schützen. Da die Berechnung und Durchsetzung dieser Ansprüche oft kompliziert ist, empfiehlt es sich, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen.
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