Sternchenhinweis und Blickfangwerbung - neues BGH Urteil
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Der BGH hat seine Rechtsprechung zur Blickfangwerbung konkretisiert: In seinem Urteil „ All Net Flat“ (Urteil vom 15.10.2015, AZ: I ZR 260/14) hat das Gericht die Voraussetzungen zulässiger Blickfangwerbung erörtert und gleichzeitig seine Beurteilungskriterien aus der bisherigen Rechtsprechung erneut bestätigt.
Aus der Rechtsprechung des BGH ergibt sich ein roter Faden. Nach dem Urteil „Schlafzimmer komplett“ (BGH, Urteil vom 18.12.2014, AZ: I ZR 129/13) hat das Gericht fast ein ganzes Jahr später in seinem Urteil „All Net Flat“ (BGH, Urteil vom 15.10.2015, AZ: I ZR 260/14) den sehr schmalen Zulässigkeitsbereich der Blickfangwerbung näher beschrieben. Der BGH stellte fest, dass Werbung, die dem Betrachter ins Auge springen soll, nur dann ohne Sternchenhinweis Einschränkungen enthalten darf, wenn diese Einschränkungen leicht auffindbar und nicht schnell übersehbar sind.
Blickfangwerbung – was ist das und was zu beachten ist
Als Blickfangwerbung gilt jede deutlich hervorgehobene Werbung, die vom Betrachter sofort wahrgenommen werden soll. Die Krux dabei ist, dass die Angaben nicht irreführend sein dürfen. Das bedeutet, dass alle auf das Angebot bezogenen Angaben deutlich erkennbar sein müssen und nicht versteckt oder schwer auffindbar sein dürfen, sondern selbst Bestandteil des Blickfangs sein müssen. Ob eine Irreführung vorliegt, wird regelmäßig an der Auffassung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers gemessen.
Falsche Angaben sind dagegen regelmäßig unzulässig, auch wenn sie durch einen Sternchenhinweis richtig gestellt werden.
Bedeutung für die Praxis der „Schlafzimmer komplett“ und „All Net Flat“ Urteile
Werden Hinweise, die die blickfangmäßige Aussage einschränken, in unmittelbarer Nähe zur Aussage und deutlich, gut lesbar kenntlich gemacht, ist die Werbung sehr wahrscheinlich auch ohne Sternchenhinweis zulässig.
In dem Urteil „Schlafzimmer komplett“ hatte die Beklagte, Verkäuferin von Wohnungseinrichtungsgegenständen Werbebroschüren verteilen lassen, in der sie unter dem fettgedruckten roten Preis die Aussage „Schlafzimmer komplett“ abdrucken ließ. Darunter befanden sich nähere Angaben zur Farbe und zum Material der abgebildeten Waren sowie der Hinweis, dass das Angebot „ohne Lattenroste, Matratzen, Spiegeltüren, Beinmöbel und Deko“ gelte.
Es sei nicht immer ein Sternchenhinweis nötig, um eine Irreführung auszuschließen, so der BGH.
Wichtig sei aber, dass es sich um Werbung für Waren handelt, die der Verbraucher näher studiert, etwa weil es sich um besonders teure Waren handelt und die er aufgrund seiner übersichtlichen knappen Darstellung insgesamt zur Kenntnis nehmen wird.
Im Fall „Schlafzimmer komplett“ war die Werbung knapp und übersichtlich gestaltet, ohne viel Text und gut lesbar. Durch die gut sichtbare Aufklärung wurden laut Auffassung des Gerichts mögliche Irrtümer vermieden. Denn der Verbraucher werde die wenigen Informationen direkt unter dem Preis sehr wahrscheinlich zur Kenntnis nehmen.
Die Werbeanzeige eines Telefondienstanbieters hingegen, erachtete der BGH als irreführend.
In der Anzeige warb die Beklagte für eine „All Net Flat“ zu einem Preis von
„19,90 € /Monat statt regulär 29,90 €″ sowie ein „Samsung Galaxy Y Smartphone″ mit der Angabe „im Wert von 229, € 1) für einmalig 1, € *“
Weiterhin warb die Beklagte mit den folgenden Aussagen ohne einen Sternchenhinweis:
„…Für nur 19,90 € statt 29,90 € im Monat telefonieren und surfen Sie ab sofort so lange und wann Sie wollen. Alle Gespräche ins nationale Festnetz und in alle deutschen Handy-Netze sind inklusive. Damit haben Sie die Garantie nie mehr als 19,90 € im Monat zu bezahlen – ganz gleich, wie viel Sie telefonieren oder auch mit Ihrem Smartphone im Internet surfen.“
Erst am Ende der anderen Seite löste die Beklagte ihre Werbung mit teilweise roten und teilweise schwarzen Sternchen auf – darunter auch die Konditionen der „All Net Flat“. Demnach waren nur nationale Standardgespräche inklusive. Für Service- und Sonderrufnummern und Auskunftsdienste galt die Flat hingegen nicht. Dadurch werde der Verbraucher derart irregeführt, dass er annehme, alle Gespräche seien in der Flat inklusive. Den Sternchenhinweis nehme der Verbraucher gar nicht oder nur durch gründliches Studieren der Werbung wahr und erwarte eine derartige Tarifeinschränkung durch fehlende Sternchenangabe erst gar nicht.
Das Gericht erachtete die „All Net Flat“ daher als irreführend und objektiv falsch. Anders als im Fall „Schlafzimmer komplett“ war die Werbung des Telefondiensteanbieters nicht sehr übersichtlich und es handelte sich nicht um kostspielige Güter, sodass sich der Verbraucher eingehender mit der Werbung befasst hätte. Im „Kleingedruckten“ waren 9 verschiedene Informationen zu verschiedenen Angeboten gemacht worden und enthielten unter anderem Allgemeine Geschäftsbedingungen. Daraus resultierte eine Unübersichtlichkeit, die leicht eine Irreführung der Verbraucher hervorrufen konnte.
Fazit
Der BGH zeigt deutlich, dass Blickfangwerbung nur unter sehr bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Übersichtlichkeit in der Gestaltung und genaue, deutliche Kennzeichnung von zusätzlichen, aufklärenden Informationen sind die Hauptmerkmale, um eine Irreführung der Verbraucher zu vermeiden. Sternchenhinweise sollten daher in unmittelbarer Nähe der Blickfangwerbung lesbar aufgelöst werden.
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