Rechtsanwalt Steuerstrafrecht - Umsatzsteuerhinterziehung durch Vorsteuererstattung, fehlende Korrekturerkärung
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1. Allgemeines zur Umsatzsteuervoranmeldung / zum Vorsteuerabzug;
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Ein Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist dann zulässig, wenn dessen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Ausführung der Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen vorgelegen haben.
2. Grob festgestellter Sachverhalt des Landgerichts
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen - unter Einbeziehung einer Vorstrafe - zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt.
Nach dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt, sind unter Einbindung von Strohleuten ab 2008 Gesellschaften gegründet worden. Diese sollten gegen Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer Flachbildschirmfernseher an gewerbliche Abnehmer bei Lieferung bar verkaufen.
Die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer sollte von den Gesellschaften entweder bereits nicht angemeldet, wenigstens aber nicht abgeführt werden. Möglichst vor Aufdeckung des Systems, sollten diese Firmen (sog. missing trader) ihre „vermeintliche Gewerbetätigkeit“ wieder einstellen. Die Umsatzsteuer sollte nur einmal nicht abgeführt werden. Nach dem Verkauf sollte die anschließende Warenbewegung der Bildschirme
Ziel sei es gewesen, die vereinnahmten Umsatzsteuer nicht nur beim ersten Verkauf nicht abzuführen, sondern auch die anschließenden Warenbewegungen bei den Käufern weiter zu kontrollieren und zu steuern, um wieder an die verkauften Geräte zu kommen und erneut in den „Wirtschaftskreislauf“ zu bringen. Der Abnehmer (sog. buffer) sollte durch lukrative Angebote von Scheinfirmen veranlasst werden, die Fernseher im Rahmen vermeintlicher innergemeinschaftlicher Lieferungen umsatzsteuerfrei zu veräußern. Tatsächlich sollten die Geräte aber in Deutschland bleiben. Ziel war es die Geräte erneut sehr günstig anzubieten. Für den „buffer“ brachte die Teilnahme an diesem Umsatzsteuer-Karussel den wirtschaftlichen Vorteil, dass er durch den umsatzsteuerfreien Ankauf und die Nichtzahlung der vereinnahmten Umsatzsteuer seitens des Lieferanten, an konkurrenzlos günstige Waren kam. Gleichzeitig konnte er die von ihm gezahlte Umsatzsteuer bei den Finanzbehörden als Vorsteuer geltend machen. Der Verkürzungsumfang soll bei über 2,5 Millionen Euro gelegen haben.
Im März 2010 habe der Angeklagte erkannt, dass die Firmen in ein Umsatzsteuerkarussel eingebunden waren.
3. Rechtliche Bewertung des Landgerichts
Das Landgericht hat die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuerjahreserklärung jeweils als Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gewertet. Zu den Zeitpunkten der Einreichung dieser Steueranmeldungen habe der Angeklagte gewusst, dass die von ihm geleiteten Firmen in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden gewesen seien und er deshalb mangels vorgenommener Lieferung keinen Vorsteuerabzug hätte geltend machen dürfen. Indem der Angeklagte in diesen Fällen gleichwohl in den Steueranmeldungen einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat, hat er gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben gemacht.
Das Landgericht hat den die Strafbarkeit begründenden Pflichtverstoß im Urteil darin gesehen, dass der Angeklagte die für Januar 2010 abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung nicht gemäß § 153 Abs. 1 AO berichtigt habe, obwohl er nachträglich erkannt habe, dass der dort geltend gemachte Vorsteuerabzug unberechtigt gewesen sei.
4. Rechtliche Anmerkungen durch den BGH im Beschluss Az. 1 StR 312/13
Das Landgericht ist - so der BGH - insoweit hin- sichtlich der Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG von falschen Maßstäben ausgegangen.
Rechtlich unzutreffend habe das Landgericht zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Einreichung der jeweiligen Steueranmeldung abgestellt, in welcher der Angeklagte den entsprechenden Vorsteuerabzug vorgenommen hat. Maßgeblich für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug war auch hier allein der jeweilige Zeitpunkt des Warenbezugs. Dieser lag aber nach dem Urteil des Landgerichts jeweils vor März 2010, also bevor der Angeklagte die Einbindung der Firmen in die in Hinterziehungsstrukturen erkannte. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist in solchen Fällen die Versagung des Vorsteuerabzugs nur möglich, wenn der Leistungsempfänger weiß oder zumindest hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz beteiligt.
Auch eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet aus. Nach dem Landgericht soll der Pflichtverstoß darin gelegen haben, dass der Angeklagte die für Januar 2010 abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung nicht gemäß § 153 Abs. 1 AO berichtigt habe, obwohl er nachträglich erkannte, dass der dort geltend gemachte Vorsteuerabzug unberechtigt gewesen sei. Die für Januar 2010 von dem Angeklagten eingereichte Umsatzsteuervoranmeldung wäre nur dann unrichtig, wenn die Voraussetzungen für eine Versagung des Vorsteuerabzugs schon beim Warenbezug gegeben waren, so der BGH.
5. Fazit
Da es für den steuerstrafrechtlichen Vorwurf entscheidend auf die zugrunde liegende steuerrechtliche Bewertung ankommt, empfielt es sich dringend einen auf das Steuerstrafrecht spezialisierten Verteidiger zuzuziehen.
RA Hamm hat sich u.a. auf die Verteidigung in Steuerstrafverfahren spezialisiert und ist deutschlandweit tätig. Am besten melden Sie sich gleich, wenn Ihnen der Vorwurf einer Steuerstraftat gemacht wird. Nur so kann RA Hamm frühzeitig für Sie tätig werden und alle Möglichkeiten im Strafverfahren wie im Besteuerungsverfahren für Sie geltend machen.
Rechtsanwalt Werner Hamm
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)
Bogdahn & Partner mbB Rechtsanwälte
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