Abmahnung wegen rechtswidriger Produkte erhalten? Was Sie beim Rückruf beachten müssen

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Rechtsanwalt Andreas Kempcke

Üblicherweise fordert der Abmahner bei einem Vertrieb rechtswidriger Ware nicht nur eine Unterlassungserklärung, sondern auch eine Auskunfterteilung über die gewerblichen Abnehmer und einen Rückruf der ausgelieferten Ware von den gewerblichen Abnehmern. Was Sie als Abgemahnter in einem solchen Fall beachten müssen, erläutere ich im nachfolgenden Beitrag anhand eines markenrechtlichen Falls:

Weitreichende Ansprüche

Im Falle des Vertriebs rechtswidriger Produkte, sei es wegen der Verletzung einer Marke, wegen eines Wettbewerbsverstoßes oder wegen der Verletzung der Rechte an einem Design, macht der Abmahner üblicherweise die folgenden Ansprüche geltend:

  • Unterlassung (Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung),
  • Auskunfterteilung über Lieferanten und gewerbliche Abnehmer,
  • Rückruf der bereits ausgelieferten Waren von den gewerblichen Abnehmern,
  • Vernichtung des Restbestandes der rechtswidrigen Waren,
  • Schadenersatz und
  • Kostenerstattung (Anwaltskosten für die Abmahnung)

Die Fallkonstellationen können sehr unterschiedlich sein (Markenrechtsverletzung am Produkt selbst wie z.B. Markenfälschung oder Verwechslungsgefahr mit einer Marke; Markenrechtsverletzung durch Parallelimport; Wettbewerbsverstoß durch nachgeahmte Ware oder durch Vertrieb nicht verkehrsfähiger Produkte; Verletzung eines Designs).

In einem mir vorliegenden Fall, den ich nachfolgend erläutern werde, ging es um den Vorwurf einer Markenrechtsverletzung an einem Produkt.

Problem 1: Unterlassung bedeutet auch Beseitigung

Wer ein rechtswidriges Verhalten unterlassen soll, der muss es nicht nur einstellen und zukünftig unterlassen. Er muss vielmehr auch alles tun, um etwaige noch andauernde Auswirkungen seines früheren rechtswidrigen Verhaltens zu beseitigen. In dem mir vorliegenden Fall hatte der Händler markenrechtswidrige Ware

  • im Internet beworben/angeboten und
  • an eine größere Anzahl von gewerblichen Abnehmern verkauft, die die Ware ihrerseits über verschiedene Kanäle bewarben/anboten.

Natürlich war dem Händler klar, dass er seine aktuellen Angebote beenden muss. Doch dass er auch ältere noch abrufbare Werbung für die entsprechenden Angebote und die Angebote selbst auch löschen muss, war ihm nicht bewusst. Nachdem wir die Problematik gesprochen hatten, stellte sich für den Mandanten die weitere Frage, ob er sich dann auch darum kümmern müsse, dass seine gewerblichen Abnehmer ihre Werbung und ihre Angebote löschen. Schlagartig wurde dem Händler klar, dass die Erledigung der Angelegenheit deutlich mehr Aufwand erfordern würde als die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung.

Gern berate ich auch Sie zur Reichweite der Unterlassungsansprüche bei einer Abmahnung.

Weiterführende Informationen finden Sie in den Beiträgen:

Bei einer Abmahnung häufig übersehen: Unterlassung kann auch Rückruf bedeuten

Markenrechtliche Abmahnung erhalten: Was sie zu den Folgeansprüchen wissen sollten

Problem 2: Wer in einer Auskunft als gewerblicher Abnehmer benannt wird, der rückt in den Fokus des Abmahners

Auskünfte über ein rechtswidriges Verhalten benötigt der Abmahner aus zwei ganz unterschiedlichen Gründen:

  • Zum einen benötigt der Abmahner die Informationen, um seinen Schaden ermitteln zu können.
  • Zum anderen benötigt der Abmahner die Informationen, um auch gegen Lieferanten und gewerbliche Abnehmer vorgehen zu können.

Die Benennung seines eigenen Lieferanten war für den Händler in meinem Fall das geringere Problem. Das weitaus größere Problem war die Benennung der gewerblichen Abnehmer, an die er die markenrechtswidrige Ware verkauft und ausgeliefert hatte. Gewerbliche Abnehmer sind z.B. Wiederverkäufer oder gewerbliche Nutzer. Deren Weitervertrieb der Ware stellte nämlich ein eigenes markenrechtswidriges Verhalten der gewerblichen Abnehmer dar, gegen das der Markeninhaber ebenfalls vorgehen kann. Bedeutet im Klartext: Wenn der Händler in meinem Fall die gewerblichen Abnehmer einfach benannt hätte, dann hätte er sie damit der Gefahr ausgesetzt, dass der Markeninhaber gegenüber jedem einzelnen gewerblichen Abnehmer ebenfalls eine Abmahnung ausspricht und Kosten geltend macht.

