Unverheiratete Paare: Testament oder Erbvertrag, Hauptsache geregelt!

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Das deutsche Erbrecht behandelt unverheiratete Paare wie Fremde – unabhängig davon, ob eine Beziehung über Wochen, Monate oder Jahrzehnte besteht oder das Paar sogar verlobt ist. Deswegen sollten unverheiratete Paare – mit und ohne Kinder! – ihren Nachlass so regeln, dass der Partner im Todesfall bedacht und abgesichert ist

Unverheiratete Paare: kein gesetzliches Erbrecht!   

Unverheiratete Paare gibt es viele und das in ganz unterschiedlichen Lebensphasen. Ob jung und (noch) unverheiratet oder schon älter und beispielsweise nach einer gescheiterten Ehe aus Überzeugung ohne Trauschein: Viele Paare leben zusammen wie ein Ehepaar, sind aber nicht verheiratet. Wenn es um das Thema „Erben“ geht, kann eben das aber Nachteile haben. Denn Verheiratete haben ein gesetzliches Erbrecht, erben also automatisch etwas (allerdings nicht alles), auch wenn es keinerlei letztwillige Verfügung wie z. B. ein Testament gibt.  

Nichteheliche Lebenspartner existieren hingegen erbrechtlich betrachtet nicht.

Unverheiratete: Verwandte erben

Verstirbt ein Partner und gibt es keine letztwillige Verfügung, greift die gesetzliche Erbfolge. Dann erben grundsätzlich Kinder oder Enkel. Das gilt für Kinder aus einer aktuellen Beziehung genauso wie für alle Kinder aus früheren Beziehungen oder Ehen. Alle Kinder zusammen bilden dann eine Erbengemeinschaft. Das kann zu extrem unübersichtlichen Konstellationen und massiven Konflikten führen; vor allem wenn minderjährige Kinder erben und die Ex-Partner bzw. Ex-Partnerinnen ein Mitspracherecht haben.  

Hat man (noch) keine Kinder, erben Eltern und/oder Geschwister. Ohne eigene Kinder und ohne Trauschein erben im Ernstfall entfernte Verwandte, aber nicht der Partner. Das kann vor allem bei gemeinsam angeschafften Immobilien zum Problem werden, wenn Erben ausgezahlt werden wollen. Genauso problematisch: Die gemeinsam bewohnte Immobilie gehörte allein dem/der Verstorbenen. Hier können Erben den Partner auch sehr kurzfristig aus der Immobilie „werfen“.

Solche Konstellationen gilt es zu vermeiden!

Erbfall regeln: ohne Trauschein unbedingt nötig (mit auch)

Damit es nicht zu komplizierten, ungewollten Erbenkonstellationen kommt, eine geliebte Person im Todesfall leer ausgeht und schlimmstenfalls kurzfristig ihr Zuhause verliert, muss man aber nicht heiraten.

Vielmehr kann man den eigenen Nachlass entweder alleine mit einem Testament im Sinne des Partners/der Partnerin regeln oder gemeinsam mit einem Erbvertrag den Nachlass gestalten.

Tipp! Ein gemeinschaftliches Testament ist Ehepaaren vorbehalten. Ein Erbvertrag ist allerdings eine Alternative mit einer ähnlichen rechtlichen Bindungswirkung. Wichtig: Eine Widerrufs-/Aufhebungsklausel sollte z. B. für den Fall einer Trennung enthalten sein.

Sinnvolle Regelungen für unverheiratete Paare

Für unverheiratete Paare gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, den Nachlass durch Testament/Erbvertrag im Sinne des Partners bzw. der Partnerin zu regeln. Hier einige Beispiele:

  • Erbvertrag

Hier können sich die Partner gegenseitig als Alleinerben oder als Erben neben Kindern einsetzen. Man kann auch regeln, dass der Partner Alleinerbe wird und die Kinder nach dessen Tod alles erben – vergleichbar mit dem „Berliner Testament“. Unter Umständen können Kinder aber ihren Pflichtteil geltend machen. Außerdem droht eine hohe Steuerbelastung des Partners wegen des geringen Steuerfreibetrags von nur 20.000 Euro (Ehegatten: 500.000 Euro!). Hinzu kommt ein sehr hoher Steuersatz (min. 30 %!) für Unverheiratete.

  • Vor- und Nacherbschaft im Testament/Erbvertrag

Es ist auch möglich, den Partner als Vorerben (= „Erbe auf Zeit“) und (einzelne) Kinder als Nacherben einzusetzen. Der Vorerbe darf die Erbschaft zwar inkl. Erträge nutzen, aber das Vermögen i. d. R. nicht „aufbrauchen“. Er wird quasi Verwalter der Erbschaft, darf davon leben und die Erbschaftsteuer aus der Erbschaft zahlen. Mit dem Tod des Vorerben geht dann der (verbliebene) Nachlass des Erstverstorbenen auf die festgelegten Nacherben über. Insbesondere bei Patchworkfamilien kann hierdurch z. B. verhindert werden, dass Kinder/Ex-Partner aus einer früheren Beziehung an der Erbschaft beteiligt werden oder sich deren Pflichtteil unnötig erhöht.

  • Vermächtnis im Testament/Erbvertrag

Zusätzlich zur Erbeinsetzung oder stattdessen kann ein Vermächtnis an den Partner sinnvoll sein. Zwar sorgt ein Vermächtnis „nur“ für einen Anspruch gegen die Erben, z. B. auf Übereignung einer Immobilie. So kann man einzelne Gegenstände aber aus der Streitmasse einer Erbengemeinschaft ausklammern oder den Partner absichern, ohne ihm eine Erbengemeinschaft z. B. mit Kindern aus Ex-Beziehungen zuzumuten. Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung kann zusätzlich helfen, Unfrieden zu vermeiden.

Vergangenheit nicht vergessen!

Wichtig ist bei alldem: Man darf die Vergangenheit nicht vergessen und muss prüfen, ob ggf. ältere erbrechtliche Regelungen (z. B. mit einem Ex-Ehepartner) bestehen, die neue Regelungen blockieren.

Und Verheiratete?

Was junge verheiratete Eltern zum Themen „Erben & Vererben“ wissen sollten, lesen Sie in meinem Beitrag  „Testament & Co. für junge verheiratete Eltern“.

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Ihr Nicolai Utz
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Erbrecht

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