Insolvenz - was müssen Sie beachten?
- 5 Minuten Lesezeit
Was bedeutet Insolvenz?
Genau genommen bezeichnet die Insolvenz die allgemeine Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners in Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren, das zur Schuldenbereinigung dienen soll. Dieses Verfahren wird als Insolvenzverfahren bezeichnet.
Die Insolvenz trifft im Regelfall nicht nur die pleitegegangenen Personen und Unternehmen selbst, sondern viele weitere Personen und Institutionen. So sind z. B. Arbeitnehmer, Eigentümer, Leitungsorgane, Zulieferer und Kunden von der Insolvenz eines Unternehmens betroffen, ebenso wie seine Schuldner, Banken und letztlich sogar der Staat.
Sie alle haben in der Insolvenz verschiedene Rechte und Pflichten. Die juristische Redaktion von anwalt.de klärt deshalb den rechtlichen Hintergrund und die wichtigsten Rechtsfragen zur Insolvenz. Was bedeutet Insolvenz, wer kann und muss Insolvenz beantragen, was bezweckt das Insolvenzverfahren, welche Verfahrensarten unterscheidet man und wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?
Vom Wortursprung her bedeutet „Insolvenz“ so viel wie „sich nicht lösen können“. Ein Insolvenzverfahren kommt daher immer dann in Betracht, wenn ein Unternehmen oder eine private Person nicht mehr in der Lage ist, sich selbst von ihren Schulden zu befreien. Das insolvente Unternehmen bzw. die pleitegegangene Person wird im Insolvenzverfahren als Schuldner bezeichnet. Die meisten Rechtsvorschriften zur Insolvenz findet man heute in der Insolvenzordnung (InsO), die seit 1999 die wesentlichen Verfahrensregeln enthält.
Was bezweckt das Insolvenzverfahren?
Ausgangspunkt für das Insolvenzverfahren ist die bittere Erkenntnis, dass ein Unternehmen oder eine Privatperson nicht mehr genügend Vermögen besitzt, um all ihre Rechnungen zu begleichen. Ziel des Insolvenzverfahrens ist es deshalb, zwischen den überschuldeten oder zahlungsunfähigen Personen und deren Gläubigern einen gerechten Ausgleich zu schaffen. Hierzu wird das Vermögen, das nicht für alle ausreicht, in einem geordneten Verfahren verwertet und der Erlös gleichmäßig unter den Gläubigern verteilt.
Bis zur Reform des Insolvenzrechts 2012 ging es im Insolvenzverfahren immer darum, das insolvente Unternehmen aufzulösen und damit vom Markt zu nehmen. Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) hat 2012 aber Alternativen eingeführt, um Unternehmen eine Chance zu bieten, die Insolvenz zu überleben. Hierzu gehört z. B. der Insolvenzplan oder das Schutzschirmverfahren. In unserem Rechtstipp über Firmeninsolvenzen erfahren Sie mehr zu diesen Verfahren.
Welche Insolvenzformen gibt es?
Bei der Insolvenz gibt es verschiedene Verfahren. So unterscheidet man z. B. das Regelinsolvenzverfahren vom Verbraucherinsolvenzverfahren. Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist ein besonderes Verfahren, das nur von natürlichen Personen durchlaufen werden kann. Es zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass der redliche Schuldner die Möglichkeit bekommt, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (Restschuldbefreiung). Mehr dazu erfahren Sie in unserem Rechtstipp zur Privatinsolvenz. Alle anderen Insolvenzverfahren gehören zu den Regelinsolvenzverfahren. Das Regelinsolvenzverfahren gilt nicht nur für Firmen, sondern auch für Privatpersonen, die keine Verbraucherinsolvenz betreiben können.
Wer ist insolvenzfähig?
Die Insolvenzfähigkeit beschreibt die rechtliche Möglichkeit, Schuldner eines Insolvenzverfahrens zu sein. Nach der Insolvenzordnung (InsO) sind juristische Personen (z. B. GmbH, AG, Verein, Stiftung), Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (z. B. GbR, OHG, KG, PartG) und natürliche Personen insolvenzfähig. Daneben gibt es spezielle Regeln für einen Nachlass oder die Gütergemeinschaft einer Ehe, die als Sachgemeinschaften ebenfalls insolvenzfähig sind.