Praxistipp: Wenn Sie als Händler rechtswidrige Ware an gewerbliche Abnehmer ausgeliefert haben, sollte mit anwaltlicher Unterstützung versucht werden, mit dem Abmahner Verhandlungen über eine Gesamtlösung zu führen, um Ihre gewerblichen Abnehmer aus der Angelegenheit herauszuhalten. Wenn der Abmahner hierzu nicht bereit ist, sollten Sie das weitere Vorgehen unbedingt mit den gewerblichen Abnehmern abstimmen, bevor Sie die Identität der gewerblichen Abnehmer im Rahmen der Auskunfterteilung gegenüber dem Abmahner offenlegen. 

Gern berate ich Sie zu dem diesbezüglichen Vorgehen.

Problem 3: Die gewerblichen Abnehmer benötigen Unterstützung

Die meisten Unternehmen haben keine eigene Rechtsabteilung. Wenn Sie als Händler rechtswidrige Ware an gewerbliche Abnehmer verkauft haben und gegenüber den Abnehmern über das Problem informieren, werden sich für Ihre gewerblichen Abnehmer Fragen ergeben, auf die diese eine Antwort von Ihnen erwarten. Dies gilt insbesondere, wenn Sie die von Ihnen ausgelieferten Produkte zurückrufen und die Offenlegung der Identität der gewerblichen Abnehmer gegenüber dem Abmahner ankündigen.

Natürlich kann man sich als Lieferant auf den Standpunkt stellen, dass die gewerblichen Abnehmer für ihre gewerbliche Tätigkeit selbst verantwortlich sind. Vor dem Hintergrund der bereits angesprochenen Beseitigungspflichten wäre ein solcher Ansatz jedoch mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden. Im Übrigen wäre in diesem Fall auch zu erwarten, dass die gewerblichen Abnehmer Regressforderungen stellen werden. In dem mir vorliegenden Fall hatte der Händler sich daher entschieden, sich in Abstimmung mit mir an seine gewerblichen Abnehmer zu wenden, um Informationen und konkrete Handlungsempfehlungen zum weiteren Vorgehen zur Verfügung zu stellen.

Praxistipp: Stellen Sie Ihren gewerblichen Abnehmern proaktiv und so früh wie möglich Informationen zur Verfügung, um die Kontrolle über das weitere Verfahren zu behalten. Bedenken Sie: Wenn Sie die erforderliche Unterstützung nicht leisten, werden Ihre gewerblichen Abnehmer sich möglicherweise an eigene Anwälte wenden und die entsprechenden Kosten ggf. im Nachhinein Ihnen gegenüber geltend machen.

Gern unterstütze ich Sie hinsichtlich der Information von gewerblichen Abnehmern unter Abstimmung des weiteren Vorgehens mit den gewerblichen Abnehmern.

Problem 4: Produkt-Rückruf

Ein Produkt-Rückruf birgt besondere Herausforderungen: Zunächst einmal muss geklärt werden, welche gewerblichen Abnehmer die rechtswidrige Ware erhalten haben. Im nächsten Schritt müssen die entsprechenden gewerblichen Abnehmer über die rechtliche Problematik informiert werden und zur Rückgabe der Ware aufgefordert werden. All das muss in die Wege geleitet werden, bevor Sie eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben. Überlegungen, dass die Ware nur in einer sehr geringen Stückzahl schon vor Monaten ausgeliefert worden ist und dass vor diesem Hintergrund von einem vollständigen Abverkauf ausgegangen werden kann, wären in diesem Zusammenhang gelinde gesagt recht sorglos.

Bitte beachten Sie unbedingt, dass es sein kann, dass gewerbliche Abnehmer die von Ihnen erworbenen Produkte ihrerseits nicht nur an Verbraucher, sondern auch an gewerbliche Abnehmer weiterverkaufen. Aus diesem Grunde sollte im Produkt- Rückruf ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Informationen zum Produkt-Rückruf von gewerblichen Abnehmern gegebenenfalls an deren eigene gewerbliche Abnehmer weitergeleitet werden.

In dem mir vorliegenden Fall hat der betroffene Händler sich in Abstimmung mit mir an seine gewerblichen Abnehmer gewandt und einen Produkt-Rückruf durchgeführt.

Praxistipp: Stellen Sie unbedingt sicher, dass ein Produkt-Rückruf bei allen gewerblichen Abnehmern zugeht, damit Sie gegebenenfalls nachweisen können, dass Sie sowohl Ihren Beseitigungsverpflichtungen als auch Ihren Rückruf-Verpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen sind.

Gern unterstütze ich Sie hinsichtlich der erforderlichen Informationen und Unterlagen.

Problem 5: Sollen die gewerblichen Abnehmer eine vorbeugende Unterlassungserklärung abgeben?

