Dieselabgasskandal um EA189 der Volkswagen AG greift auf die Fahrzeuge der Tochtermarke Seat über!

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Das Landgericht Stade hat die Volkswagen AG nach den Regelungen aus § 852 BGB trotz eingesetzter Verjährung für die Manipulationen an einem Seat Exeo ST 2.0 TDI mit dem Vierzylinder-Dieselmotor EA189 (Euro 5) zu Schadenersatz verurteilt.

Im Rahmen des Dieselabgasskandals der Volkswagen AG ist jetzt auch die Tochtermarke Seat in die Schlagzeilen geraten. Das Landgericht Stade (Urteil vom 17.03.2021, Az.: 5 O 189/20) hat die Volkswagen AG verurteilt, an den Halter eines Seat Exeo ST 2.0 TDI mit dem Vierzylinder-Dieselmotor EA189 (Euro 5) Schadenersatz in Höhe von 10.450 Euro nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte wurde ebenfalls verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 571,44 Euro freizustellen und 65 Prozent der Kosten des Verfahrens zu tragen. Der geschädigte Verbraucher muss sich einen Nutzungsersatz anrechnen lassen. Bei Erwerb hatte das Fahrzeug Laufleistung von 125.700 Kilometern und wurde bis zum Urteil vom Kläger gefahren. Die Laufleistung bei Erhebung der Klage gemäß Klageschrift vom 19. August 2020 betrug 213.400 Kilometer.

Das Gericht folgt in der Argumentation bei dem streitgegenständlichen Seat Exeo ST 2.0 TDI den bekannten Fakten im Dieselgate 1.0 der Volkswagen AG. „Der von der Beklagten hergestellte und zum Einbau in das Fahrzeug des Klägers bestimmte Motor EA189 ist mit einer umschaltfähigen Steuerelektronik ausgestattet, die es ermöglicht, die Stickoxidemission im Prüfstand im Vergleich zum realen Fahrbetrieb zu optimieren, um die von der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte einzuhalten“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Die Software kennt bei diesem manipulierten Motor bekanntlich zwei unterschiedliche Betriebsmodi, die die Abgasrückführung steuern. Im NOx-optimierten Modus 1 (Prüfmodus), der im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) aktiv ist, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate. Dabei wird das Abgas im Rahmen der Abgasrückführung aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet. Dort ersetzt das rückgeführte Abgas einen Teil der Frischladung, die für den nächsten Verbrennungsprozess benötigt wird. Während des Normalbetriebs im gewöhnlichen Straßenverkehr schaltet die Software dagegen durchgehend in den Modus 0 um, welcher keine höhere Abgasrückführungsrate und damit einen höheren Stickoxidausstoß bewirkt.

Die Volkswagen AG wollte sich aus der Haftung mit dem Hinweis herausreden, dass es sich bei der eingesetzten Software nicht um einen Mangel handele, da Abgaswerte für die EG-Typengenehmigung ausschließlich auf einen synthetischen Fahrzyklus unter Laborbedingungen abstellen würden. Das Fahrzeug sei auch weiterhin

als Fahrzeug der Abgasnorm Euro 5 klassifiziert. Auch die Wertschwankungen des Fahrzeugtyps auf dem Gebrauchtwagenmarkt lägen im normalen Bereich. Das hat das Gericht nicht hingenommen, betont Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Ebenso habe die Volkswagen AG Einrede der Verjährung erhoben und darauf beharrt, dass auch Ansprüche des Klägers aus § 852 BGB ausschieden, weil dem Kläger kein Schaden entstanden sei, da es sich bei dem Schaden infolge des Abschlusses eines Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug um einen normativen und nicht um einen wirtschaftlichen Schaden handele. Die Verjährung hat das Landgericht auch bestätigt, aber ebenso den gleichartigen Anspruch aus § 852 BGB. Nach der eindeutigen gesetzgeberischen Intention wird durch diese Regelung ein verjährter Anspruch erhalten, jedoch in seinem Umfang auf dasjenige beschränkt, was der Schuldner durch die unerlaubte Handlung erhalten hat. Das ist einmal mehr die Bestätigung, dass geschädigte Verbraucher sich vor einer möglichen Verjährung keine Sorgen machen sollten. Es bestehen auch über die Regelungen hinsichtlich der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB hinaus hinreichende Möglichkeiten der Schadenersatzklagen.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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