Schönheitsreparaturen: Unwirksame Klausel wegen veralteter Fristen

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"Sie haben die Wohnung doch bunt gestrichen – das müssen Sie bei Auszug wieder neutral machen!“ Viele Mieter hören das bei der Wohnungsübergabe. Doch ist das überhaupt rechtens? Und was, wenn im Mietvertrag feste Fristen für Renovierungen stehen?

Ein Urteil des Amtsgerichts Hanau zeigt, warum solche Klauseln oft unwirksam sind – und Mieter nicht zahlen müssen.


Sachverhalt und Entscheidung:
Im zugrunde liegenden Fall (AG Hanau, Urt. v. 29.11.2024 – 32 C 265/23) ging es um eine Wohnung, die unrenoviert übergeben worden war. Die Mieter hatten sie bei Auszug bunt gestrichen zurückgegeben. Im Mietvertrag stand eine Schönheitsreparaturklausel mit den alten klassischen Regelfristen:

  • alle 3 Jahre Küche und Bad,

  • alle 5 Jahre Wohnräume,

  • alle 7 Jahre Nebenräume.

Der Vermieter verlangte Schadensersatz, weil die Wohnung angeblich wegen der Farbgestaltung schwer weiterzuvermieten sei und Renovierungen unterlassen wurden.

Doch das Amtsgericht erteilte eine klare Absage:
Die Mieter mussten nicht renovieren und auch keinen Schadensersatz zahlen – weder wegen der Farben noch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.

Begründung:

  1. Die Wohnung wurde unrenoviert übergeben – daher darf der Vermieter keine Renovierungspflicht formularvertraglich auferlegen (BGH v. 18.3.2015 – VIII ZR 185/14).

  2. Die Klausel war ohnehin unwirksam, da sie mit veralteten Fristen arbeitete (3/5/7 Jahre), obwohl der Vertrag nach Februar 2008 abgeschlossen wurde.


Rechtslage und Einordnung:
Grundsätzlich ist der Vermieter laut § 535 BGB zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet.
Diese Pflicht kann vertraglich auf den Mieter übertragen werden – aber nur unter engen Voraussetzungen. Seit Jahren urteilen Gerichte streng:

🔹 Eine Abwälzung auf den Mieter ist nur wirksam, wenn

  • die Wohnung beim Einzug renoviert oder in neuwertigem Zustand war

  • und die Klausel nicht unangemessen benachteiligt (z. B. durch starre Fristen oder Quotenregelungen).

🔹 Die klassischen Regelfristen (3/5/7 Jahre) stammen noch aus den 1970er Jahren und gelten heute vielfach als überholt – insbesondere für Mietverträge, die ab 2008 abgeschlossen wurden.

🔹 Die sog. „Villa Kunterbunt“-Rechtsprechung (BGH v. 6.11.2013 – VIII ZR 416/12) verpflichtet Mieter zum Schadensersatz bei besonders schriller Farbgestaltung nur, wenn die Wohnung ursprünglich neutral übergeben wurde. Das war hier nicht der Fall.


Fehleranalyse und Praxistipps:
Was bedeutet dieses Urteil für Mieter?

Unrenoviert übernommen = keine Renovierungspflicht:
Wenn Sie eine Wohnung unrenoviert oder sichtbar abgenutzt übernehmen, sind pauschale Klauseln zur Renovierung meist unwirksam.

Fristen prüfen:
Stehen im Mietvertrag feste Fristen für Schönheitsreparaturen (z. B. „alle 3 Jahre“)? Dann prüfen Sie, wann der Vertrag abgeschlossen wurde. Bei Verträgen ab 2008 sind solche Klauseln oft nicht mehr wirksam.

Farbgestaltung ist Geschmackssache – aber mit Grenzen:
Wer eine Wohnung in grellen, außergewöhnlichen Farben zurückgibt, kann unter Umständen haftbar sein. Das gilt aber nur, wenn die Wohnung vorher „neutral“ übergeben wurde – also in Weiß, Creme oder hellen Tönen.

Keine Renovierung „auf Verdacht“ leisten:
Wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel bestehen: Lieber rechtlich prüfen lassen, bevor unnötig gestrichen oder renoviert wird.


Fazit:
Das AG Hanau (Urt. v. 29.11.2024 – 32 C 265/23) hat erneut bestätigt:
Alte Schönheitsreparaturklauseln mit starren Fristen sind in neueren Verträgen meist unwirksam. Wer eine unrenovierte Wohnung übernimmt, muss diese bei Auszug nicht auf eigene Kosten auf Vordermann bringen – selbst wenn der Mietvertrag das vorgibt.

Mein Rat an Mieter:

  • Prüfen Sie Ihren Mietvertrag – oder lassen Sie ihn prüfen.

  • Lassen Sie sich bei der Wohnungsrückgabe nicht unter Druck setzen.

  • Im Zweifel: Belege sichern, Fotos machen und rechtzeitig rechtliche Hilfe holen.


Sie sind sich unsicher, ob Sie wirklich renovieren müssen? Ich prüfe Ihren Mietvertrag und helfe Ihnen, teure Fehler zu vermeiden – schnell, verständlich und auf Ihrer Seite.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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