Air Berlin: Voraussetzungen für die Anfechtung von Rechtshandlungen

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Gemäß § 280 InsO kann der Sachwalter die Haftung für die Insolvenzmasse geltend machen und Rechtshandlungen nach den §§ 129 bis 147 InsO anfechten. Von der Anfechtung ausgenommen sind Bargeschäfte nach § 142 InsO, es sei denn, es greifen die Grundsätze des BGH-Urteil vom 12. 2. 2015 – IX ZR 180/12; OLG Nürnberg (lexetius.com/2015,379), will heißen, dass durch die Bargeschäfte weitere Verluste ohne Aussicht auf Ausgleich angehäuft wurden. In einem solchem Fall sollte das Bargeschäftsprivileg nicht gelten.

Aber: Für Sachverhalte nach der Reform der Insolvenzanfechtung mit Wirkung zum 05.04.2017 muss für eine Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen das Element der Unlauterkeit hinzutreten (z. B. gezielte Gläubigerbenachteiligung, Vermögensverschleuderung, Abstoßen von unverzichtbarem Betriebsvermögen).

Arbeitnehmer sind durch das Bargeschäftsprivileg grundsätzlich geschützt. Denn: Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg, BGH-Urteil vom 10. 7. 2014 – IX ZR 192/13; LG Siegen (lexetius.com/2014,2372).

Für die Frage der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen dürfte besonders der Leitsatz des aktuellsten BGH-Urteils vom 4. 5. 2017 – IX ZR 285/16 – gelten:

Tauscht der zahlungsunfähige Schuldner mit einem Gläubiger in bargeschäftsähnlicher Weise Leistungen aus, kann allein aus dem Wissen des Gläubigers um die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht auf sein Wissen von einer Gläubigerbenachteiligung geschlossen werden; ein solcher Schluss setzt das Wissen des Gläubigers voraus, dass die Belieferung des Schuldners mit gleichwertigen Waren (oder Leistungen) für die übrigen Gläubiger nicht von Nutzen ist, weil der Schuldner fortlaufend unrentabel arbeitet und weitere Verluste erwirtschaftet, BGH, Urteil vom 4. 5. 2017 – IX ZR 285/16; OLG Dresden (lexetius.com/2017,1361).

In Abgrenzung von dem vorstehenden Leitsatz wären Geschehensabläufe zu sehen, die sich aus der Gesetzesbegründung zum Anfechtungsrecht nach dem 05.04.2017 ergeben. Hiernach würde es an der Unlauterkeit auch dann fehlen, wenn der Schuldner erkennt, dass die Betriebsfortführung verlustträchtig ist.

Fazit: Anfechtungsfrei könnten ebenfalls Zahlungen des Schuldners an Dritte aufgrund eines schlüssigen Sanierungskonzeptes gemäß dem BGH-Urteil vom 12. Mai 2016 – IX ZR 65/14 – sein. Grundsätzlich verlangt dieses Urteil aber eine positive Fortführungsprognose (eine schwarze Null), die bei Air Berlin nicht gegeben war. Bei einer weiten Auslegung könnte eine Sanierung allerdings auch in der Unternehmenserhaltung zwecks Sicherung der Verkaufsfähigkeit gesehen werden. 


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