Was kann man tun, um sich gegen eine Anzeige zu wehren?

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Einen Überblick über Ihre Rechte von Joana Hohenadl und Rechtsanwältin und Steuerberaterin Elisa Roggendorff


Wer angezeigt wurde, beispielsweise durch einen Geschäftspartner, sieht sich plötzlich nicht nur mit der Polizei und strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert, sondern auch mit Abwehrkosten für einen Anwalt. Für viele Betroffene stellt sich nach Einstellung des Verfahrens die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten allgemein bestehen, um sich gegen die zu Unrecht erfolgte Anzeige zur Wehr zu setzen und letztlich auch, ob vom Anzeigenerstatter die Kosten zurückverlangt werden können.

I. Strafrecht

1. Aufwendungsersatz


Gemäß § 469 StPO hat der zu Unrecht Beschuldigte einen Anspruch auf Erstattung seiner Anwaltskosten gegen den Anzeigeerstatter, wenn dieser vorsätzlich oder leichtfertig gehandelt hat.


2. Gegenanzeige 


Um sich gegen den Anzeigeerstatter zu wenden kann man auch eine Gegenanzeige erstatten. Der Beschuldigte kann hier dem Anzeigeerstatter eine falsche Verdächtigung gem. § 164 StGB oder dieselbe Tat vorwerfen.


Bei kleineren bzw. privaten Rechtsstreitigkeiten mit wenigem öffentlichen Interesse und/oder geringem Streitwert, bezwecken die Gerichte die Auseinandersetzung vor allem außergerichtlich zu klären[1]. Kommt es zu einer Gegenanzeige mit dem gleichen Tatvorwurf, sind die Staatsanwaltschaften oft dazu bereit ein Verfahren komplett einzustellen[2]. Typische Streitigkeiten sind hierbei Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung und einfache Körperverletzung[3].


Die Gegenanzeige nach § 164 StGB kann nur Erfolg haben, wenn der Anzeigeerstatter entgegen besseren Wissens falsche Angaben gemacht hat.


II. Zivilrecht

1. Unterlassung


Der Beschuldigte kann dem Anzeigenden eine außergerichtliche Abmahnung zuschicken, welche den Anzeigenden zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordert[4]. Sollte dieser die Erklärung unterschreiben, so muss er eine Vertragsstrafe zahlen, wenn er die Tatsachen wieder behauptet. Wenn die Erklärung nicht unterschrieben wird, kann man diese auch gerichtlich durchsetzen[5].


Diese Option ist überflüssig, wenn die Ermittlungsbehörden aufgrund nicht hinreichenden Tatverdacht das eingeleitete Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO bereits eingestellt haben.


2. Schadensersatz

a) §§ 823 Abs. 2, 249 BGB i.V.m § 164 StGB


Die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kann eine schadensersatzauslösende unerlaubte Handlung sein[6].


Hierfür müsste sich der Anzeigeerstatter wegen § 164 StGB strafbar gemacht haben, da § 823 Abs. 2 BGB den Verstoß gegen ein Schutzgesetz, wie es der § 164 StGB ist, erfordert[7].


Erneut ist der Anzeigeerstatter nur in den Fällen zum Schadensersatz verpflichtet in denen er vorsätzlich falsche Anschuldigungen macht[8]. Denn es ist mit den rechtsstaatlichen Geboten unvereinbar, wenn derjenige, der im guten Glauben eine Strafanzeige erstattet, Nachteile (hier in Form von Schadensersatzforderungen) dadurch erleidet, dass sich seine Behauptung nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder nicht aufklärbar erweist[9]. Auch Rechtsanwaltskosten für die Vertretung in einem Ermittlungsverfahren gehören insoweit grundsätzlich zu den typischen, ersatzlos hinzunehmenden Folgen einer formal berechtigten Einleitung und Durchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens[10].


Sollte der Anspruch erfolgreich sein, weil sich der Anzeigeerstatter strafbar gemacht hat, so kann der falsch Beschuldigte im Wege des Schadensersatzes die Aufwendungen ersetzt verlangen, die zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren, mithin auch die ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten[11].


b) §§ 823 Abs. 1, 253 BGB 


Nach der herrschenden Rechtsprechung können durch schuldhafte Pflichtverletzungen verursachte Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Geldentschädigung in Form von Schmerzensgeld begründen[12]. Ein solcher Anspruch kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handelt[13]. Ob eine solche schwerwiegende Verletzung vorliegt, ist auf Grund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und hängt insbesondere von der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund der Handelnden sowie von dem Grad des Verschuldens ab[14].


III. Fazit

Solange der Anzeigeerstatter die Angaben im guten Glauben gemacht hat, muss der Beschuldigte die Anzeige einfach hinnehmen- außer es handelt sich um einen Fall bei dem eine Gegenanzeige mit dem gleichen Tatvorwurf zur Einstellung des Verfahrens führen kann. Ansonsten kann man erst mit einem Schadensersatz rechnen, wenn der Anzeigeerstatter wissentlich falsche Angaben gemacht hat bzw. sich nach § 164 StGB strafbar gemacht hat. Die beschränkten Möglichkeiten des Beschuldigten lassen sich damit erklären, dass eine (nicht wissentlich unwahre oder leichtfertige) Strafanzeige eines Bürgers im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten liegt, auf die der Rechtsstaat bei der Strafverfolgung nicht verzichten kann[15]. 



[1] Brauer, RA. Dr. Matthias: Was ist eine Gegenanzeige und wann hilft sie mir?

[2] Brauer, RA. Dr. Matthias: Was ist eine Gegenanzeige und wann hilft sie mir?

[3] Brauer, RA. Dr. Matthias: Was ist eine Gegenanzeige und wann hilft sie mir?

[4] Franz, Christian D.: Unberechtigte Strafanzeige: Welche Rechte haben Beschuldigte?

[5] Franz, Christian D.: Unberechtigte Strafanzeige: Welche Rechte haben Beschuldigte?

[6] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[7] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[8] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[9] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15

[10] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[11] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[12] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[13] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[14] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.

[15] AG Brandenburg, Urt. v. 26.5.2016 – 34 C 40/15.


Foto(s): https://unsplash.com/de/fotos/KJgkqQcdynQ

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