Spieler soll rund 46.000 Euro Spielverluste aus Sportwetten zurückbekommen

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Genau 45.939 Euro plus fünf Prozent Zinsen soll ein Spieler von Tipico zurückbekommen. So hat es das Landgericht Hannover entschieden. Der Sportwettanbieter hatte für den Spielzeitraum keine gültige Lizenz für sein Angebot in Deutschland. Dazu kommt: Tipico bot verbotene Wettarten an und hielt sich nicht an Vorgaben zum Spielerschutz. 


Das Spannende an diesem Fall ist, dass das Landgericht hier überhaupt geurteilt hat. Seit Juli 2024 ist es nämlich nicht immer zu erwarten, dass die Gerichte Urteile zum Thema „Geld zurück aus Online-Sportwetten“ sprechen. Denn vor knapp drei Monaten hat der BGH dem EuGH den ersten Fall zum Thema dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt und wartet seither auf eine Antwort. Es geht dabei um die Klärung von zwei Fragen zur Dienstleistungsfreiheit im Raum der EU. Der BGH setzt Fälle, die dieses Thema betreffen, so lange aus. Einige Oberlandesgerichte haben sich angeschlossen, bei anderen laufen die Verfahren weiter.


Klagen lohnt sich jetzt dennoch in jedem Fall. Vor allem für diejenigen, die bereits vor zehn Jahren gespielt haben. Denn die Ansprüche auf Rückzahlung von Spielverlusten verjähren nach diesem Zeitraum. Die Verjährung wird durch die Einreichung der Klage gehemmt.


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Tipico hat Online-Sportwetten illegal angeboten: Holen Sie Ihr Geld jetzt zurück!


Der Spieler aus dem aktuellen Fall (Az.: 19 O 118/23) wettete zwischen April 2014 und September 2020 vor allem auf Fußballspiele. In diesem Zeitraum besaß Tipico eine maltesische, nicht jedoch eine deutsche Lizenz zum Betrieb von Online-Glücksspielen. Erst seit Oktober 2020 hat der Sportwetten-Anbieter eine gültige Lizenz für das Angebot von Online-Sportwetten auf dem deutschen Markt. Der Spieler wettete zunächst von seinem privaten Laptop aus und später ausschließlich über sein Smartphone. In minimalem Umfang hat er dabei auch Geld bei Casinospielen, die Tipico über dieselbe Seite anbot, eingesetzt. Insgesamt hat der Spieler dabei 116.598,08 € bei Tipico eingezahlt und 70.659,01 € ausgezahlt bekommen.

Während er spielte, ist er davon ausgegangen, dass es sich um legale Angebote handelt. Die Seiten waren schließlich frei zugänglich und sahen professionell aus. Dass Tipico und andere Anbieter illegal Online-Sportwetten angeboten haben, ist ihm erst im Juni 2023 durch die Berichterstattung im Internet aufgefallen.


Das Angebot war nicht erlaubnisfähig: Spieler können ihre Verluste von Tipico zurückfordern


Der Grund dafür, dass der Spieler jetzt seine kompletten Verluste zurückbekommen soll, ist aber nicht nur der, dass Tipico keine Lizenz für den Zeitraum hatte, in dem der Spieler wettete, sondern dass das Angebot an sich in vielen Teilen nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Tipico hat dabei gegen wesentliche Regelungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen.


Zum Beispiel hat Tipico: 


- das 1000-Euro-Limit nicht eingehalten. Demnach dürfen Spieler grundsätzlich nur 1000 Euro pro Monat verwetten. Auch der Kläger in diesem Fall konnte nachweislich mehr als 1000 Euro bei einzelnen Wetten einsetzen.


- sich nicht daran gehalten, dass über eine Seite auf der Online-Sportwetten angeboten werden, keine Casino-Spiele betrieben und beworben werden dürfen.


- Unzulässige Live-Wetten und die sogenannte Cash-Out-Funktion angeboten.


Das Gericht sagt dazu:


Das Sportwettenangebot der Beklagten war daher - unabhängig von der Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens - aus Gründen des materiellen Glücksspielrechts nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig und hätte selbst bei unterstellter Konzessionserteilung einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde bis hin zu einem Widerruf der Konzession unterlegen.“ 


Im betreffenden Zeitraum war Online-Glücksspiel in Deutschland schlicht verboten. Das wussten allerdings die Wenigsten. Eine Ausnahme bot nur Schleswig-Holstein an und vergab eigene Lizenzen. Damit öffnete das Bundesland aber eine kleine Tür, über die schließlich zahlreiche Anbieter auf einen gigantischen Schwarzmarkt drängten. Werbung im TV, über Fußball-Vereine oder in Zeitungen und Zeitschriften gehörten zum Alltag – allerdings immer mit dem winzigen Zusatz: „Nur für Spieler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein“. Ziel war es, die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen von Online-Glücksspiel zu schützen und dem Entstehen von Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Das Landgericht Hannover erkennt daher im damals gültigen Glücksspielstaatsvertrag von 2012 ein Schutzgesetz – auch wenn es schlecht bis gar nicht funktioniert hat.


Das Thema "Geld zurück aus Online-Sportwetten kommt jetzt vor den EuGH


Grund für das Chaos bei Sportwetten war, dass es im Jahr 2012 ein Lizenzvergabeverfahren gab, das allerdings an den Regelungen der Europäischen Union gescheitert ist. 20 Lizenzen sollten vergeben werden – unter anderem auch an Tipico. Nach dem gescheiterten Verfahren ging Tipico einfach doch auf den gesamtdeutschen Markt – wie viele andere Anbieter auch. Dabei schiebt der Sportwetten-Anbieter immer wieder die europäische Dienstleistungsfreiheit vor. Die offenen Fragen dazu soll nun der EuGH beantworten.


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Das Landgericht Hannover sagt dazu:

„Der Umstand, dass die Beklagte eine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hatte und das für den Antrag geltende Verfahren zur Konzessionserteilung ihrer Auffassung nach unionsrechtswidrig durchgeführte wurde, führt zu keiner anderen Bewertung, denn die Beklagte wusste, dass sie öffentlich Glücksspiel veranstaltete, ohne über eine Erlaubnis der deutschen Behörden zu verfügen, und ihr war auch bekannt, dass die Erlaubnis im Hinblick auf das vorgeschriebene fehlende Einsatzlimit nicht ohne Weitere zu erlangen gewesen wäre."

Wie der EuGH entscheidet, kann niemand vorhersagen. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass er sich zugunsten des Spielers ausspricht, ist da. Denn bereits im Jahr 2009 hatte der EuGH entschieden, dass Internetverbote für Glücksspiele ausländischer Anbieter grundsätzlich europarechtskonform sind. Es bleibt spannend.


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Foto(s): Sandra Dambacher-Schopf

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