BGH: Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages durch Widerruf wegen fehlerhafter Widerrufsinformation zulässig

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Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart auf Zahlung von mehr als 31.000 Euro im Rahmen eines Widerrufs betreffend einen Rentenversicherungsvertrag bestätigt.

Kunden haben weiterhin die Gelegenheit, Kapitallebens- und Rentenversicherungen rückabzuwickeln. Das ist wesentlich lukrativer als eine Kündigung, weil sie unter gewissen Bedingungen damit wesentlich mehr Geld zurückerhalten. Während dieser sogenannte Widerrufsjoker früher für Kapitallebens- und Rentenversicherungen, die zwischen 1994 und 2007 geschlossen wurden, galt, ist dies nun auch bei Verträgen möglich, die nach 2008 geschlossen worden sind. Dem Versicherungsnehmer steht seitdem ein gesetzliches 30-tägige Widerrufsrecht zu. Gemäß § 8 Versicherungsvertragsgesetz beginnt die Widerrufsfrist aber erst mit dem Zugang einer deutlich gestalteten Widerrufsbelehrung, die abweichend zu der alten Regelung auch die Rechtsfolgen des Widerrufs beinhalten muss. 

Diese Rechtsfolgen eines Widerrufs wurden jedoch in den Jahren 2008 bis 2010 vielfach von den Versicherern falsch beziehungsweise unvollständig wieder gegeben. Falsche Widerrufsbelehrungen sind in den Verträgen von fast allen Versicherungsgesellschaften zu finden. Betroffen sind sowohl normale Lebensversicherungen wie auch Basisrentenversicherungen. Es besteht in diesem Zeitraum eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine Rückabwicklung auch heute noch möglich ist.

Ein Gerichtsurteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2023 (Az.: IV ZR 40/22) bestätigt dies. Es behandelt die Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages und konzentriert sich insbesondere auf die ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht sowie die Bestimmung des Rückkaufswerts im Rahmen des Widerrufs. Das Landgericht Stuttgart hatte die Klage zunächst abgewiesen, das Oberlandesgericht Stuttgart hatte diese dann aber bestätigt und die beklagte Versicherungsgesellschaft unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung verurteilt, an den Kläger 31.226,26 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Mit der Revision zum Bundesgerichtshof verfolgte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der BHG hat diese Revision aber abgelehnt und damit Widerruf und Rückzahlung nochmals bestätigt. Der BGH betonte, dass die unvollständige Belehrung über das Widerrufsrecht ausreichend sei, um die Rechtsfolgen des Widerrufs zu beeinflussen, unabhängig davon, ob der Kläger dem Beginn des Versicherungsschutzes vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt hatte oder nicht.

„Die wesentlichen Punkte des Urteils lauten wie folgt: Der Versicherungsnehmer muss nicht nur über die Möglichkeit des Widerrufs und die Rückgabe empfangener Leistungen informiert werden, sondern auch über die Rückgabe der gezogenen Nutzungen, falls der Versicherungsschutz nicht vor Ende der Widerrufsfrist beginnt. Dies war im vorliegenden Fall nicht geschehen, daher wurde die Belehrung als unvollständig angesehen. Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist. Da dies hier nicht der Fall war, wurde der Beginn der Frist nicht ausgelöst. Bei der Rückabwicklung des Vertrages muss der Rückkaufswert nach dem ungezillmerten Deckungskapital ohne Verrechnung der Abschluss- und Vertriebskosten bestimmt werden. Dies entspricht der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und der Literatur“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos und die Rückabwicklung von Versicherungspolicen spezialisiert. 

„Versicherungsnehmer erhalten auf diese Weise die Möglichkeit, viel Geld aus den Policen zurückzuerhalten. Inhaber solcher Policen sollten sich vor einem anwaltlichen Beratungsgespräch nicht scheuen“, betont Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Zuletzt hatte der Bundesgerichtshof bereits klar herausgestellt, dass ein Versicherungsnehmer, der nicht korrekt über die Form des Widerrufs belehrt wurde, grundsätzlich sein Widerrufsrecht behält. Das ist wichtig für Menschen, die aus Versicherungspolicen wie der Basisrente (Rürup-Rente) aussteigen wollen.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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