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Prämiensparen flexibel – Kündigung durch Sparkasse Iserlohn

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[UPDATE vom 08.08.2022]

Das Landgericht Hagen ist "umgekippt". Mittlerweile scheint klar, dass das LG die Kündigung der Sparkasse Iserlohn für rechtens hält. In anderen Kammern als der, mit der ich die unten beschriebene Verhandlung geführt habe, wurde offenbar weniger ambitioniert vorgetragen, so dass die Richter nicht überzeugt werden konnten. 

Ich halte nach wie vor das AGB-Kündigungsrecht für nicht anwendbar, da es voraussetzt, dass "weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist", und der Prämiensparvertrag der Spk. Iserlohn beides enthält - aber diese Frage wird jedenfalls beim Landgericht Hagen nunmehr zu Lasten der Kunden aufgelöst. 

Was die Nachverzinsung betrifft, gibt es neue Rechtsprechung aus Dresden (OLG Dresden, Urteil v. 13.04.22 - 5 U 1973/20), wonach ein anderer Referenzzins geeigneter sei als die Zeitreihe WX4260, nämlich die Zeitreihe der Umlaufrenditen für inländische börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 8 bis 15 Jahren (Monatswerte). Zwar ging es dort um einen anderen Vertrag als denjenigen der Sparkasse Iserlohn, eine Signalwirkung hinsichtlich des Referenzzinses kann von jenem Urteil sicher dennoch ausgehen. Dieser vom OLG Dresden favorisierte Referenzzins soll ohne gleitenden Durchschnitt angewendet werden mit monatlicher Anpassung nach der relativen Methode, d.h. basierend auf dem Verhältnis des anfänglichen Sparzinses im Vergleich zum korrespondierenden Wert aus der Zeitreihe. 


[UPDATE vom 10.03.2022]

In dem von mir geführten Verfahren beim Landgericht Hagen ist jetzt (endlich) ein Sachverständiger bestellt worden, der zum Thema der Nachverzinsung und des "richtigen" Zinssatzes ein Gutachten erstellen wird. Frist für die Fertigstellung ist der 15.05.2022, dann geht es weiter.


[UPDATE vom 07.10.2021]

Der Bundesgerichtshof hat am 06.10.2021 entschieden, dass die Ansprüche der Verbraucher auf weitere Zinsbeträge aus den Sparverträgen frühestens ab dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung fällig werden. Die in einem Sparguthaben enthaltenen Zinsen unterliegen derselben Verjährung wie das angesparte Kapital.

Mit anderen Worten sind wir auf der Zielgeraden und liegen zwei Körperlängen vorn. Jetzt liegt es an der Sparkasse Iserlohn, aus betriebswirtschaftlicher Sicht Vergleiche mit ihren Kunden einzugehen, oder aus Trotz weiter auf Zeit zu spielen und sich gegebenfalls in jedem Einzelfall verurteilen zu lassen. 

Ich hoffe im Sinne meiner Mandantschaft, dass sie Vergleichsbereitschaft zeigt. Ich verdiene gern Gebühren, aber ich hielte es für eine Verschwendung von Zeit aller Beteiligten, wenn die Sparkasse Iserlohn hier weiter mauern würde.


[UPDATE vom 15.09.2021]

Die mündliche Verhandlung beim Bundesgerichtshof soll am 06.10.2021 stattfinden. Dann wird man hoffentlich einen ersten Eindruck bekommen, wie der BGH zu der Frage der Verjährung steht. 

Gegen die unten angesprochene Allgemeinverfügung der BaFin haben mehr als 1000 (!) Banken Rechtsmittel eingelegt, um die Folgen der Allgemeinverfügung möglichst lang hinauszuzögern.


[UPDATE vom 05.07.2021]

Am 01.07.2021 fand endlich die erste mündliche Verhandlung zu diesem Thema beim Landgericht Hagen statt. Ich habe bislang nur eine Klage erhoben, auch wenn ich gut 30 Mandanten in der Sache vertrete. 

