Wohnungsmiete: Was ist bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzug zu beachten?
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Einer der häufigsten Kündigungsgründe für Wohnungsmietverträge ist, dass der Mieter die Miete nicht zahlt.
1. Ab welcher Höhe des Mietrückstands kann gekündigt werden?
Dass der Vermieter bei einem Rückstand von insgesamt 2 Monatsmieten gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB fristlos kündigen kann, ist allgemein bekannt. Nicht ganz so bekannt ist, dass der Vermieter nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB bereits dann fristlos kündigen kann, wenn sich der Mieter an 2 aufeinanderfolgenden Terminen mit einem „nicht unerheblichen Teil der Miete“ im Rückstand befindet. Für die Wohnungsmiete definiert § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB, dass ein „nicht unerheblicher Teil der Miete“ dann gegeben ist, wenn der Rückstand eine Monatsmiete übersteigt. Eine Monatsmiete und 1 Cent reichen also bereits aus!
Tipp für Vermieter: Ein einmal entstandenes Kündigungsrecht entfällt nicht dadurch, dass sich der Rückstand in der Folgezeit verringert. Hat z. B. der Mieter in einem Monat nur einen Teil der Miete überwiesen und zahlt er im darauffolgenden Monat nicht fristgerecht, ist das Kündigungsrecht entstanden. Sie können auch dann noch kündigen, wenn der Mieter vor Ausspruch der Kündigung noch so viel nachgezahlt hat, dass der Rückstand eine Monatsmiete nicht mehr übersteigt. Die Kündigungsmöglichkeit entfällt nur dann, wenn der Rückstand bis auf den letzten Cent bezahlt wurde.
2. Kündigung in Zeiten der Corona-Krise
Achtung Ausnahmeregelung!
Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie enthält auch Ausnahmeregelungen für die Kündigung. Eine Kündigung ist zeitlich befristet ausgeschlossen, wenn
- die Mietrückstände im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 entstanden sind und
- die Nichtzahlung auf der Corona-Krise beruht, was der Mieter glaubhaft machen muss.
Der Mieter bleibt aber grundsätzlich zur pünktlichen Mietzahlung verpflichtet. Rückstände sind vom Mieter nachzuzahlen. Erfolgt kein vollständiger Ausgleich bis zum 30.06.2022, kann der Vermieter auch aufgrund der Rückstände aus diesem Zeitraum kündigen.
Mietrückstände, die bereits zuvor entstanden sind oder nicht auf der Corona-Krise beruhen, berechtigen weiterhin zur Kündigung.
2. Was ist mit rückständigen Nebenkosten?
Nachforderungen aus Nebenkostenabrechnungen gehören übrigens, anders als die laufenden Nebenkostenvorauszahlungen, nicht zum Mietrückstand im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB, der zur Kündigung berechtigt.
Tipp für Mieter: Geben Sie bei Zahlungen immer den Verwendungszweck an. So vermeiden Sie, dass der Vermieter Ihre laufenden Mietzahlungen auf eine streitige Nebenkostennachzahlung verrechnet und Sie mit der laufenden Miete in Verzug geraten, was zur Kündigung führen kann.
3. Der Mieter zahlt, aber immer verspätet
Sofern nichts anderes vereinbart wurde, ist die Miete spätestens zum 3. Werktag des Monats fällig. Ärgerlich für Vermieter sind besonders solche Mieter, die unregelmäßig, irgendwann und in unterschiedlicher Höhe die Miete bezahlen.
Auch wenn insgesamt kein Mietrückstand aufläuft, der eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB rechtfertigen würde, ist der Vermieter nicht völlig schutzlos. Auch eine fortgesetzte unpünktliche Mietzahlung kann dem Vermieter einen Grund zur Kündigung geben. Voraussetzung ist allerdings, dass der Mieter zuvor erfolglos abgemahnt wurde. Der Vermieter muss also den Mieter zunächst darauf hinweisen, dass er die unpünktlichen Mietzahlungen nicht hinnimmt und bei erneuter unpünktlicher Zahlung die Kündigung droht.
Tipp für Vermieter: Mahnen Sie den unpünktlich zahlenden Mieter ab.