Ich hatte das Problem oben bereits angesprochen: Wer in einer Auskunft als gewerblicher Abnehmer benannt wird, der rückt in den Fokus des Abmahners. Der Abmahner könnte die mitgeteilten Informationen durchaus dafür nutzen, gegenüber jedem gewerblichen Abnehmer eine gesonderte Abmahnung auszusprechen, zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufzufordern und Kosten geltend zu machen. Vor diesem Hintergrund kann es Sinn machen, dass die gewerblichen Abnehmer rechtzeitig (also vor der Offenlegung ihrer Identität im Rahmen der Auskunfterteilung) von sich aus an den Abmahner herantreten und eine vorbeugende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben. Zugegeben, diese Vorgehensweise birgt einige Unwägbarkeiten, aber sie hat auch einiges für sich: Der Händler und seine gewerblichen Abnehmer können gegenüber dem Abmahner auf diese Weise nämlich sehr deutlich ihre Kooperationsbereitschaft signalisieren, was sich positiv auf die Verhandlungen über die noch offenen Zahlungsansprüche auswirken kann.

In dem mir vorliegenden Fall hat der betroffene Händler sich in Abstimmung mit mir an seine gewerblichen Abnehmer gewandt und Informationen zur Abgabe einer vorbeugenden Unterlassungserklärung zur Verfügung gestellt.

Praxistipp: Wenn Sie als Händler rechtswidrige Ware an gewerbliche Abnehmer ausgeliefert haben, dann sollten Sie den gewerblichen Abnehmern Informationen über die Möglichkeit der Abgabe einer vorbeugenden Unterlassungserklärung zur Verfügung stellen, bevor Sie die Identität der gewerblichen Abnehmer im Rahmen der Auskunfterteilung gegenüber dem Abmahner offenlegen. Üblicherweise finden die gewerblichen Abnehmer eine solche Information von Seiten des Lieferanten (trotz der hiermit verbundenen Unannehmlichkeiten) deutlich besser als eine Abmahnung „aus heiterem Himmel“ von Seiten des Abmahners mit einem Hinweis auf eine vorangegangene Auskunfterteilung des Lieferanten.

Gern unterstütze ich Sie auch hinsichtlich der Information der gewerblichen Abnehmer über die Möglichkeit der Abgabe einer vorbeugenden Unterlassungserklärung.

Problem 6: Die Zeit läuft

Wenn Sie bis hier gelesen haben, werden Sie sich vermutlich bereits die Frage gestellt haben, wie Sie die angesprochenen Maßnahmen in der Kürze der Zeit umsetzen sollen. Die Fristen, die in eine Abmahnung für die Abgabe der Unterlassungserklärung und die Erteilung der Auskunft gesetzt werden, sind nämlich üblicherweise sehr kurz. Um dieses Problem zu lösen, gibt es 2 Möglichkeiten:

  • Entweder Sie reagieren sehr schnell.
  • Oder Sie vereinbaren mit dem Abmahner eine längere Frist, innerhalb derer Sie die erforderlichen Maßnahmen durchführen können.

In dem mir vorliegenden markenrechtlichen Fall hatte ich mich an die Anwälte des Abmahners gewandt und die Frage aktiv angesprochen. Es gab dann eine Einigung über eine etwas längere Frist für die Vornahme der erforderlichen Maßnahmen.

Sechs Probleme und eine Lösung: Sprechen Sie mich an! Ich unterstütze Sie.

Die „richtige“ Reaktion auf eine Abmahnung hängt zunächst davon ab, ob der erhobene Vorwurf in der Sache selbst berechtigt ist oder nicht. Natürlich ist es weitaus angenehmer, eine unberechtigte Abmahnung zurückzuweisen als sich mit einer berechtigten Abmahnung auseinanderzusetzen. Aber selbst wenn der Vorwurf in einer Abmahnung berechtigt ist und es vorrangig um Schadensbegrenzung geht, gibt es bei der Reaktion auf die Abmahnung eine ganze Reihe von Fallstricken. Und das gilt eben insbesondere, wenn Sie rechtswidrige Produkte an gewerbliche Abnehmer verkauft hatten. Gern unterstütze ich Sie in diesem Fall im Verhältnis zu allen Beteiligten (Abmahner bzw. Anwälte des Abmahners; Hersteller/Lieferant bzw. Anwälte des Herstellers/Lieferanten; gewerbliche Abnehmer bzw. Anwälte der gewerblichen Abnehmer).

Wenn es bei einer Auseinandersetzung um rechtswidrige Produkte geht, dann kommt es mitunter nicht nur auf die Kenntnis der möglichen Fallstricke und den Zeitfaktor an, sondern auch auf das erforderliche Fingerspitzengefühl im Umgang mit den anderen Beteiligten.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de ständig Abgemahnte und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Weitere Informationen zu mir und meiner Tätigkeit können Sie meiner Profilseite, meinen Rechtstipps und meinem Bewertungsprofil entnehmen.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch.

Sie haben eine Abmahnung erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung wegen rechtswidriger Produkte erhalten haben (z.B. wegen Verletzung einer Marke, Wettbewerbsverstoß oder Verletzung der Rechte an einem Design):

  • Rufen Sie mich einfach an unter: 0381 260 567 30
  • Schicken Sie mir eine E-Mail an: rostock@internetrecht-rostock.de
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ direkt unter diesem Rechtstipp eine Mitteilung zukommen.


Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

Internetrecht-Rostock.de

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