Wann kann Insolvenz beantragt werden?
Ein Insolvenzverfahren kann immer dann beantragt werden, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt. Das Gesetz gibt hierzu mit der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung (nur für juristische Personen) drei mögliche Gründe vor. Während die Zahlungsunfähigkeit auf die Frage abzielt, ob genügend Geldmittel vorhanden sind, nimmt die Überschuldung das gesamte Vermögen in Blick.
Wann diese Eröffnungsgründe vorliegen, ist gesetzlich nicht geregelt. Der BGH hat die Begriffe der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung in einer umfangreichen Rechtsprechung genauer definiert. In der Praxis werden häufig Gutachter beauftragt, da Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zwar rechtliche Begriff sind, aber betriebswirtschaftliche Kenntnisse z. B. im Bereich der Bilanzierung notwendig sind, um festzustellen, ob eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist.
Wer kann bzw. muss Insolvenz beantragen?
Einen Insolvenzantrag können verschiedene Personen stellen, wobei einige von ihnen sogar dazu verpflichtet sind. Damit der Antrag ein wenig seinen Schrecken verliert, heißt er seit der Reform des Insolvenzrechts 2012 nicht mehr Insolvenzantrag, sondern Eröffnungsantrag.
Eigenantrag
Antragsberechtigt ist zunächst der Insolvenzschuldner. Da er den Antrag selbst stellt, nennt man diesen Eröffnungsantrag Eigenantrag.
Fremdantrag
Der Insolvenzantrag kann nicht nur vom Schuldner, sondern grundsätzlich auch von jedem seiner Gläubiger gestellt werden. In diesem Fall bezeichnet man den Antrag als Fremdantrag, da er nicht vom Schuldner selbst, sondern von einer fremden Person gestellt wird.
Die rechtlichen Hürden für einen erfolgreichen Fremdantrag sind aber sehr hoch, denn der Gläubiger muss nicht nur ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Verfahrens haben, sondern auch seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Als Glaubhaftmachung bezeichnet man eine abgeschwächte Form des Beweises, bei dem es ausreicht, den Richter zu überzeugen, dass die zu beweisende Tatsache überwiegend wahrscheinlich ist. Aber auch das ist hinsichtlich des Eröffnungsgrundes schwierig, da Außenstehenden regelmäßig die notwendigen firmeninternen Informationen fehlen. Das schlichte Nichtzahlen der Rechnung oder die vergebliche Zwangsvollstreckung reicht als Indiz für die Glaubhaftmachung noch nicht aus.
Antragspflicht
Eine Antragspflicht besteht nur bei juristischen Personen, wenn die Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung erfüllt ist. Da juristische Personen vom Recht künstlich geschaffen wurden, sind sie selbst nicht handlungsfähig. Daher trifft die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, ihre Leitungsorgane (Geschäftsführer, Vorstand etc.). In bestimmten Fällen können auch die Mitglieder des Aufsichtsrats zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet sein.
Wird der Antrag nicht, zu spät oder falsch gestellt, hat das ernste juristische Folgen. Strafrechtlich handelt es sich um den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung, der mit einer Freiheitstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird. Zivilrechtlich haften die Leitungsorgane für den entstandenen Schaden mit der Folge, dass sie alle Vermögensschäden aus der Insolvenzverschleppung mit ihrem Privatvermögen begleichen müssen.
Häufige Fragen und Antworten zu Insolvenz
Was ist eine Insolvenz?
Das Insolvenzverfahren ist ein geordnetes Verfahren für zahlungsunfähige Unternehmen und Personen. Es versucht, das noch vorhandene Vermögen möglichst gerecht aufzuteilen, wozu eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren berücksichtigt werden muss.
Welche Insolvenzverfahren gibt es?
In Deutschland gibt es zwei verschiedene Insolvenzverfahren:
- Privatinsolvenz
- Regelinsolvenz
Eine Privatinsolvenz können nur Privatpersonen (Verbraucher) oder ehemalige Selbstständige beantragen.
