Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern gem. § 176c Abs. 2 StGB und das Verbreiten von kinderpornografischen Inhalten

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In diesem Beitrag beleuchtet Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (nahe Ahaus, Steinfurt, Dülmen) für Sie ein aktuelles Urteil des BGH vom 16. Mai 2024 (3 StR 112/23) näher. Das Urteil befasst sich nämlich mit der Auslegung des Begriffs „Verbreiten“ in § 176c Abs. 2 StGB. Der BGH legt fest welche Handlungen als Verbreiten zu werten sind - und das ist natürlich für jeden von Bedeutung, dem die Absicht des Verbreitens kinderpornographischer Inhalte im Zusammenhang mit Mißbrauchshanldungen vorgeworfen wird.


Sachverhalt des BGH Urteils

Der BGH entschied in seinem Urteil über einen Angeklagten, welcher mehrfach Kinder sexuell missbrauchte und von seinen Taten wiederholt Videos und Fotos erstellte. Darauf waren verschiedenste sexuelle Handlungen an Kindern wie Oralverkehr oder Analverkehr zu sehen. Der Angeklagte hat in einigen Fällen die Fotos und Videos mit der Absicht erstellt sie zumindest einer weiteren Person zugänglich zu machen.


Rechtliche Einordnung des Urteils 

Die Vornahme von sexuellen Handlungen an Kindern ist gemäß § 176 StGB strafbar und wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Als Kinder zählen Personen unter 14 Jahren. 

§ 176c StGB stellt eine Qualifikation des § 176 StGB dar. Dies beutet, dass die Strafe sich erhöht, wenn zusätzlich zu dem sexuellen Missbrauch der Kinder noch andere Voraussetzungen, welche in § 176c StGB benannt sind, vorliegen. 

Der BGH musste sich in diesem Fall mit § 176c Abs. 2 StGB beschäftigen. Dieser sieht eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vor, wenn eine Person sexuelle Handlungen an einem Kind vornimmt in der Absicht die Tat zum Gegenstand eines pornografischen Inhaltes zu machen, der nach § 184b Abs. 1 oder 2 StGB verbreitet werden soll. Dies bedeutet, dass die Person härter bestraft werden soll, wenn sie die sexuellen Handlungen mit der Absicht vornimmt diese zu fotografieren/filmen und die Fotos/Videos danach verbreiten will.

Der BGH hat im Hinblick auf diesen Straftatbestand nun festgelegt was genau darunter zu verstehen ist, dass der Täter die Inhalte gem. § 184b Abs. 1 und 2 „verbreiten“ will. Das Landgericht hatte einen engen Verbreitungsbergriff angenommen. Demnach war es erforderlich, dass die Fotos/Videos an eine nicht mehr individualisierbare Vielzahl von Personen weitergegeben werden musste. Eine Weitergabe an einzelne bestimmte Personen genügte nicht. Diese Ansicht des Landgerichtes wurde vom BGH abgelehnt.


Welchen Maßstab setzt der BGH hinsichtlich des Verbreitens nun an? 

Der BGH hat entschieden, dass der Begriff des „Verbreitens“ in § 176c Abs. 2 StGB weit ausgelegt werden muss - und hat damit die strafbaren Handlungen ausgeweitet. Demnach sind alle in § 184b Abs. 1 genannten Varianten der Hergabe oder des Zugänglichmachens erfasst. Von § 184b Abs. 1 StGB sind, außer dem engen Begriff des Verbreitens, folglich noch das Zugänglichmachen und das Besitzverschaffen erfasst.

Im genannten Falle des BGH hat sich dieser mit dem Besitzverschaffen auseinandergesetzt. Dies bedeutet, dass der Täter einer anderen Person den Besitz an mindestens - und bereits ausreichend - einem kinderpornografischen Inhalt verschafft. Die andere Person muss individualisierbar sein, jedoch ist keine Kenntnis der Identität der Person erforderlich. Eine Besitzverschaffung liegt beispielsweise vor, wenn einer anderen Person ein kinderpornografisches Bild online in einem Chatforum zugesendet wird.

