Schütteltrauma: Gericht gibt Eltern das Sorgerecht zurück!

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Der Verdacht auf die Herbeiführung eines Schütteltraumas durch Eltern gehört zu den schwerwiegendsten Fällen im Familienrecht. In einem aktuellen Beschluss vom 20. November 2024 (1 BvR 1404/24) setzte sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Rückübertragung des Sorgerechts auseinander, nachdem das Kind zeitweise von den Eltern getrennt worden war. Grundlage war die Abwägung zwischen dem elterlichen Erziehungsrecht und dem staatlichen Auftrag, das Kindeswohl zu schützen.


Warum wurde das Sorgerecht entzogen?

Das Familiengericht hatte den Verdacht, dass ein Säugling durch ein Schütteltrauma erhebliche Schäden erlitten haben könnte. In solchen Fällen wird gemäß § 1666 BGB eine Kindeswohlgefährdung vermutet, und das Sorgerecht kann den Eltern entzogen werden. Nach einer umfassenden Prüfung durch Sachverständige und der Unterbringung der Familie in einer Eltern-Kind-Einrichtung konnte das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig keine akute Gefährdung mehr feststellen und gab das Sorgerecht zurück.


Welche Kriterien gelten für die Rückübertragung?

Das BVerfG hat betont, dass bei Verdacht auf Misshandlungen besonders hohe Anforderungen an die Prognosesicherheit gestellt werden müssen:

  • Einschätzung durch Sachverständige: Das OLG stützte sich auf rechtsmedizinische und psychiatrische Gutachten, die eine zukünftige Gefährdung des Kindes als unwahrscheinlich einschätzten.
  • Kindesalter und Entwicklung: Mit zunehmendem Alter des Kindes sei das Risiko eines erneuten Schütteltraumas deutlich gesunken, da belastende Situationen wie unaufhörliches Schreien seltener auftreten.
  • Alternative Schutzmaßnahmen: Die Unterbringung der Familie in einer Eltern-Kind-Einrichtung wurde als ausreichend angesehen, um mögliche Risiken zu minimieren.

Wie begründete das Gericht seine Entscheidung?

Das BVerfG überprüfte die Entscheidung des OLG unter dem Gesichtspunkt, ob wesentliche Fehler in der Sachverhaltsfeststellung vorlagen. Es bestätigte, dass:

  • Die Prognose des OLG auf tragfähigen Grundlagen beruhte.
  • Berichte aus der Eltern-Kind-Einrichtung eine positive Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung zeigten.
  • Eine langfristige Trennung des Kindes von seinen Eltern nicht gerechtfertigt sei, da die elterliche Fürsorge und das Kindeswohl überwogen.

Das BVerfG betonte, dass die Prüfungskompetenz des Verfassungsgerichts begrenzt ist und keine eigene Gefahrenprognose vorgenommen wird.


Welche Bedeutung hat die Entscheidung für Eltern und Kinder?

  • Eltern: Die Rückübertragung des Sorgerechts zeigt, dass selbst bei schwerwiegenden Vorwürfen eine Chance besteht, das Vertrauen der Gerichte zurückzugewinnen, wenn eine positive Entwicklung nachgewiesen werden kann.
  • Kinder: Der Staat hat eine Pflicht, Kinder vor Gefährdungen zu schützen, gleichzeitig jedoch das Recht auf familiären Zusammenhalt zu wahren.

Rechtstipp:
Wenn es zu Vorwürfen gegen Eltern kommt, sollten diese unverzüglich kooperieren und professionelle Hilfe suchen. Die Unterbringung in einer Eltern-Kind-Einrichtung kann helfen, das Vertrauen der Behörden wiederherzustellen. 


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