Sind Unternehmen zahlungsunfähig, können sie auch Insolvenz anmelden. Zur Regelinsolvenz berechtigt sind sowohl Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften und Freiberufler oder Selbstständige. Das für Unternehmen vorgesehene Insolvenzverfahren nennt sich Regelinsolvenz und endet entweder mit einer Sanierung oder Liquidation.
Wo muss eine Insolvenz beantragt werden?
Um eine Unternehmensinsolvenz oder Privatinsolvenz zu beantragen müssen Sie selbst bei dem für Sie zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag stellen. Um herauszufinden, welches Gericht für Sie zuständig ist, gehen Sie nach Ihrem Wohnort.
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Insolvenz?
Rechtstipps zu "Insolvenz" | Seite 73
-
04.05.2020 Rechtsanwalt Dr. Alexander Böck„… zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020) „substantielle Erleichterungen“ ( so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 19/18110 …“ Weiterlesen
-
30.04.2020 Rechtsanwalt Andreas Biernath„… Sie auf Ihr Recht bestehen möchten oder sich in Kenntnis des Insolvenzrisikos dennoch auf einen Gutschein einlassen, damit aber auch dem wirtschaftlichen Wohl des Veranstalters helfen und eine Insolvenz womöglich abgewendet werden kann. Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen zur Verfügung.“ Weiterlesen
-
30.04.2020 Rechtsanwalt Bernd Schmitt„… . Diese können nämlich die Löhne ihrer Arbeitnehmer nicht mehr bezahlen und müssten Insolvenz anmelden. Ein Ende des sogenannten Shutdown bzw. Lockdown ist jedoch bis zur Findung eines Medikaments …“ Weiterlesen
-
29.04.2020 Rechtsanwalt Dr. Robert Jofer„Handreichungen für Geschäftsführer zu strafrechtlichen Konsequenzen einer Insolvenz – unter Berücksichtigung der Corona-Regelungen Mit Auftreten des Coronavirus und den staatlichen Anordnungen …“ Weiterlesen
-
29.04.2020 Rechtsanwalt Dr. iur Jan Rädecke LL.M.„… oder andere Betriebe – fast alle mussten schließen und leiden an extremen Umsatzeinbußen. Viele Unternehmen sind in existentieller Not und stehen kurz vor der Insolvenz. In diesen Fällen …“ Weiterlesen
-
27.03.2021 Rechtsanwalt Michael Böhler„… , dass er sich bereits jetzt an die zukünftige Preisgestaltung und das Angebot des Unternehmens bindet; nicht zuletzt ist zu beachten, dass das Geld im Fall einer Insolvenz des Reiseunternehmens, wie im Fall von Thomas …“ Weiterlesen
-
29.04.2020 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen. In der Corona-Krise häufen sich die Befürchtungen vor einer Insolvenz des Arbeitgebers. Der Kündigungsschutzexperte …“ Weiterlesen
-
29.04.2020 Rechtsanwalt Dr. Ulrich Schulte am Hülse„… II GenG verstößt und daher auch nicht nichtig gemäß § 134 BGB ist unter Verweis darauf, dass die genossenschaftsrechtliche Literatur dazu neigt, in dieser Konstellation der Insolvenz …“ Weiterlesen
-
29.04.2020 Rechtsanwältin Nicole Mutschke„… sie dies tatsächlich tun, sieht das für uns aktuell nach einem ziemlich klaren Verstoß gegen geltendes EU-Recht aus! Thomas Cook-Insolvenz mahnendes Beispiel für Staatshaftung Würde er dies tatsächlich …“ Weiterlesen
-
29.04.2020 Rechtsanwalt Dr. Walter Späth„… Umsatzeinbußen oder gar die Insolvenz. Inzwischen wurde in diversen Bundesländern festgelegt, dass z. B. Einzelhändler bis zu einer bestimmten Größe des Geschäfts, in der Regel 800 qm, ihre Geschäfte …“ Weiterlesen
-
