Volkswagen verschärft Homeoffice-Regeln: Welche Rechte haben Arbeitnehmer 2025?

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Der Volkswagen-Konzern plant ab April 2025 eine Reduzierung der Homeoffice-Tage für zahlreiche Beschäftigte. Während Mitarbeiter bislang bis zu vier Tage pro Woche mobil arbeiten konnten, soll dies künftig nur noch an zwei Tagen möglich sein. Diese Maßnahme begründet das Unternehmen mit der Notwendigkeit, die betriebliche Zusammenarbeit zu intensivieren und die Effizienz zu steigern. Die Entscheidung wirft arbeitsrechtliche Fragen auf, insbesondere in Bezug auf bestehende Vereinbarungen zum mobilen Arbeiten und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.

Änderungen der Homeoffice-Regelung bei VW

Nach internen Mitteilungen wird die neue Regelung rund 24.000 Mitarbeiter der Kernmarke VW betreffen. Der Markenchef Thomas Schäfer äußerte sich dazu und betonte die Bedeutung persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz. Die Neuausrichtung erfolgt vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Herausforderungen, darunter ein deutlicher Rückgang der Unternehmensgewinne im vergangenen Jahr.

Viele Beschäftigte, die sich in den vergangenen Jahren an eine flexible Arbeitsweise gewöhnt hatten, sehen sich nun mit erheblichen Umstellungen konfrontiert. Besonders problematisch könnte die Regelung für diejenigen sein, die ihren Wohnsitz in weiter entfernte Regionen verlegt haben, um die bislang großzügigen Homeoffice-Regelungen zu nutzen. Der Betriebsrat hat bereits darauf hingewiesen, dass die aktuell geltende Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten weiterhin Bestand hat. In dieser Vereinbarung ist festgelegt, dass dezentrale Absprachen mit den jeweiligen Führungskräften maßgeblich sind.

Entwicklung der Homeoffice-Regelung bei Volkswagen

Während der Corona-Pandemie führte Volkswagen eine großzügige Homeoffice-Regelung ein, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Seit Januar 2021 konnten Arbeitnehmer bis zu vier Tage pro Woche mobil arbeiten. Zum Ende des Jahres 2023 erfolgte jedoch eine schrittweise Rückkehr zur Büroarbeit, zunächst für Führungskräfte und Manager. Diese wurden verpflichtet, an vier Tagen pro Woche im Büro anwesend zu sein und nur noch einen Tag im Homeoffice zu arbeiten. Diese Regelung wurde schrittweise auf weitere Beschäftigtengruppen ausgeweitet.

Die aktuelle Reduzierung auf maximal zwei Homeoffice-Tage pro Woche reiht sich somit in eine allgemeine Entwicklung ein, mit der viele Unternehmen verstärkt auf physische Präsenz setzen. Volkswagen sieht darin eine Möglichkeit, den Austausch zwischen Mitarbeitern zu fördern und die betriebliche Effizienz zu steigern.

Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Homeoffice

Es besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice. Arbeitgeber können daher entscheiden, in welchem Umfang sie mobiles Arbeiten gestatten, sofern keine vertraglichen oder tariflichen Vereinbarungen dem entgegenstehen. Bei Volkswagen wurde das Homeoffice durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, die weiterhin gültig ist. Der Betriebsrat betont daher, dass die neue Regelung mit den bestehenden Vereinbarungen in Einklang stehen müsse.

Arbeitgeber haben grundsätzlich das Recht, Vorgaben zum Arbeitsort im Rahmen des Weisungsrechts zu treffen. Dabei müssen jedoch bestehende Betriebsvereinbarungen beachtet werden. Sollte es zu Konflikten kommen, könnten Arbeitnehmer sich an den Betriebsrat wenden oder eine arbeitsrechtliche Beratung in Anspruch nehmen. In einigen Fällen könnte auch eine gerichtliche Klärung erforderlich sein, falls Arbeitnehmer sich auf eine betriebliche Übung oder individuelle Vereinbarungen berufen möchten.

Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis – Wann ist das möglich?

Ob eine bestehende Homeoffice-Erlaubnis widerrufen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts Homeoffice-Regelungen anpassen kann. Allerdings muss dabei das sogenannte billige Ermessen (§ 106 GewO) gewahrt bleiben. Ein Widerruf ist insbesondere dann problematisch, wenn Arbeitnehmer ihr Arbeits- und Privatleben bereits auf die Homeoffice-Erlaubnis abgestimmt haben und keine sachlichen Gründe für den Widerruf vorliegen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat in einem aktuellen Urteil (v. 11.07.2024 – 6 Sa 579/23) entschieden, dass ein einseitiger Widerruf nicht uneingeschränkt möglich ist. Im konkreten Fall arbeitete ein Projektmanager seit 2020 zu 80 % im Homeoffice. Nachdem sein Standort geschlossen wurde, ordnete der Arbeitgeber eine Versetzung an einen 500 Kilometer entfernten Standort an und widerrief die Homeoffice-Erlaubnis. Das LAG erklärte diese Maßnahme für unwirksam, da sie gegen das Prinzip des billigen Ermessens verstieß und keine überwiegenden betrieblichen Interessen ersichtlich waren.