Der Termin war sehr erfreulich, denn die Kammer hat durchblicken lassen, dass sie die rechtliche Lage genauso einschätzt wie ich. D.h.:

  1. Die Kündigung der Prämiensparverträge war unwirksam.
  2. Die Vertragsgestaltung der Sparkasse Iserlohn unterscheidet sich wesentlich von derjenigen, die dem BGH-Urteil vom 14.05.2019 zugrunde lag. 
  3. Der wesentliche Unterschied besteht in der Befristung des Vertrags auf "maximal 25 Jahre". Diese Befristung hindert die Sparkasse an der Kündigung, denn das Kündigungsrecht aus Nr. 26 AGB-Sparkassen setzt einen unbefristeten Vertrag voraus.
  4. Selbst wenn eine Kündigung möglich wäre, so könnte diese nicht vor Ablauf von 25 Jahren ausgesprochen werden. 
  5. Die Zinsanpassungsklausel in den Verträgen ist unwirksam. Die Höhe der Verzinsung ist anhand eines geeigneten Referenzzinssatzes neu zu bestimmen.
  6. Die Kammer hat zur Kenntnis genommen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 21.06.2021 eine Allgemeinverfügung erlassen hat, die die Banken verpflichtet, ihre Kunden auf die Unwirksamkeit der Klauseln hinzuweisen und Lösungen anzubieten für eine (rückwirkende) Verzinsung. Das sei zwar kein unmittelbarer verbindlicher Vorgang fürs Gericht, aber allemal bemerkenswert und eine weitere Rechtsmeinung im Sinne der Klage.
  7. Die Kammer stimmt der Klage in dem Punkt zu, dass der Zinssatz für die Neuverzinsung in einem relativen Abstand zum Referenzzins berechnet werden muss. So sieht es auch der BGH. Zu diesem Punkt gibt es bereits die Ankündigung der Gegenseite, eine tiefergehende Begründung vorzulegen, warum das falsch sei. Es sei vielmehr ein absoluter Abstand zum Referenzzinssatz zu wählen. 
  8. Die Zinsanpassung sei auch gleitend vorzunehmen. 
  9. Spannend ist die Frage der Verjährung des Nachverzinsungsanspruchs, sprich können wir die Nachverzinsung bis zum Vertragsstart rückwirkend verlangen oder nur für die letzten drei Jahre. Hier ist das Gericht meiner Auffassung gefolgt, die auch das OLG Dresden vertritt, dass eine Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn der Vertrag beendet ist. Denn nur in dem Fall wird der Zinsanspruch fällig. Davor wird der Zins nur buchhalterisch dem Guthaben jährlich aufgeschlagen. Die Gegenmeinung, die von einigen anderen Gerichten vertreten wird, sagt, dass man unterscheiden müsse zwischen der jährlichen Gutschrift und der Endfälligkeit, und daher würde jedes Jahr für die dann erfolgte Gutschrift eine Verjährungsfrist von drei Jahren laufen, so dass nur noch die letzten drei Jahre für eine Nachverzinsung in Betracht kommen, weil alles davor verjährt ist. Diese Frage liegt momentan beim BGH zur Entscheidung. Diese Entscheidung wird mit Spannung erwartet, kann sich aber noch Monate hinziehen. 

Ich werde Sie auf diesem Wege weiter informieren, sobald es Neuigkeiten gibt.


[UPDATE vom 09.11.2020]

Nachdem ich mit dem Autor des u.a. Artikels ein angenehmes Gespräch geführt und die Hintergründe des Themas ausführlich erläutert habe, hat der IKZ dazu einen neuen Artikel veröffentlich, den Sie hier finden: https://www.ikz-online.de/staedte/iserlohn/der-iserlohner-sparkasse-droht-wohl-eine-klagewelle-id230845754.html.


[UPDATE vom 29.10.2020]

Der Iserlohner Kreisanzeiger hat mich namentlich in einem am 22.10.2020 dort erschienen Artikel mit der Überschrift "Ärger über Vertragskündigung bei Sparkasse" erwähnt. Dort wird gesagt, dass ich in meinem untenstehenden Artikel über "dutzende" Kündigungen berichte, ohne dass ich dazu eine Quelle nenne. 

Kurz danach folgt die Aussage: "Dass Anwälte auf ihren Internetseiten beste Chancen für eine mögliche Klage versprechen, gehört zum Geschäftsmodell. Vor allem Dieselfahrer werden wissen, was gemeint ist."

Über diese "Berichterstattung" habe ich mich beim IKZ beschwert.

Hier wird zum einen suggeriert, dass ich Thesen in den Raum stelle, die ich nicht beweisen kann. Zum anderen wird suggeriert, dass ich Versprechungen mache, die ich nicht einhalten kann, mich aber gleichzeitig an den Gebühreneinnahmen erfreue.

Dazu erlaube ich mir folgende Feststellungen, die ich auch dem IKZ mit der Forderung nach Richtigstellung mitgeteilt habe:

1. Ich benötige für die Aussage über "dutzende Kündigungen" keine Quelle, weil ich aus erster Hand berichte. Mir selbst liegen so viele Kündigungen vor, weil ich entsprechend viele Mandanten in dieser Sache vertrete. 