28.04.2020 Rechtsanwalt Guido Lenné„… die Insolvenz des Reiseveranstalters. Es kam zur Insolvenz eines Reiseveranstalters, der bereits gezahlte Reisepreise nicht erstatten konnte. Auf Schadensersatzklagen von Verbrauchern, die das entscheidende …“ Weiterlesen
-
28.04.2020 Rechtsanwalt Laszlo Nagy„Wann gilt es und wann gilt es nicht? Das sog. Covid-19-Insolvenz-Aussetzungsgesetz (COVInsAG) ist rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft getreten und setzt unter bestimmten Voraussetzungen …“ Weiterlesen
-
27.04.2020 Rechtsanwalt Michael Böhler„… lang dauern würde. Eile ist geboten! Insolvenzen drohen Wer die Annahme des Reisegutscheins erwägt, sollte bedenken, dass er sich bereits jetzt an die zukünftige Preisgestaltung und das Angebot …“ Weiterlesen
-
27.04.2020 Rechtsanwalt Dr. Martin Kupka„… wegen Covid 19 Bricht dem Arbeitgeber wegen der Corona-Pandemie ein wesentlicher Teil seiner Einnahmen weg und muss er deshalb die Insolvenz fürchten, kommt am ehesten eine betriebsbedingte Kündigung …“ Weiterlesen
-
27.04.2020 Rechtsanwalt Alexander Hufschmid„… Ein „Verschwinden“ eines Vertragspartners ohne vorherige Insolvenz sieht das deutsche Recht nicht vor. Auch die Deutsche Reise hat uns mitgeteilt, dass der Vertragspartner nicht verschwunden sei …“ Weiterlesen
-
27.04.2020 Rechtsanwalt Mirco Lehr„… Informationen zur PIM Gold Insolvenz verpassen möchtest, dann kannst Du hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren.“ Weiterlesen
-
23.04.2020 Rechtsanwältin Monika Schniederjann„… -Pandemie im Zivil- Insolvenz- und Strafverfahrensrecht weiter möglich. Rechtsanwältin Monika Schniederjann Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht“ Weiterlesen
-
23.04.2020 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… die zugesicherten staatlichen Hilfen derzeit ausreichen, ist mehr als fraglich. Vor dem Weg in die Insolvenz sollten aber noch die rechtlichen Möglichkeiten geprüft werden. Die Maßnahmen …“ Weiterlesen
-
22.04.2020 Rechtsanwältin Nicole Mutschke„… Wertbons zusätzlich, man trägt als Urlauber grds. das Insolvenzrisiko des Veranstalters! Thomas-Cook-Kunden wissen nach der Insolvenz von Thomas Cook vor knapp einem halben Jahr sicherlich ein Lied …“ Weiterlesen
-
22.04.2020 Rechtsanwalt Ulf Berlinghoff„Der Gesetzgeber hat in Artikel 240 unter § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht dem Vermieter das Recht zur Kündigung …“ Weiterlesen
-
08.03.2024 Rechtsanwalt Wolfgang Benedikt-Jansen„… zu verhindern, hat der Bundestag am 25. März 2020 einen Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen der Covid-19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht angenommen. Zivilrechtsschutz …“ Weiterlesen
-
22.04.2020 Rechtsanwalt Dietmar Luickhardt„… , und eine Zwangsvollstreckung zu beantragen. Dies ist nur zu empfehlen, wenn das Unternehmen definitiv den Geschäftsbetrieb eingestellt hat oder eine Insolvenz droht. Dann sollte versucht werden, schnellstmöglich …“ Weiterlesen
-
08.03.2024 Rechtsanwalt Wolfgang Benedikt-Jansen„… . Der Gesetzgeber hat deshalb mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht für Verbraucherdarlehensverträge eine Stundungsregelung …“ Weiterlesen
-
21.04.2020 Rechtsanwalt Christian Keßler„Einleitung Das wegen der Corona-Krise neu geregelte und gelockerte Kurzarbeitergeld soll die Arbeitnehmer vor Kündigung schützen und Unternehmen vor der Insolvenz retten. Die gelockerten Regelungen …“ Weiterlesen