Von faktisch bis ruhend: Welche Arbeitsverhältnisse gibt es?
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Wann beginnt ein Arbeitsverhältnis?
Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach einem Bewerbungsprozess über die Eingehung eines Beschäftigungsverhältnisses und den Inhalt geeinigt, entsteht das Arbeitsverhältnis durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber oder durch die tatsächliche Aufnahme der Beschäftigung. Der schriftliche Arbeitsvertrag regelt die gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen den Arbeitsvertragsparteien, wie beispielsweise Position und Aufgaben des Beschäftigten, Höhe des Gehalts, Kündigungsfristen und Arbeitszeiten. § 2 Nachweisgesetz (NachwG) zwingt den Arbeitgeber seit dem 01. August 2022, wesentliche Vertragsbedingungen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen.
Austauschverhältnis
Durch das Arbeitsverhältnis entsteht ein Austauschverhältnis, das Arbeitnehmer verpflichtet, im Dienste des Arbeitgebers weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu leisten. Der Arbeitgeber übt im laufenden Arbeitsverhältnis ein Weisungs- und Direktionsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer aus, indem er diesem vorschreiben kann, zu welcher Zeit, in welcher Art, an welchem Ort und mit welchem Inhalt er seine Arbeitsleistung auszuführen hat. Im Austausch dazu wird der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Arbeitsverhältnis vs. selbstständige Tätigkeit
Das Gegenteil zum Arbeitsverhältnis ist die selbstständige Tätigkeit. Bei der selbstständigen Tätigkeit schuldet der Auftraggeber zwar ebenfalls eine Vergütung, allerdings ist der Auftragnehmer nicht an Weisungen des Auftraggebers gebunden und frei darin, seine Arbeit selbstbestimmt zu erledigen.
Auch sozialversicherungs- und steuerrechtlich hat der Arbeitgeber Sozialversicherungsabgaben und Einkommensteuer zu zahlen und eine Gehaltsabrechnung zu erteilen. Selbstständige versichern sich dagegen aus ihren eigenen Einkünften selbst und führen auch eigenständig die anfallende Umsatz- und Einkommensteuer an das Finanzamt ab.
Das faktische Arbeitsverhältnis
Ein faktisches oder fehlerhaftes Arbeitsverhältnis liegt dann vor, wenn Arbeitnehmer ohne eine wirksame vertragliche Grundlage Arbeitsleistungen erbringen. Arbeitsverhältnisse entstehen nicht erst mit dem Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages, sondern bereits mit der Ausführung und der tatsächlichen Erledigung der Arbeitsaufgaben durch den Arbeitnehmer. Macht der Arbeitgeber die Entstehung des Arbeitsverhältnisses von dem Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages abhängig, nimmt aber vor der Unterzeichnung die Dienste des Arbeitnehmers bereits in Anspruch, entsteht in solchen Fällen bis zum Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis. Leistet der Arbeitnehmer eine Arbeit auf Weisung des Arbeitgebers, entsteht mit der tatsächlichen Ausführung also ein Arbeitsverhältnis, auch wenn noch kein schriftlicher Arbeitsvertrag unterschrieben wurde. Der Arbeitgeber hat daher auch bei einem fehlenden schriftlichen Arbeitsvertrag eine Vergütung für die geleistete Arbeit an den Arbeitnehmer zu zahlen.
Ein faktisches Arbeitsverhältnis entsteht ebenfalls, wenn ein Arbeitsvertrag beispielsweise wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung angefochten wurde, Arbeitsleistungen aber dennoch erbracht wurden oder werden. Das faktische Arbeitsverhältnis betrifft auch die Fälle, in denen der Arbeitsvertrag nichtig ist, weil der Arbeitnehmer beispielsweise nicht geschäftsfähig ist, wie im Fall der Minderjährigkeit von Arbeitnehmern. Für die Vergangenheit haben Arbeitnehmer bei einem faktischen Arbeitsverhältnis für die erbrachten Leistungen sämtliche Rechte aus dem Arbeitsverhältnis und insbesondere einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Das befristete und unbefristete Arbeitsverhältnis
Das unbefristete Arbeitsverhältnis
Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit abschließen. Das Beschäftigungsverhältnis läuft dann ohne die Bestimmung einer Frist auf unbegrenzte Zeit und endet nicht automatisch zu einem bestimmten Datum.
Das befristete Arbeitsverhältnis
Befristete Arbeitsverhältnisse liegen vor, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag auf bestimmte Zeit abschließen. Das befristete Arbeitsverhältnis endet dann mit dem Ablauf des Tages oder Datums, das als Ende im Arbeitsvertrag benannt ist. Befristete Arbeitsverträge werden häufig mit Sachgrund im Vertretungsfall (Elternzeit) oder für die Dauer von bestimmten, auf Zeit bestehenden Projekten abgeschlossen und können immer wieder befristet verlängert werden. Ohne Sachgrund ist bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses zulässig. An ein befristetes Arbeitsverhältnis kann sich auch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anschließen.