4. Stillschweigende Fortsetzung des Mietvertrags
Zieht der Mieter nicht aus, gilt das Mietverhältnis als fortgesetzt, sofern nicht der Vermieter innerhalb von 2 Wochen der Fortsetzung des Mietvertrags widerspricht (§ 545 BGB). Dann ist es egal, ob die Kündigung wirksam war oder nicht.
Tipp für Vermieter: Widersprechen Sie bereits im Kündigungsschreiben ausdrücklich der Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Fortsetzung des Gebrauchs der Wohnung.
5. Nachzahlung des Mietrückstands
Die außerordentliche, fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB wird gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch dann unwirksam, wenn der Mieter innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Räumungsklage die rückständige Miete vollständig bezahlt oder sich eine öffentliche Stelle zur Zahlung der Mietschulden verpflichtet. Weitere Voraussetzung ist, dass nicht innerhalb von 2 Jahren zuvor auf diese Weise eine Kündigung unwirksam geworden ist. Selbstverständlich muss auch die laufende Miete gezahlt werden.
Tipp für Mieter: Wenn Sie selbst nicht den Rückstand bezahlen können, fragen Sie rechtzeitig beim Jobcenter oder Sozialamt nach, ob die Mietschulden, ggf. als Darlehen, übernommen werden können. Beruht der Mietrückstand auf einer streitigen Mietminderung, zahlen Sie den Rückstand unter Vorbehalt der Rückforderung. Noch besser ist es, bei Mängeln von vornherein die volle Miete unter Vorbehalt weiter zu zahlen und den Vermieter auf Rückzahlung in Anspruch zu nehmen. So vermeiden Sie, dass es überhaupt zur Kündigung kommt. Bei einer Mietminderung tragen Sie als Mieter das Risiko, ob der Mangel vorliegt und eine Minderung in der geltend gemachten Höhe rechtfertigt.
Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss v. 20.07.2016, Az.: VIII ZR 238/15; Urteile vom 19.09.2018 (Az.: VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17) gilt diese Heilungsmöglichkeit nicht für eine (hilfsweise) ordentliche Kündigung gem. § 573 BGB. Diese Rechtsprechung ist vielfach auf Kritik gestoßen. Eine angekündigte Gesetzesänderung wurde aber bislang nicht umgesetzt.
Tipp für Vermieter: Sprechen Sie neben der außerordentlichen fristlosen Kündigung hilfsweise die ordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist aus.
6. Kein Widerspruch möglich
Der Mieter kann gem. § 574 Abs. 1 BGB einer ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn oder einen Haushaltsangehörigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Rechtfertigt der Mietrückstand die außerordentliche Kündigung, ist aber kein Widerspruch möglich.
Dass durch die Schonfristzahlung die außerordentliche Kündigung unwirksam wird, führt nicht dazu, dass der Mieter gegen die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ein Widerspruchsrecht hat (BGH, Urteil vom 01.07.2020, Az.: VIII ZR 323/18). Selbst wenn der Vermieter nur ordentlich gekündigt hat, besteht kein Widerspruchsrecht des Mieters. Es reicht für den Ausschluss des Widerspruchsrechts, dass dem Vermieter aufgrund des Zahlungsrückstands (auch) ein Recht zur fristlosen Kündigung zustand (BGH, a.a.O.).
7. Räumung kann treuwidrig sein
Der BGH hält an der Rechtsprechung fest, dass durch eine vollständige Nachzahlung des Mietrückstands die ordentliche Kündigung nicht unwirksam wird. Trotzdem kann im Einzelfall der Räumungsanspruch nicht durchsetzbar sein, wenn eine Räumung gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Mietverhältnis seit Jahren ohne Probleme bestand und der Rückstand zeitnah und vollständig vom Mieter bezahlt wurde.
Tipp für Vermieter: Gab es bereits in der Vergangenheit Mietrückstände, dann sollte dazu in einem Räumungsverfahren immer vorgetragen werden, auch wenn die Kündigung selbst nicht auf diese alten Rückstände gestützt wird.
Tipp für Mieter: Berufen Sie sich auf die Treuwidrigkeit des Räumungsverlangens, wenn Sie bislang vertragstreu waren und zahlen Sie möglichst schnell den kompletten Mietrückstand.
Heinrich von Knorre
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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