Rückzahlung von Krankentagegeld abgewehrt
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In einem Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 29.05.2024, Aktenzeichen 12 U 21/23) die Rückzahlungsklage eines Krankentagegeldversicherers abgewiesen.
Hintergrund
Der verklagte Versicherungsnehmer unterhielt bei der AXA Krankenversicherung eine Krankentagegeldversicherung. In den Versicherungs- und Tarifbedingungen fanden sich unter anderem folgende Regelungen:
§ 15 Sonstige Beendigungsgründe
Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen (…) mit Eintritt von Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit.
Nr. 30 Berufsunfähigkeit
Ein Fall der Berufsunfähigkeit im Sinne von § 15 b MB/KT 2009 liegt auch vor, wenn die versicherte Person eine Berufsunfähigkeitsrente oder eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bei Unfähigkeit des Versicherten, mehr als vier Stunden kalendertäglich erwerbstätig zu sein, bezieht. Die Differenz zwischen der Rentenzahlung und dem vertraglich vereinbarten Tagegeld wird für längstens 3 Monate nach Beginn der Rentenzahlung ausgezahlt, sofern nicht bereits wegen festgestellter Berufsunfähigkeit die 3-monatige Nachleistung in Anspruch genommen wurde.
Sachverhalt
Nach einer längeren Erkrankung, während der der Versicherungsnehmer Krankentagegeld bezog, stellt die AXA Krankenversicherung den Eintritt von Berufsunfähigkeit seit dem 16.09.2019 fest. Da die Arbeitsunfähigkeit weiter fortbestand, erhielt der Versicherungsnehmer das Krankentagegeld noch für weitere drei Monate bis einschließlich dem 16.12.2019.
Später erhielt der Versicherungsnehmer von seinem Lebensversicherer rückwirkend zum 01.10.2019 auch Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Der Krankentagegeldversicherer forderte daraufhin das Krankentagegeld für Zeit vom 01.10.2019 bis 16.12.2019 zurück, soweit es der Höhe nach der Berufsunfähigkeitsrente entsprach.
Während der Krankentagegeldversicherer damit in erster Instanz vor dem Landgericht Darmstadt noch Erfolg hatte und der Versicherungsnehmer zur Rückzahlung verurteilt wurde, hob das Oberlandesgericht Frankfurt die Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Ansicht des OLG
Das Oberlandesgericht stellte zunächst fest, dass sich im Versicherungsrecht Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit nicht ohne Weiteres gegenseitig ausschließen. Insofern stehe es den Versicherern frei, diese Frage in ihren Bedingungen frei zu regeln.
Im vorliegenden Fall galt gemäß § 15 b MB/KT 2009, dass das Versicherungsverhältnis zwar grundsätzlich mit Eintritt der Berufsunfähigkeit endet, bei einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit die Zahlungspflicht noch bis zum Ablauf der dreimonatigen Nachleistungsfrist andauert.
Im Übrigen hielt das OLG die Versicherungsbedingungen jedoch für missverständlich und mehrdeutig formuliert, sodass sich zwei unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten ergäben. Unklarheiten gingen dabei zulasten des Verwenders, hier also der AXA Krankenversicherung.
Denn im vorliegenden Fall konnte der Versicherungsnehmer die Bedingungen so verstehen, dass sowohl bei Eintritt von Berufsunfähigkeit gemäß der Definition der Krankentagegeldversicherung als auch bei Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung das Krankentagegeld noch für einen bestimmten Zeitraum weitergezahlt wird. Daraus ließe sich nicht ableiten, dass der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente den Anspruch auf Fortzahlung des vollen Krankentagegelds für weitere drei Monate wegen der durch den Krankentagegeldversicherer eigenständig festgestellten Berufsunfähigkeit einschränken solle.
Auswirkungen für andere Fälle
Das Urteil macht deutlich, wie wichtig aus Sicht des Versicherers klare und unmissverständliche Formulierungen der Versicherungsbedingungen sind. Dennoch finden sich in vielen Krankentagegeldversicherungen unklare oder lückenhafte Bedingungen. Aus der Perspektive der Versicherungsnehmer sind derartige Fehler jedoch vorteilhaft, da sie ihre Rechtsposition stärken.
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