Entscheidend für die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung ist das Schriftformgebot. Nach § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in Verbindung mit § 126 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss die Befristungsabrede von beiden Arbeitsvertragsparteien eigenhändig auf derselben Urkunde unterzeichnet sein. Wird die Befristungsvereinbarung nicht vor der Ausführung des Arbeitsverhältnisses schriftlich von beiden Seiten unterzeichnet, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Das ruhende Arbeitsverhältnis
Von einem ruhenden Arbeitsverhältnis spricht man, wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich besteht, aber die Arbeitsvertragsparteien von ihren Hauptleistungspflichten befreit sind. Das Arbeitsverhältnis ruht beispielsweise während der Elternzeit und zu Zeiten des Mutterschutzes oder während der Einberufung in den Wehrdienst. Während das Arbeitsverhältnis ruht, sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, ihre Arbeitsleistung zu erbringen, und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Vergütung zu zahlen. Deshalb fällt beispielsweise die Kurzarbeit nicht unter den Begriff des ruhenden Arbeitsverhältnisses, da die Vergütungspflicht weiterhin besteht.
Arbeitsverhältnisse wirksam beenden
Bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen ist die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses rechtlich nur durch ein schriftliches Kündigungsschreiben möglich. Das gilt sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer. Schriftlichkeit bedeutet, dass das Kündigungsschreiben von der kündigenden Partei eigenhändig unterschrieben sein muss. Darüber hinaus muss das im Original unterschriebene Kündigungsschreiben dem Empfänger der Kündigung auch zugehen.
Befristete Arbeitsverhältnisse enden mit dem Datum der vereinbarten Befristung automatisch, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen werden muss. Vorausgesetzt, im befristeten Arbeitsvertrag ist einzelvertraglich oder tarifvertraglich ein Kündigungsrecht während der Befristung vereinbart, kann auch das befristete Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Befristungsendes gekündigt werden.
Faktische Arbeitsverhältnisse bedürfen in der Regel keiner Kündigung, wenn diese wegen Nichtigkeit oder einer wirksamen Anfechtung ohnehin nicht bestehen. Hilfsweise kann für den Fall der Ungewissheit, ob ein Arbeitsvertrag wegen Anfechtung entfallen oder nichtig ist, eine Kündigung ausgesprochen werden. In dem Fall, dass ein faktisches Arbeitsverhältnis durch die bloße Arbeitsaufnahme besteht und der schriftliche Arbeitsvertrag fehlt, ist allerdings eine Kündigung nach den gesetzlichen Vorschriften auszusprechen.
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Rechtstipps zu "Arbeitsverhältnis" | Seite 150
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07.05.2016 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… eine Veränderung der Arbeitsbedingungen zu erreichen. Dabei kündigt der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis und bietet dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten …“ Weiterlesen
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05.05.2016 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… : Wenn Arbeitnehmer auf eine Änderungskündigung nicht reagieren und demnach das Änderungsangebot nicht annehmen, wird diese zur Beendigungskündigung und das Arbeitsverhältnis endet. Ohne weitere …“ Weiterlesen
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05.05.2016 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… die Wahrscheinlichkeit für ein mittlerweile bestehendes Arbeitsverhältnis ist. Praxis oder Verträge verändern: Anschließend sollte man sich überlegen, wie sich die Handhabung in der Praxis möglicherweise verändern lässt …“ Weiterlesen
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04.05.2016 Rechtsanwältin Sandra Flämig„… so dachte ein schlauer Arbeitnehmer, aber der „Detail-Teufel“ machte ihm einen Strich durch die Rechnung. In TzBfG § 15, Abs. 5 steht sinngemäß, dass es zu einen unbefristeten Arbeitsverhältnis …“ Weiterlesen
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03.05.2016 Rechtsanwalt Bertram Petzoldt„… … das Gesetz schreibt jedenfalls vor, dass wegen eines beabsichtigten Betriebsüberganges ein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden darf. Leuchtet ein. Ein Betriebsübergang soll nicht zur Säuberung …“ Weiterlesen
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03.05.2016 Rechtsanwalt Dr. Bert Howald„… , in der das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wird (auch Aufhebungsvertrag genannt). Das Bundesarbeitsgericht hatte schon zum vorherigen Rechtszustand ein Widerrufsrecht verneint. Wer am Arbeitsplatz …“ Weiterlesen
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03.05.2016 Rechtsanwältin Kathja Sauer„… sozialstaatlicher Erwägungen mehrere Ausnahmen. 1. Annahmeverzug Im ungestörten Arbeitsverhältnis erbringt der Arbeitnehmer täglich seine Arbeitsleistung und wird dafür vergütet. Spricht nun der Arbeitgeber …“ Weiterlesen
