Positive Signale des BGH im Abgasskandal

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BGH-Richter zweifeln an den Argumenten der Volkswagen AG im Abgasskandal

Am 5. Mai 2020 hat der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals als höchstes deutsches Gericht über eine mögliche Haftung der Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem „Abgasskandal“ betreffend den Motor des Typs EA 189 mündlich verhandelt. Nachdem bereits am 30. April 2020 vor dem Europäischen Gerichtshof die Schlussanträge der Generalanwältin über die generelle Unzulässigkeit von Abschalteinrichtungen gehalten wurden, hatte sich der BGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Volkswagen AG ihre Käufer „vorsätzlich sittenwidrig geschädigt“ hat. Dies würde bejahendenfalls einen Schadensersatzanspruch auslösen. Daneben war fraglich, ob sich der getäuschte Kunde von dem zu erstattenden Kaufpreis einen Nutzungsersatz für die von ihm gefahrenen Kilometer abziehen lassen muss. Nach diversen Medienberichten hat bereits zu Beginn der Verhandlung der Vorsitzende Richter des sechsten Zivilsenates, Richter am Bundesgerichtshof Stephan Seiters, Zweifel an den von der Volkswagen AG vorgebrachten Argumenten geäußert. Damit hat der BGH ein deutliches Zeichen gesetzt.

Aus den bisher bekannt gewordenen Presseinformationen geht auch hervor, dass der BGH wohl die von dem Berufungsgericht (Oberlandesgericht Koblenz) angenommene Gesamtlaufleistung von 300.000 km nicht beanstandet. Letztlich bleibt die Frage der Gesamtlaufleistung allerdings der Würdigung des Tatrichters vorbehalten. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich die Instanzrechtsprechung an den Vorgaben des BGH orientiert und ihre oftmals zu niedrig angesetzten Gesamtlaufleistungen korrigieren wird. Je höher die Gesamtlaufleistung, desto weniger muss sich der getäuschte Kunde als Nutzungsersatz abziehen lassen. Er kann dann einen höheren Betrag von der Volkswagen AG (oder von dem jeweiligen Hersteller) verlangen.

Die ersten Tendenzen des BGH sind für die geschädigten Kunden äußerst vorteilhaft und bestätigen die zwischenzeitlich herrschende obergerichtliche Rechtsprechung.

Kunden, welche im Rahmen der Musterfeststellungsklage das Vergleichsangebot der Volkswagen AG angenommen haben, sollten jetzt zusammen mit einem Rechtsbeistand prüfen, inwiefern noch ein Widerruf des Vergleiches möglich ist (regelmäßig innerhalb von 14 Tagen ab Vertragsschluss) und ob gegebenenfalls eine Individualklage nicht doch wesentlich sinnvoller ist, als das oftmals überschaubare Vergleichsangebot der Volkswagen AG. Aus unserer bisherigen Tätigkeit in unzähligen Parallelverfahren ist es unsere Erfahrung, dass Kunden mit einer Individualklage durchaus besser fahren können. Insbesondere Kunden, welche statt einer Einmalzahlung lieber das Fahrzeug zurückgeben möchten (z.B., weil das Fahrzeug seit dem Update verschiedene Mängel offenbart), können eine Rücknahme lediglich im Rahmen der Individualklage erreichen.

Aber auch bei Geschädigten, welche sich nicht der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, können gegebenenfalls auch heute noch Ansprüche bestehen und durchsetzbar sein. Das Landgericht Trier vertritt beispielsweise die Rechtsauffassung, dass die Verjährung der Ansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal erst dann beginnt, wenn eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Haftung der Volkswagen AG vorliegt. Demnach wären auch heute noch Ansprüche gegen die Volkswagen AG mangels Verjährung durchsetzbar.

Gerne beraten wir Sie zu Ihren Möglichkeiten und helfen Ihnen bei der gerichtlichen Durchsetzung Ihrer Ansprüche.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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