Schulzeugnis: Wann ist ein Widerspruch gegen Benotungen möglich?
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Nachdem die Zwischenzeugnisse verteilt sind, herrscht in manchen Familien wegen schlechter Noten oder gefährdeter Versetzung helle Aufregung. Was kann man tun, wenn man die Benotung für ungerecht hält, welche Bedeutung hat das Zwischenzeugnis für die weitere berufliche Karriere und in welchen Fällen kann man wegen eines Zeugnisses rechtliche Schritte einleiten?
Schulnoten sorgen bisweilen für die ein oder andere Träne – umso wichtiger ist es, den rechtlichen Rahmen rund um Schulnoten und die eigenen Handlungsmöglichkeiten zu kennen.
Haben Schulnoten eine Regelungswirkung nach außen, darf das Zeugnis angefochten werden.
Gegen einzelne Noten können Sie in bestimmten Fällen ebenfalls vorgehen.
Welche rechtliche Bedeutung haben Schulnoten?
Noten lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen, denen jeweils unterschiedliche Bedeutung zukommt. Maßgebliches Kriterium ist die sogenannte „Regelungswirkung nach außen“. Diese beschreibt, ob ein staatliches Handeln (hier: die Vergabe von Noten) Rechte des Betroffenen (also des Schülers) unmittelbar begründet, ändert, aufhebt, mit bindender Wirkung feststellt oder verneint.
Bezogen auf Noten bedeutet das, dass diese für die weitere Schullaufbahn des Schülers erheblich sein müssen (z. B. für die Versetzung) oder über die Schule hinaus die Stellung des Schülers verändern. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Note tatsächliche Auswirkungen auf das künftige Berufsleben des Schülers hat, beispielsweise weil er wegen einer schlechten Englischnote den gewünschten Ausbildungsplatz nicht bekommt.
Man muss also unterscheiden:
Art der Note | Rechtliche Einordnung |
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Einzelne Klausurnoten | Bewertung einer Einzelleistung; sie haben keine unmittelbare Wirkung nach außen. |
Mündliche Noten | Während des Schuljahres: Bewertung einer Einzelleistung; sie haben keine unmittelbare Wirkung nach außen. Bei Abschlussprüfungen (z. B. Abitur): Sie haben als Abschlussnoten Außenwirkung. |
Noten im Halbjahreszeugnis | Sie geben den Leistungsstand zu diesem Zeitpunkt wieder und haben keine unmittelbare Wirkung nach außen. Ausnahme: In der Oberstufe ab der Qualifikationsphase zählen die Halbjahresnoten direkt in die Abiturnote und haben damit Außenwirkung. |
Noten im Jahreszeugnis | Sie sind eine Leistungsbewertung für das gesamte Schuljahr. Sie haben als Einzelnote eine Außenwirkung, wenn sie über die Schule hinaus Einfluss auf das Leben des Schülers haben. |
Rechtsmittel gegen Schulzeugnisse einlegen
Art des Zeugnisses | Rechtliche Einordnung |
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Halbjahreszeugnis | Dies ist eine Leistungseinschätzung zum Schulhalbjahr ohne Außenwirkung. Ausnahme: Das Halbjahreszeugnis im Abschlussjahr, wenn es für Bewerbungen verwendet wird (z. B. für einen Ausbildungsplatz). |
Jahreszeugnis | Dies ist ein Verwaltungsakt (Bescheid) mit Wirkung nach außen. Es kann angefochten werden. |
Abschlusszeugnis | Dies ist ein Verwaltungsakt (Bescheid) mit Wirkung nach außen. Es kann angefochten werden. |
Wie bei den Schulnoten muss auch beim Zeugnis zwischen dem Halbjahres- und dem Jahreszeugnis unterschieden werden. Das Halbjahreszeugnis hat – außer in der Oberstufe und für Bewerbungen – keine Außenwirkung. Man kann dagegen nicht gerichtlich vorgehen, sondern nur bei der Schule eine Beschwerde einreichen.
Jahres- und besonders Abschlusszeugnisse stellen Verwaltungsakte dar und können als solche mit einem Widerspruch angegriffen werden. Diesen reicht man ebenfalls bei der Schule ein. Sollte der Widerspruch gegen das Zeugnis keinen Erfolg haben, kann man auch gegen das Zeugnis vor dem Verwaltungsgericht klagen. Wenn es um die Versetzung in die nächste Klassenstufe geht, sollte man damit nicht zu lange warten, sondern lieber ein Eilverfahren im einstweiligen Rechtsschutz anstreben.
