Vertragsfreiheit und Vertragsgestaltung im deutschen Zivilrecht
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1. Einleitung
Vertragsfreiheit ist ein zentrales Prinzip des deutschen Zivilrechts. Es gewährleistet den Parteien die Freiheit, Verträge nach ihren Vorstellungen zu gestalten und zu schließen. Allerdings ist diese Freiheit nicht grenzenlos. Bestimmte gesetzliche Regelungen und Schranken schützen die Vertragspartner vor Missbrauch und sichern faire und rechtmäßige Vertragsbeziehungen. In diesem Artikel werden die Grundlagen der Vertragsfreiheit und Vertragsgestaltung im deutschen Zivilrecht erläutert, mit besonderem Fokus auf unwirksame Klauseln und die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
2. Vertragstypen
Das deutsche Zivilrecht kennt eine Vielzahl von Vertragstypen, die sich nach ihrem Inhalt und Zweck unterscheiden. Die wichtigsten Vertragstypen sind:
- Kaufvertrag (§ 433 BGB): Verpflichtet den Verkäufer zur Übergabe der Sache und den Käufer zur Zahlung des Kaufpreises.
- Werkvertrag (§ 631 BGB): Verpflichtet den Unternehmer zur Herstellung eines Werkes und den Besteller zur Zahlung der Vergütung.
- Dienstvertrag (§ 611 BGB): Verpflichtet den Dienstverpflichteten zur Leistung von Diensten und den Dienstberechtigten zur Zahlung der Vergütung.
- Mietvertrag (§ 535 BGB): Verpflichtet den Vermieter zur Überlassung des Gebrauchs der Mietsache und den Mieter zur Zahlung des Mietzinses.
Diese Vertragstypen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und bieten einen rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen die Parteien ihre vertraglichen Vereinbarungen treffen können.
3. Vertragsfreiheit und Einschränkung der Vertragsfreiheit
Vertragsfreiheit
Die Vertragsfreiheit umfasst mehrere Aspekte:
- Abschlussfreiheit: Die Freiheit, zu entscheiden, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird.
- Gestaltungsfreiheit: Die Freiheit, den Inhalt und die Bedingungen des Vertrages frei zu gestalten.
- Formfreiheit: Die Freiheit, die Form des Vertrages zu wählen, soweit keine gesetzliche Formvorschrift besteht.
Einschränkungen der Vertragsfreiheit
Die Vertragsfreiheit ist jedoch durch gesetzliche Regelungen eingeschränkt, um Missbrauch und Ungerechtigkeiten zu verhindern:
- Gesetzliche Verbote (§ 134 BGB): Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, sind nichtig.
- Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB): Verträge, die gegen die guten Sitten verstoßen, sind nichtig.
- AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB): Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen einer besonderen Kontrolle, um sicherzustellen, dass sie nicht unangemessen benachteiligend sind.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Partei der anderen bei Abschluss eines Vertrages stellt. Sie unterliegen einer besonderen Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, um den Schutz des Vertragspartners sicherzustellen.
- Einbeziehung (§ 305 BGB): AGB werden nur Vertragsbestandteil, wenn der Vertragspartner bei Vertragsschluss die Möglichkeit hat, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
- Inhaltskontrolle (§§ 307-309 BGB): AGB dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Bestimmte Klauseln sind unwirksam, wenn sie gegen gesetzliche Regelungen oder die guten Sitten verstoßen.
Beispiel für eine unwirksame AGB-Klausel
Ein typisches Beispiel für eine unwirksame AGB-Klausel ist eine unangemessen lange Kündigungsfrist:
- Klausel: "Der Mieter verpflichtet sich, den Mietvertrag mindestens drei Jahre im Voraus zu kündigen."
- Unwirksamkeit: Diese Klausel ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligt. Nach § 573c Abs. 1 BGB beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist für Mieter in der Regel drei Monate.
Folgen der Unwirksamkeit
Ist eine Klausel unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Anstelle der unwirksamen Klausel tritt die gesetzliche Regelung. Im obigen Beispiel würde die gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten gelten.
Beispiel für unwirksame Individualvereinbarung
Nicht nur AGB, sondern auch individuell ausgehandelte Vertragsklauseln können unwirksam sein:
- Klausel: "Der Käufer verzichtet auf jegliche Gewährleistungsansprüche."
- Unwirksamkeit: Diese Klausel kann unwirksam sein, wenn sie den Käufer unangemessen benachteiligt und gegen § 475 Abs. 1 BGB verstößt, der Gewährleistungsansprüche bei Verbraucherverträgen nicht ausschließt.
4. Fazit
Die Vertragsfreiheit ist ein wesentliches Prinzip des deutschen Zivilrechts, das den Parteien ermöglicht, ihre vertraglichen Beziehungen nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Diese Freiheit ist jedoch durch gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt, um Missbrauch und Ungerechtigkeiten zu verhindern. Insbesondere die Kontrolle von AGB und die Regelungen zur Unwirksamkeit bestimmter Klauseln stellen sicher, dass Verträge fair und rechtmäßig bleiben. Bei der Vertragsgestaltung ist es daher wichtig, die gesetzlichen Vorgaben zu beachten und unwirksame Klauseln zu vermeiden, um Rechtsstreitigkeiten zu verhindern und eine rechtssichere Vereinbarung zu gewährleisten.
Dieser Rechtstipp ersetzt keine rechtliche oder steuerliche Beratung und bietet lediglich einen ersten Ausblick auf entsprechende Fragestellungen.
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