Videoüberwachung im Einzelhandel
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1. Wo liegen die rechtlichen Risiken?
Die Videoüberwachung von Verkaufsflächen im Einzelhandel ist mittlerweile weit verbreitet. Dennoch ist die Installation einer Videokamera vor deren Inbetriebnahme sorgfältig zu prüfen, da durch die Videoüberwachung in Rechte von Kunden und ggfs. Mitarbeitern eingegriffen wird. Da im Rahmen von Videoaufnahmen personenbezogene Daten Betroffener verarbeitet und gespeichert werden, bedarf es nach geltendem Datenschutzrecht einer Rechtsgrundlage, die diese Datenverarbeitung erlaubt.
2. Mögliche Rechtsgrundlage
Da die Videoüberwachung in der DSGVO nicht gesondert geregelt ist, greifen die allgemeinen Rechtsgrundlagen. Regelmäßig ist insoweit auf das berechtigte Interesse des Verantwortlichen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO abzustellen. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Die Einwilligung ist regelmäßig nicht geeignet als Rechtsgrundlage herangezogen zu werden, da die Erfüllung der Anforderungen an eine Einwilligung praktisch unmöglich ist.
In Sachsen können sich Einzelhändler seit 2022 ggfs. auch auf eine gesetzliche Verpflichtung (Art. 6 Abs. 1 lit. c) DGSVO stützen, da Vorgaben des Unfallversicherungsträgers (DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“/ Unfallkasse Sachsen), bspw. zur Videoüberwachung in Bereichen verpflichten, in denen Banknoten ausgegeben und entgegengenommen werden.
3. Wann ist eine Videoüberwachung im Einzelhandel erlaubt?
3.1. Das berechtigte Interesse
Zunächst bedarf es eines berechtigten Interesses des Einzelhändlers. Das berechtigte Interesse muss sich auf die zuvor festgelegten, konkreten Überwachungsziele (bspw. Abschreckungsfunktion für Straftaten (Prävention) Strafverfolgung (Beweissicherung), Eigentumsschutz, Personenschutz oder die Ausübung des Hausrechts) und auf Tatsachen, bspw. eine konkrete, nachweisbare Gefährdungslage beziehen. Wurde in der Vergangenheit bereits eingebrochen, ist die konkrete Gefährdungslage regelmäßig zu bejahen. Abstrakte Befürchtungen und Sorgen, dass möglicherweise eingebrochen werden könnte, genügen hingegen nicht (Ausnahme: Juweliere, Tankstellen).
3.2. Verhältnismäßigkeit
Neben dem berechtigten Interesse muss die Videoüberwachung verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen sein. Geeignet bedeutet, dass die Videoüberwachung überhaupt in der Lage sein muss, das konkrete Überwachungsziel zu erreichen. Erforderlich ist die Videoüberwachung, wenn es kein anderes, milderes Mittel (bspw. Umzäunung, Sicherheitsschlösser, einbruchsichere Fenster und Türen, etc.) gibt, den angestrebten Zweck zu erreichen. Die Angemessenheit bezieht sich auf das Verhältnis zwischen dem angestrebten Zweck und der Maßnahme. Die Videoüberwachung darf also nicht völlig außer Verhältnis stehen. Installiert jemand eine Videokamera, um Einbrüche zu verhindern, wäre eine 24-Stunden-Überwachung, die auch zu den Öffnungszeiten stattfindet, unverhältnismäßig und nicht erlaubt. Es würde genügen, die Videoüberwachung auf die Zeiten zu beschränken, in denen üblicherweise Einbrüche stattfinden (während das Geschäft geschlossen ist, abends, nachts, an Feiertage, etc.).
Letztendlich dürfen auch die Interessen der betroffenen Personen nicht überwiegen. Relevante Faktoren hierbei sind u.a.
- ob anlassbezogen oder generell überwacht wird
- ob die Videoaufzeichnung gespeichert wird
- welcher Personenkreis betroffen ist (bspw. Kinder)
- welche Räume betroffen sind,
- ob die Betroffenen die Videoüberwachung erwarten durften (bspw. an einer Tankstelle zu bejahen; in Sanitäranlagen nicht), etc.
3.3. Fazit
Angesichts stetig steigender Zahlen von Ladendiebstählen (6-stellig nach Kriminalstatistik) ist ein berechtigtes Überwachungsinteresse von Einzelhändlern zum Zwecke der Diebstahlprävention und Aufklärung grundsätzlich zu bejahen. Die Videoüberwachung ermöglicht zudem die Ausübung des Hausrechtes (bspw. die Überwachung von Hausverboten). Die Videoüberwachung muss jedoch verhältnismäßig sein. Sie ist bspw. auf die Verkaufsflächen und Gänge zu beschränken. Eine Überwachung von Umkleidekabinen ist untersagt, weil die Rechte Betroffener insoweit überwiegen. Die Speicherung ist zudem nach Auffassung der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten auf maximal 72 Stunden zu begrenzen.
Neben der Durchführung und Dokumentation einer Datenschutz-Folgenabschätzung müssen betroffene Einzelhändler auch daran denken, in ausreichend deutlicher Form auf die Videoüberwachung hinzuweisen. Der Hinweis muss dabei so frühzeitig erfolgen, dass der Betroffene sich dem videoüberwachten Bereich noch entziehen kann.
Sind Sie unsicher, ob Ihre Videoüberwachung rechtskonform ist oder benötigen Sie Unterstützung bei der Prüfung der Rechtskonformität einer Videoüberwachung, sprechen Sie mich gerne unverbindlich an.
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