Wenn man sich auf einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz bewirbt, tut man dies meist schon im Laufe des Schuljahrs, bevor die Abschlusszeugnisse ausgestellt werden. Das dafür verwendete Halbjahreszeugnis (beispielsweise der 10. Realschulklasse) hat dann auch eine Außenwirkung. Hier kann sich eine genaue Überprüfung des Zeugnisses lohnen.
Kann man einzelne Noten im Schulzeugnis anfechten?
Man kann auch gegen einzelne Noten im Jahres-/Abschlusszeugnis vorgehen. Dazu muss die Note tatsächliche Auswirkungen auf das Leben des Schülers und sein Vorankommen außerhalb der Schule haben. Es wird aber nicht überprüft, ob die Note angemessen ist, sondern ob sie vorschriftsmäßig vergeben wurde. Das Gericht überprüft also, ob die landesrechtlichen Vorgaben für die Erstellung von Zeugnisnoten eingehalten wurden. So geben viele Länder beispielsweise vor, zu wie viel Prozent die Note sich aus den schriftlichen Klausuren und zu wie viel Prozent sie sich aus anderen Leistungen des Schülers zusammenzusetzen hat.
Das gilt auch für mündliche Noten einer Abschlussprüfung (z. B. Abitur). Diese sind generell anfechtbar. Da die Bewertung der Prüfungsleistung aber dem Ermessen des Prüfers (Lehrer) unterliegt, ist die Überprüfungsmöglichkeit des Gerichts eher gering. Auf eine Verbesserung der Note sollte man daher nicht hoffen.
Ein Schüler, der die mündliche Abiturprüfung nicht bestanden hatte, zog vor das Verwaltungsgericht Koblenz, um eine Wiederholung der Prüfung einzuklagen - ohne Erfolg. Das Gericht bewertete die Prüfungsfragen für zulässig, die sich auf nicht im Unterricht gelehrte Inhalte bezogen. Schließlich sei es bei der Abiturprüfung angemessen, eigenständige Folgerungen, Wertungen und Begründungen zu verlangen (Urteil vom 19.12.2006, Az.: 7 K 1278/05.KO).
Wie wird benotet?
Die Schulgesetze der Bundesländer und die Zulassungs- und Prüfungsordnungen enthalten genaue Regelungen, wie etwa die Benotung zu erfolgen hat, von welchen Voraussetzungen die Prüfungszulassung abhängt oder wann ein Schulverweis erteilt werden darf. In der Regel geben die Websiten der Kultusministerien der Länder eine sehr gute Übersicht über die rechtlichen Grundlagen im Schulbereich.
Bei der Benotung werden die Leistungen des Schülers für den jeweiligen Unterrichtszeitraum bewertet. Hierzu zählen schriftliche Leistungen (z.B. Schulaufgaben), mündliche Leistungen (z.B. Abfragen) und praktische Leistungen (z.B. im Sportunterricht). Bei der Benotung hat der Lehrer einen relativ weitgehenden Ermessensspielraum. Allerdings kann er nicht frei nach Gutdünken die Noten festlegen, sondern muss darauf achten, dass die Benotung sachlich gerechtfertigt und angemessen ist.
Leistungsstand schon vor dem Schulzeugnis in Erfahrung bringen
Mit dem Zwischenzeugnis werden Schüler und Eltern über den jeweiligen Leistungsstand informiert. Mit dem Vermerk „Versetzung gefährdet“ sollen sie vorgewarnt werden, dass die bisherige Leistung nicht den Vorgaben entsprochen hat. Hinweis: Sowohl Eltern als auch Schüler müssen nicht das Zeugnis abwarten, um den schulischen Leistungsstand zu erfahren. Der Lehrer ist gesetzlich verpflichtet, Eltern und Schüler jederzeit hierüber zu informieren. Verbessert sich ein Schüler in der zweiten Schuljahreshälfte nicht, sendet die Schule den Eltern vor Ende des Schuljahres einen „blauen Brief“ zu, in dem nochmals auf die bestehenden Leistungsmängel hingewiesen wird. Bleiben die Leistungen im Gesamtergebnis mangelhaft, wird im Jahreszeugnis mit dem Vermerk „Der Schüler hat das Klassenziel nicht erreicht“ die Nichtversetzung in die nächste Klasse beurkundet.
(AJO; WEL)
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