Bedeutung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

  • Arbeitgeber sollten klare Regelungen zur Homeoffice-Arbeit treffen, insbesondere zu Widerrufsmöglichkeiten.
  • Ein Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis erfordert sachliche Gründe und muss die Interessen beider Seiten angemessen berücksichtigen.
  • Arbeitnehmer können sich gegen eine unangemessene Versetzung oder einen plötzlichen Widerruf juristisch wehren.
  • Es empfiehlt sich, bestehende Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen auf Klarheit in Bezug auf Homeoffice-Regelungen zu prüfen.

Wirtschaftlicher Hintergrund und Auswirkungen auf die Belegschaft

Die Reduzierung der Homeoffice-Möglichkeiten könnte auch im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Herausforderungen des Unternehmens stehen. Volkswagen verzeichnete zuletzt einen deutlichen Gewinneinbruch und plant Maßnahmen zur Kostensenkung. Berichte über mögliche Werksschließungen und einen Personalabbau haben in der Belegschaft für Verunsicherung gesorgt.

Vor diesem Hintergrund wird die Einschränkung des Homeoffice möglicherweise als Teil einer umfassenderen Strategie zur Restrukturierung des Unternehmens gesehen. Konzernchef Oliver Blume hat bereits in der Vergangenheit betont, dass physische Präsenz für den Unternehmenserfolg essenziell sei. Die Entscheidung dürfte daher auch als Signal für eine neue Unternehmenskultur und eine stärkere Fokussierung auf betriebliche Effizienz verstanden werden.

Handlungsmöglichkeiten für betroffene Mitarbeiter

Arbeitnehmer, die von der Neuregelung betroffen sind, haben verschiedene Möglichkeiten, auf die Änderungen zu reagieren. Zunächst empfiehlt es sich, das Gespräch mit der direkten Führungskraft zu suchen, um individuelle Lösungen zu erörtern. Die bestehende Betriebsvereinbarung lässt Spielraum für Sonderregelungen in begründeten Fällen zu.

Sollten keine einvernehmlichen Lösungen gefunden werden, können Arbeitnehmer den Betriebsrat einschalten, der bereits signalisiert hat, dass er die Einhaltung der bestehenden Vereinbarung einfordern wird. Falls sich betroffene Beschäftigte erheblich durch die Änderungen eingeschränkt sehen, könnte auch eine rechtliche Beratung sinnvoll sein, um individuelle Ansprüche zu prüfen.

Für Mitarbeiter, die angesichts der wirtschaftlichen Lage um ihre Arbeitsplätze besorgt sind, empfiehlt es sich, sich frühzeitig über ihre arbeitsrechtlichen Möglichkeiten zu informieren. Bei möglichen Kündigungen oder Standortschließungen kann eine rechtliche Prüfung klären, ob Kündigungsschutz besteht oder alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in Betracht kommen.

Abschließende Einschätzung

Die Entscheidung von Volkswagen, die Homeoffice-Tage zu reduzieren, reiht sich in einen allgemeinen Trend zur verstärkten Büropräsenz ein. Während Unternehmen betriebliche Effizienz und Zusammenarbeit als Hauptgründe anführen, stellen sich für Arbeitnehmer mit flexiblen Arbeitsmodellen neue Herausforderungen. Rechtlich gesehen sind die bestehenden Betriebsvereinbarungen von zentraler Bedeutung, und betroffene Mitarbeiter sollten sich über ihre Rechte informieren.

Inwieweit die neue Regelung langfristig Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung, Betriebsrat und Belegschaft wird entscheidend sein, um einen fairen und tragfähigen Kompromiss zu finden. Die Entwicklungen bei Volkswagen könnten zudem als richtungsweisend für andere Unternehmen gelten, die sich mit der Neugestaltung von Arbeitsmodellen nach der Pandemie befassen.




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Ihr Rechtsanwalt für Arbeitsrecht – Daud Haque
Rechtsanwalt Daud Haque ist Gründer der Rechtsanwaltsboutique Haque (Arbeitsrecht & Compliance) und spezialisiert auf Kündigungsschutzrecht und Konfliktmanagement.

Er berät Arbeitnehmer umfassend zu Aufhebungsverträgen und Abwicklungsvereinbarungen nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Falls erforderlich, vertritt er seine Mandanten vor dem Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, um eine angemessene Abfindung, ein herausragendes Arbeitszeugnis oder eine Weiterbeschäftigung zu erreichen.



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