Recht für Jedermann – Dieselgate und die Rechte des Käufers
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Abgasskandal, VW-Abgasaffäre oder Dieselgate – der im September 2015 von einer US-Umweltbehörde aufgedeckte Vorwurf hat in der Presse viele Bezeichnungen erhalten. Es soll der Volkswagen-Konzern eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung genutzt haben, um US-amerikanische Abgasnormen zu umgehen. Betroffen sind – nach aktuellem Stand – Dieselmodelle der Marken Audi, Seat, Skoda und VW mit 1.2, 1.6 und 2.0 Litern Hubraum. Die verwendete Software sorgt dafür, dass der Motor auf Prüfständen weniger Schadstoffe – so vor allem Stickoxid – ausstößt.
Demgegenüber stößt der Motor der in Deutschland rund 2,5 Millionen betroffenen Wagen im echten Fahrbetrieb wesentlich mehr Schadstoffe aus. Der VW-Konzern hat sich gezwungenermaßen bereiterklärt, die betroffenen Autos nachzurüsten. Ob die Nachrüstungen allerdings im Hinblick auf Haltbarkeit der Motoren, Schadstoffausstoß und Verbrauch effizient oder gar sinnvoll sind, ist unklar. Der nachfolgende Beitrag soll dem Leser die juristischen Möglichkeiten und Erfolgschancen aufzeigen, die ein Vorgehen gegen den VW-Konzern haben kann.
Rechte des Käufers
Der VW-Konzern hat bereits zugegeben, dass die Fahrzeuge mangelhaft sind. Bei einem Mangel stehen dem Käufer die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB zu. Zunächst kann der Käufer gem. §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB die Nachbesserung der Kaufsache oder aber die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Im Rahmen der Lieferung einer mangelfreien Sache ist es dem Käufer also möglich, ein neues, mangelfreies Fahrzeug zu verlangen. Hinsichtlich einer Nachbesserung durch den Verkäufer stellt sich in den VW-Fällen vorab die Frage, ob dem Käufer die Möglichkeit der Nachbesserung durch den Verkäufer zumutbar ist. Die bisherige Rechtsprechung der Gerichte versagt dem Käufer allerdings die Zumutbarkeit, weil der Verkäufer den Käufer arglistig über den Verbau einer Manipulationssoftware getäuscht hat. Insbesondere seien Zweifel am Nachbesserungserfolg jedenfalls unter Berücksichtigung der öffentlichen Diskussion nachvollziehbar (Urteil des LG Arnsberg vom 12.05.2017 Az.: I-2 O 264/16). Das heißt, dass Sie als Käufer sich nicht mit einem zweifelhaften Nachbesserungsversuch durch den VW-Konzern zufriedengeben müssen. Über die Möglichkeit der Nachlieferung steht ihnen auch das Recht zu, den Rücktritt vom Kaufvertrag oder die Minderung des Kaufpreises verlangen.
Rücktrittsrecht
Im Rahmen des Rücktritts wird der entsprechende Kaufvertrag rückabgewickelt, somit erhalten Sie den gezahlten Kaufpreis zurück und geben das Auto an den Verkäufer zurück. Allerdings korrespondiert das sich für den Käufer ergebende Rücktrittsrecht mit einem Recht des Verkäufers auf Wertersatz für die tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges. Sie müssen also einen Abschlag auf den tatsächlichen Kaufpreis hinnehmen, der mit der Verwendung des Autos einhergeht. Dieser Abschlag orientiert sich an der bisherigen Laufleistung des Autos und berechnet sich wie folgt:
Bruttokaufpreis: Gesamtlaufleistung x bisherige Laufleistung.
Bei einem Bruttokaufpreis von 30.000 €, einer geschätzten Gesamtlaufleistung von 250.000 km und einer bisherigen Laufleistung von 30.000 km ergibt sich somit ein Abschlag von 3.600 € auf den Bruttokaufpreis.
Minderung des Kaufpreises
Eine Vielzahl von Rechtsanwälten und Verbraucherschützern geht davon aus, dass sich manipulierte Fahrzeuge schwerer verkaufen lassen werden, als nicht manipulierte. Darüber hinaus steht der Verdacht im Raum, dass nachgerüstete Fahrzeuge nicht so lange halten wie nicht nachgerüstete Fahrzeuge. Auf Grundlage dieser Argumente billigte das Landgericht Kempten dem Betroffenen einen Anspruch auf den Minderwert des betroffenen Fahrzeugs in Höhe von zehn Prozent des Kaufpreises zu (Urteil des LG Kempten vom 22.03.2017 Az.: 13 O 808/16). Gerade unter Berücksichtigung der in den letzten Tagen angeheizten Diskussion um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge können sich hier in Zukunft weitere Chancen für Sie ergeben.
Verjährung
Die oben genannten Ansprüche verjähren – je nach Art des Anspruchs – in zwei bzw. drei Jahren nach Lieferung des Autos. Dem Grunde nach müssten die Käufer bis dahin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt haben oder aber gerichtliche Schritte eingeleitet haben. Jedoch hat der VW-Konzern allen Händlern empfohlen auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, wenn Käufer Forderungen wegen des VW-Skandals anmelden. In einigen Fällen haben die Händler sogar nachträglich nach Ablauf der Verjährungsfrist auf die Einrede der Verjährung verzichtet.
Fazit
Den Käufern der betroffenen Autos steht rechtlich ein breites Instrumentarium zur Verfügung. Auch haben die Gerichte verbraucherfreundliche Entscheidungen getroffen und damit offen Kritik am Vorgehen des VW-Konzerns geäußert. Sollten auch Sie sich betroffen fühlen, so zögern Sie nicht, fachkundigen Rat einzuholen und Ihr Recht durchzusetzen.
Beste Empfehlungen,
Ihr Andreas Krau
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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