2. Der IKZ ist nicht auf die sehr naheliegende Idee gekommen, mich nach meinen "Quellen" zu fragen, bevor der Artikel veröffentlicht wurde. Ein einfaches Telefonat hätte gereicht, diesen Punkt zu klären. Das hätte dann auch einem Mindestmaß an journalistischer Recherche entsprochen.

3. Ich habe von Anfang 2004 bis Ende 2018 als Rechtsanwalt (auch in leitender Funktion) in den Rechtsabteilungen von Großbanken gearbeitet, davon fünf Jahre bei der WestLB in Düsseldorf, der "Zentralbank" der Sparkassen in NRW, wo ich tiefe Einblicke in das Sparkassengeschäft bekommen habe. Selbstständig gemacht habe ich mich u.a. zu dem Zweck, meine diesbezüglichen Erfahrungen den Kunden dieser Sparkassen zukommen zu lassen. Ein anderer Grund für meine selbst gewählte Selbständigkeit ist, dass ich heute nur noch meiner Berufsethik unterworfen bin und keiner Geschäftspolitik mehr folgen muss. Daher weise ich das durch den IKZ erzeugte Narrativ, ich sei ein Gebührenjäger, der nicht weiß, wovon er redet, auf das Schärfste zurück.

In der Sache werde ich in Kürze die ersten Klagen gegen die Sparkasse einreichen. Über deren Verlauf werde ich dann regelmäßig berichten, auch auf meiner Homepage www.kan-zlei.de.


[ORIGINALFASSUNG DES RECHTSTIPPS]

Die Sparkasse Iserlohn hat am 24.04.2020 dutzende S-Prämiensparverträge ihrer Kunden gekündigt unter Hinweis auf die "historische Niedrigzinsphase" am Kapitalmarkt.

Betroffen sind Verträge mit der Bezeichnung „S-Prämiensparen – flexibel -“. Die Verträge sehen eine über die Laufzeit steigende Bonifikation („S-Prämie“) vor, die zusätzlich zum Zins auf die angesparten Beträge von der Sparkasse gewährt wird.

Solche Kündigungen von für die Sparkasse unrentablen „Altlasten“ sind nicht unüblich, es gibt dazu zahllose Fälle und einige Rechtsprechung, darunter ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.05.2019 (Az. XI ZR 345/18).

Dieses höchstrichterliche Urteil, das die Kündigung eines ähnlichen Sparvertrags durch eine Sparkasse für rechtens erklärte, basierte jedoch auf einem anderen Vertragsinhalt als jenem, den wir bei den Prämiensparverträgen der Sparkasse Iserlohn gesehen haben. In den Verträgen der Sparkasse Iserlohn befinden sich Angaben zu einer maximalen Laufzeit von 25 Jahren und eine Prämienstaffel bis zum 25. Laufzeitjahr – beides fehlte in dem vom BGH entschiedenen Fall, was entscheidungserheblich war.

Nehmen Sie daher die Kündigung nicht hin – sprechen Sie mich an, ich prüfe Ihren Vertrag kostenlos.

In allen Verträgen der Sparkasse Iserlohn, die ich bisher geprüft habe, gilt darüber hinaus folgendes: 

Die Verträge enthalten eine Zinsanpassungsklausel, die gemäß der einschlägigen Rechtsprechung unwirksam ist. Es wird auf einen jeweils per Aushang veröffentlichten Zinssatz verwiesen, ohne dass weitere Informationen wie z. B. die Grundlage für den Zinssatz transparent gemacht werden. Mit anderen Worten liegt die Höhe des Zinssatzes vollständig im Ermessen der Bank. 

Eine unwirksame Zinsanpassungsklausel hat zur Folge, dass nicht der Zinssatz gemäß Aushang maßgebend für die Verzinsung ist, sondern ein neuer Zinssatz, der zwischen den Parteien zu vereinbaren ist. Ist eine Einigung nicht möglich, so soll nach neueren Entwicklungen in der Rechtsprechung ein Referenzzinssatz herangezogen werden, um die Höhe der Verzinsung neu zu regeln. Die Bundesbank hält zahlreiche Referenzzinssätze in ihrer Statistik vor, auf die man sich für eine Neuberechnung beziehen kann. 

Oft genannt wird die Zeitreihe "WX4260". Die Neuberechnung Ihres Sparzinses erfolgt so, dass der anfängliche Zins mit dem Zins laut Zeitreihe verglichen wird. Dieser relative Vergleich wird dann über die gesamte Laufzeit fortgeschrieben, so dass sich eine bessere Verzinsung Ihres Guthabens ergibt.

Sprechen Sie mich an – glauben Sie nicht alles, was Ihre Bank Ihnen erzählt!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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