Weisungsrecht vs. Änderungskündigung: Wann ist welche Maßnahme zulässig?

  • 4 Minuten Lesezeit

1. Begriffsbestimmung Weisungsrecht 

Das Weisungsrecht, auch Direktionsrecht genannt, beschreibt das Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Anweisungen zur Ausübung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung zu erteilen. Diese Anweisungen können sich auf unterschiedliche Bereiche der Arbeit beziehen, wie Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitstätigkeit.

2. Umfang des Weisungsrechts 

Der Arbeitgeber darf das Weisungsrecht nicht uneingeschränkt ausüben, sondern nur innerhalb der durch den Arbeitsvertrag bestimmten Grenzen. Das Weisungsrecht konkretisiert den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung.

a. Inhalt der Arbeitsleistung 

Bei der Zuweisung zu einer bestimmten Tätigkeit ist zu unterscheiden, ob im Arbeitsvertrag die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit benannt ist, oder ob die Arbeitstätigkeit nur fachlich umschrieben ist. Bei der Variante 1 besteht das Weisungsrecht nur im Hinblick auf die Konkretisierung des Tätigkeitsbereichs. Bei der Variante 2 deckt das Weisungsrecht die Ausübung sämtlicher Arbeiten ab, die sich innerhalb des vereinbarten Berufsbilds halten und gleichwertig sind. Nebenarbeiten, wie u.a. das Heranschaffen von Material, Aufräumen und Säubern des Arbeitsplatzes, sind zu verrichten, wenn deren Übernahme dem Arbeitsvertrag entspricht. Bei Notfällen muss der Arbeitnehmer zur Vermeidung eines Unternehmensschadens auch solche Arbeiten übernehmen, die nicht in seinen Tätigkeitsbereich fallen. Zur Arbeit von verbotener und sittenwidriger Arbeitsleistung ist der Arbeitnehmer nie verpflichtet.

b. Ort der Arbeitsleistung 

Sofern im Arbeitsvertrag ein Arbeitsort ausdrücklich bezeichnet ist, kann dieses ein Indiz dafür sein, dass die einseitige Änderung des Arbeitsortes nicht vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist. Wenn der Arbeitnehmer für einen bestimmten Betrieb eingestellt wurde, darf er im Rahmen seiner Leistung ausschließlich innerhalb des Betriebes versetzt werden. Sofern sich im Arbeitsvertrag überhaupt keine Regelung zu einem Arbeitsort findet, hat der Arbeitgeber ein umfassendes Recht den Arbeitnehmer in einen anderen Beschäftigungsbetrieb zu versetzen. Dies gilt jedoch nur unter Berücksichtigung der Billigkeitsmaßstäbe im Sinne des § 106 GewO und des § 315 BGB.  

c. Zeit der Arbeitsleistung 

Die Arbeitszeit kann durch ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung konkretisiert werden. Soweit arbeitsvertraglich keine solche Regelung getroffen ist, ist der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts nach § 106 GewO befugt, die Lage der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Billigkeitsmaßstäbe zu bestimmen.

Vom Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht umfasst ist hingegen die Bestimmung der Dauer der Arbeitszeit, welche einer vertraglichen Vereinbarung oder den Bestimmungen anwendbarer Tarifverträge bedarf.

3. Grenzen des Weisungsrechts 

Das Weisungsrecht erstreckt sich nicht auf die Höhe des Lohns und den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung. Zur Veränderung dieser arbeitsvertraglichen Bedingungen bedarf es dagegen eine Änderungskündigung.

4. Änderungskündigung 

Eine Änderungskündigung nach § 2 KSchG liegt vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und im Zusammenhang mit dieser Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbietet. Es ist dem Arbeitgeber erst gestattet eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn er die angekündigte Maßnahme nicht mit einem milderen Mittel durchsetzen kann. Sofern der Arbeitgeber die Änderung auch innerhalb seines Weisungsrechts durchsetzen könnte, würde er mit einer Änderungskündigung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

Ein Arbeitnehmer kann sich gegen die Änderungskündigung nur zur Wehr setzen, wenn er nach § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Änderungskündigung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht. Zusätzlich sollten Arbeitnehmer nach § 2 KSchG von ihrem Recht Gebrauch machen, das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Diesen Vorbehalt muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Diese Vorgehensweise ist Arbeitnehmern zu empfehlen. Unabhängig vom Ausgang des gerichtlichen Verfahrens, bleibt der Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt. Verweigert der Arbeitnehmer die Annahme, könnte er den Arbeitsplatz vollständig verlieren. Die Annahme unter Vorbehalt bietet daher die Möglichkeit, die Erwerbstätigkeit zu sichern. Entscheidet das Arbeitsgericht nachträglich, dass die Änderungskündigung rechtmäßig war, verliert der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz, sofern er die Änderungskündigung nicht unter Vorbehalt angenommen hat.

5. Fazit 

Es ist zwischen dem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht im Sinne des § 106 GewO, § 315 BGB und einer Änderungskündigung zu unterscheiden.

Das arbeitgeberseitige Weisungsrecht ist bei Änderungen hinsichtlich des Inhaltes, des Ortes und der Zeit der Arbeitsleistung zulässig, wenn es die arbeitsvertraglichen Grenzen nicht überschreitet und der Billigkeit entspricht.

Bei arbeitgeberseitigen Änderungen bezüglich des Lohnes und des Umfangs der geschuldeten Arbeitsleistung sind arbeitgeberseitige Weisungen nicht zulässig. Diese Maßnahmen werden im Wege einer Änderungskündigung ausgesprochen. Dagegen kann der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht gerichtlich vorgehen. Es empfiehlt sich für Arbeitnehmer gleichzeitig die Änderung der Arbeitsbedingungen unter einem Vorbehalt gegenüber dem Arbeitgeber anzunehmen.




Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Katja Lindig

Beiträge zum Thema