Im konkreten Falle hat der Angeklagte ausgesagt, dass er die Aufnahmen in der Absicht angefertigt hat sie anschließend an einzelne Personen weiterzugeben. Er wollte mit anderen Personen aus derselben Szene Kontakt haben und ihnen die Bilder zeigen, um Anschluss zu finden (unter Umständen im Szenejargon auch Keuschheitsprobe genannt). Die Aussage des Angeklagten bewiesen dem BGH, dass dieser die Aufnahmen mindestens an eine andere Person weitergeben wollte. Dies genügt nach dem weit gefassten Verbreitungsbegriffes des BGH. Demnach hat der Angeklagte sich gem. § 176c Abs. 2 StGB strafbar gemacht.

Ob vor dem Hintergrund der nunmehr noch höher drohenden Strafe eine solche Aussage sinnvoll war, kann hier mangels Aktenkenntnis nicht beurteilt werden. Insbesondere im Hinblick auf die hohe Strafdrohung zeigt dies jedoch, dass es unerlässlich ist, einen guten Strafverteidiger zu beauftragen, der frühzeitig entscheidende Handlungen vornimmt und Ihnen vor allem zum Schweigen rät, wo Reden schadet. Allein das Ermittlungsverfahren wegen eines solchen Vorwurfs ist sehr belastend und hat stigmatisierende Wirkung . Es ist vorteilhaft, wenn möglichst früh im Verfahren entlastende Umstände für Sie eingebracht werden können.


Absicht der Verbreitung  muß nachgewiesen werden

§ 176c Abs. 2 StGB fordert, dass der Täter bei Begehung des Missbrauchs die Absicht hat, die Tat zum Gegenstand eine kinderpornografischen Inhalts zu machen, der verbreitet werden soll. Demnach muss der Täter schon beim Erstellen der Fotos oder Videos konkret die Verbreitung dessen wollen. Die bloße Absicht der Herstellung des Inhalts genügt nicht. Jedoch muss die Verbreitung nicht tatsächlich vorgenommen werden, die bloße Absicht dies vorzunehmen zu wollen genügt.

Dies kann einen entscheidenden Punkt für die Strafbarkeit darstellen. Das Gericht muss nachweisen, dass eine solche Verbreitungsabsicht bestand. Im Falle des BGH konnte dies aus der Aussage des Angeklagten geschlossen werden. Sollte eine solche Aussage nicht vorliegen, dann muss das Gericht Beweise finden, welche eine solche Absicht nahelegen. Dies ist ein Anhaltspunkt für einen erfahrenen Strafverteidiger. Ein versierter Strafverteidiger kann prüfen, ob es Beweise gibt, die eine solche Absicht in Ihrem Fall beweisen. Wichtig ist, dass Sie keine unüberlegten Aussagen gegenüber der Polizei tätigen. Diese Aussagen werden Ihnen zumeist negativ angelastet und sind demnach höchst gefährlich, wie Heiko Urbanzyk, Fachanwalt für Strafrecht in Coesfeld, aus jahrelanger Berufserfahrung im Sexualstrafrecht weiß. 

Wenden Sie sich z.B. nach Hausdurchsuchung und auch bei Verhaftung an einen Strafverteidiger und besprechen Sie zunächst allein mit diesem Ihren Fall. Dieser sorgt für schnelle Akteneinsicht bespricht mit Ihnen das weitere Vorgehen und kann Ihnen eine erste rechtliche Einschätzung Ihrer Lage mitteilen. Rechtsanwalt Urbanzyk wird für Sie (oder Ihren Angehörigen / Bekannten in Untersuchungshaft) gerne bundesweit tätig. Einfacher Kontakt per Signal / WhatsApp: 0151-52068763.

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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