Website mit Foto einer Fototapete: Wird dadurch Urheberrecht verletzt?

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Wird das Urheberrecht verletzt, wenn eine legal im Handel erworbene Fototapete im Bildhintergrund auf der eigenen Website sichtbar ist? Ist dabei das Vervielfältigungsrecht des Fotografen verletzt, von dem das Motiv stammt? Haben Hersteller oder Vertreiber der Fototapete einen Unterlassungsanspruch gegen den Betreiber der Website? Die Gerichte beurteilen diese Rechtsfrage derzeit unterschiedlich. Der Beitrag gibt eine Übersicht über wichtige Urteile.

Fototapete und Urheberrecht: Worum geht es?

Nicht nur Gastronomen und Hotelbetreiber waren in der Vergangenheit und sind weiterhin regelmäßig von Abmahnungen betroffen: Auf deren Website befindet sich ein Foto, das ihre Innenräume zeigt. Im Hintergrund ist eine Fototapete zu sehen. Diese Fototapete haben sie völlig legal im Handel erworben und zur Dekoration angebracht.

Plötzlich geht dem Website-Betreiber eine Abmahnung zu: Der Fotograf des auf der Fototapete wiedergegebenen Bildes, ein Unternehmen, das die Rechte des Fotografen wahrnimmt, der Hersteller der Fototapete oder der Vertreiber behauptet, durch die Wiedergabe als Bildhintergrund werde gegen das Urheberrecht verstoßen. Vom Website-Betreiber werden eine Unterlassungserklärung, Auskunft über die bisherige Bildnutzung, Lizenzschadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten gefordert.

Geschieht dies zu Recht? Die Gerichte urteilten in der jüngeren Vergangenheit ganz unterschiedlich.

Urteile zur Fototapete als Bildhintergrund

OLG Düsseldorf, Az. I-20 U 56/23

Am 16.01.2024 verhandelte das Oberlandesgericht Düsseldorf über die Berufung eines Klägers, der sein Urheberrecht am Foto einer Fototapete verletzt sieht, weil ein Foto des damit tapezierten Zimmers auf einer Website veröffentlicht wurde. Vor dem Landgericht Düsseldorf war der Kläger in der ersten Instanz erfolglos geblieben.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird im Februar 2024 erwartet. Einem Bericht zufolge wurde in der Verhandlung bereits deutlich, dass das OLG das Urteil des LG Düsseldorf bestätigen wird.

LG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2023, Az. 12 O 129/22

Das Landgericht Düsseldorf hatte zuvor mit Urteil vom 08.03.2023, Az. 12 O 129/22, die Klage auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Abmahnkosten unter dem Gesichtspunkt der Urheberrechtsverletzung ab. Das Landgericht Düsseldorf begründete die Klageabweisung zugunsten der beklagten Websitebetreiberin unter anderem damit, dieser seien durch schlüssiges Verhalten ausreichende Nutzungsrechte eingeräumt worden, als sie die Fototapete erworben habe:

"Nach Auffassung der Kammer ist es als branchenüblich anzusehen, dass keine gesonderte Vergütung für Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt wird."

LG Stuttgart, Urteil vom 25.10.2022, Az. 17 O 39/22

Auch das Landgericht Stuttgart hingegen entschied mit Urteil vom 25.10.2022, Az. 17 O 39/22, zugunsten der beklagenden Vermieterin eines Ferienhauses. Die Rechtsausübung durch die klagende Inhaberin der Bildrechte des Fotografen sei unzulässig, weil sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergebe:

"Wer Fototapeten mit eigenen Motiven in den Verkehr bringt, muss im Digitalzeitalter grundsätzlich damit rechnen, dass Fotografien des Zimmers mit der Fototapete angefertigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Mit dem früheren Verhalten des Inverkehrbringens der Fototapete ist es grundsätzlich unvereinbar, den Käufer einer solchen Tapete später wegen urheberrechtlicher Verstöße auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wenn er Fotos seines eigenen Zimmers veröffentlicht."

LG Köln, Urteil vom 18.08.2022, Az. 14 O 350/21

Anders hatte kurz zuvor noch das Landgericht Köln mit Urteil vom 18.08.2022, Az. 14 O 350/21 entschieden. Das Landgericht entschied dort gegen die beklagte Vermieterin einer Ferienwohnung. Dabei argumentierte das Gericht unter anderem mit dem geringen Kaufpreis von nur 13,50 €:

"Auch beim Verkauf einer Wandtapete an ein Unternehmen ist nicht davon auszugehen, dass von vornherein mehr übertragen werden sollte als eben das Sacheigentum an der verkauften Tapete. Es hätte vielmehr nahegelegen, andernfalls einen entsprechenden Passus in die Rechnung aufzunehmen, was mutmaßlich auch einen höheren Preis bedeutet hätte. Die Beklagte konnte auch nicht ausgehen, dass allein aufgrund ihres gewerblichen Charakters jegliche Nutzung der erworbenen Tapete gestattet sein sollte."

Bedeutung für die Praxis

Noch handelt es sich um eine recht kleine Anzahl von Einzelfallentscheidungen. Eine einheitliche Linie der Oberlandesgerichte ist bislang nicht absehbar.

Die Begründungen der Landgerichte Düsseldorf und Stuttgart sind praxisgerecht. Im unternehmerischen Bereich ist es üblich, auf der eigenen Website auch Innenaufnahmen aus den eigenen Räumen zu zeigen. Wer seine Fototapeten auch Unternehmen zum Kauf anbietet, muss deshalb damit rechnen, dass die Tapete in deren Web-Auftritten irgendwo im Bildhintergrund erscheint. Wer das nicht möchte, kann ein ausdrückliches Verbot auf der Verpackung abdrucken: "Nur ankleben und anschauen, nicht fotografieren und auf der Website veröffentlichen!". Ob ein solches Verbot den Absatz der Fototapeten fördert, sei einmal dahingestellt.

Unabhängig davon hinterlässt die Diskrepanz zwischen regulärem Kaufpreis und den mit den Abmahnungen und Klagen geltend gemachten Schadensersatzforderungen, Vertragsstrafen und Abmahnkosten einen schalen Beigeschmack: Der Verdacht, hier werde mit Hilfe von Abmahnungen und Klagen eine zweite, lukrative, Einkünftequelle geschaffen, steht im Raum. Urheberrechtliche Abmahnungen als besondere Form des Multi-Channel-Marketing? Dies wäre Rechtsmissbrauch.

Wer jedes Risiko ausschließen will, sollte zunächst darauf verzichten, Fototapeten im Hintergrund mit abzubilden. Das gilt sowohl für die eigene Website wie auch für Online-Auftritte in den Sozialen Medien oder auf Buchungsplattformen.

Rechtsanwalt Stefan Loebisch vertritt regelmäßig Unternehmen aus Gastronomie, Beherbergung, Möbelhandel und anderen Branchen, die sich wegen angeblicher Verstöße gegen Urheberrecht verteidigen müssen.



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