Verschwundenes Testament kann trotzdem wirksam sein
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Ein immer wieder auftretendes Szenarium: Ein Testament, von dem der Erblasser immer sprach, ist kurz nach dem Erbfall plötzlich verschwunden. Ein verwitweter kinderloser Mann verstarb ohne eigene Kinder. Seine an sich nicht erbberechtigte Stieftochter beantragte einen Allein-Erbschein mit Hinweis auf ein privatschriftliches Testament, das der Erblasser in einer Küchenschublade aufbewahrt hatte.
Nach dem Tod ihres Stiefvaters habe sie zwar den entsprechenden Umschlag vorgefunden. Der war allerdings leer. Die Halbgeschwister des Verstorbenen behaupteten, dass es kein Testament gäbe und sie danach die Alleinerben seien. Die Stieftochter konnte nachweisen, dass bei der Testamentserrichtung ihres Stiefvaters zwei Freundinnen sowie ihr Lebensgefährte dabei gewesen seien. Zeugenaussagen berichteten auch, dass der Erblasser noch eine Woche vor seinem Tod vom Testament berichtete.
Nach dieser Konstellation entschieden die Richter des OLG Köln (Az.: 2 Wx 261/18, 2 Wx 266-270/18), dass das Testament nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig sei. Bei Unauffindbarkeit spreche auch keine Vermutung dafür, dass das Testament vom Erblasser vernichtet worden sei.
Schon rein praktisch sahen die Richter eine Vernichtung als kaum nachvollziehbar: Warum sollte das Testament vernichtet und der Umschlag in der Küchenschublade liegen geblieben sein? Aufgrund der Aussagen sahen die Richter die formgültige Erstellung eines Testaments als nachgewiesen an und sprachen die Erbschaft alleine der im Testament genannten Stieftochter zu.
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