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03.05.2016 Rechtsanwalt Matthias Sziedat„… zu überlegen, denn das Arbeitsverhältnis kann durch die gerichtliche Durchsetzung weiter belastet werden! Es ist an dieser Stelle also über den Vorteil einer weiteren Belastung des Arbeitsverhältnisses …“ Weiterlesen
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03.05.2016 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… oft schon Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Finden sich im Vertrag mit dem eigentlich freien Mitarbeiter Regelungen zu Abwesenheit und Anwesenheit, Urlaub …“ Weiterlesen
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18.09.2017 Rechtsanwältin Gabriele Lippert„… , weil sie nicht mal einen Arbeitsvertrag hätten. Weit gefehlt: Ein Arbeitsverhältnis ist nicht formbedürftig, daher ist ein mündlich abgeschlossener Arbeitsvertrag genauso gültig …“ Weiterlesen
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02.05.2016 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… , Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, sowie ob die Erkrankung auf betrieblichen Umständen beruht bzw. wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist. Auch die Höhe …“ Weiterlesen
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02.05.2016 Rechtsanwältin Kirsten Höner-March„… oder gekündigten Arbeitsverhältnis, z.B. auf Lohn aus Überstunden, nur innerhalb von sehr kurzen Fristen geltend machen. Wirksam und häufig anzutreffen sind Fristen in denen man nur drei Monate Zeit hat …“ Weiterlesen
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30.04.2016 Rechtsanwalt Hans-Georg Rumke„… das Arbeitsverhältnis insgesamt zu beenden. Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung Es gilt der Grundsatz der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung. Dies gilt unabhängig davon, ob …“ Weiterlesen
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28.04.2016 Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller„… Produktionsmöglichkeiten nutzen kann - was sich in der Summe gut als „Unternehmerische Freiheit“ definieren lässt. Cäsar-Preller: „Scheinselbstständige verschleiern ein normales Arbeitsverhältnis und eine Beurteilung fällt …“ Weiterlesen
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28.04.2016 Rechtsanwältin Dr. Sabine Reichert-Hafemeister LL.M.„… während der Arbeitszeit. Dies war ihm nicht erlaubt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer wehrte sich und erhob Kündigungsschutzklage …“ Weiterlesen
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28.04.2016 Rechtsanwalt Dr. Bert Howald„… eines Dienstwagens mit Privatnutzung. Variante 2: Laufendes Arbeitsverhältnis, Arbeitgeber will Kosten sparen Nun zu unserem Fall, in dem Fleißig den Dienstwagen schlicht aus Kostengründen zurückhaben möchte …“ Weiterlesen
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27.04.2016 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… Scheinselbstständigkeit zu vermeiden: wichtig ist zunächst, dass der Vertrag mit dem freien Mitarbeiter nicht bereits Indizien dafür liefert, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Das bedeutet …“ Weiterlesen
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27.04.2016 Rechtsanwalt Dr. Roger Blum„… aus dem Arbeitsverhältnis wieder ausscheidet oder wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Ergeben sich bei der Berechnung …“ Weiterlesen
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26.04.2016 Christian Günther, anwalt.de-Redaktion„… oder Fachbücher. Schutz ist nicht grenzenlos Keiner Schutzpflicht unterliegen dagegen Sachen ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis. Bringt beispielsweise jemand seine Kameraausrüstung mit in die Arbeit, weil …“ Weiterlesen
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26.04.2016 Rechtsanwältin Sandra Flämig„… aber irgendwann zurück ins „alte“ Team, auch dann kann eine solche Vereinbarung getroffen werden. Es geht jedenfalls darum, das bestehende Arbeitsverhältnis zunächst zu beenden. Ob das immer so klar beendet …“ Weiterlesen
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26.04.2016 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… ausgesprochen werden. Eine Änderungskündigung hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen gekündigt wird, verbunden mit dem Angebot an den Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis …“ Weiterlesen
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25.04.2016 Rechtsanwältin Gabriele Lippert„… das Arbeitsverhältnis und die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer kommt bis zu drei Jahre lang nicht zur Arbeit. Daher erhält sie/er auch kein Gehalt, denn ohne Arbeit gibt es nur in Ausnahmefällen Geld …“ Weiterlesen
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25.04.2016 Rechtsanwalt Olaf Fricke„Nach der seit 2013 geltenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss eine Kündigung insbesondere hinsichtlich der Frist, zu der das Arbeitsverhältnis enden soll, so eindeutig formuliert …“ Weiterlesen
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25.04.2016 Rechtsanwalt Thomas Börger„… kündigte anschließend das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund. Zur Begründung führte er an, der Arbeitnehmer habe den Internetzugang für insgesamt ca. fünf Tage in einem Zeitraum von 30 …“ Weiterlesen